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[Nightmare Bites] Kap.1: BÜHNE AUF EIS


Der Läuterer
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"Ich weiß, was es ist. Aber wie ist es zu bekämpfen?" Ich zermartere mir das Hirn, aber ohne Erfolg. Darum versuche ich es mit einem Bluff:

 

"Du hast mich einmal angegriffen ... und ich stehe hier doch ... stärker als vorher!

 

Du wirst mich auch diesmal nicht besiegen!

 

Und ich gebe sie Dir nicht!"

 

Ich schiebe mich vor Matilde, ohne sie loszulassen.

 

"Ich weiß, was Du bist und wem Du dienst.

 

Ich befehle Dir im Namen des großen Wächters Yog-Sothoth: Verschwinde zurück in die finsteren Schatten, aus denen Du heraufgestiegen bist! Deine Zeit ist noch nicht gekommen!"

 

In meine Worte versuche alle Überzeugungskraft zu legen. Aber mir ist bewusst, dass wir auf diese Weise allenfalls Zeit gewinnen.

 

Weiter überlege ich womit man diesem Wesen beikommen kann.

 

"Feuer wäre vielleicht hilfreich, ist aber nicht verfügbar. Eine Flucht durch die hinteren Zimmer wäre ebenfalls sinnlos, denn dieses Geschöpf dürfte schneller sein als wir.

 

Matilde wird auch nicht alleine fliehen und ich würde dieses Wesen wohl auch nicht aufhalten können."

 

Ich sehe die Hoffnungslosigkeit unserer Situation. Hilfe ist nicht zu erwarten.

 

"Ich werde mich nicht ergeben. Ich werde nicht freiwillig zur Seite treten. Nie mehr!"

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Die Tür des Geschäfts öffnet sich. "Hallo-hallo... Ha-l-l-o!"

 

Eine Frauenstimme. "Ist jemand hier? Ist noch geöffnet? Ich habe kein Licht gesehen, aber die Tür ist nicht verriegelt gewesen."

 

Die Frau macht zwei Schritte in den Laden. "Ha-l-l-o? Ich wollte nur den Mantel meines Mannes abholen. Der Name ist Smiley."

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Ich stecke die ohnehin nutzlos gewordene Waffe zurück in meine Hosentasche.

 

In einer anderen Zeit hätte ich diese Frau gewarnt, hätte ihr etwas zugerufen, um sie zu verscheuchen. Jetzt nicht mehr. Sie könnte uns die Ablenkung verschaffen, die wir brauchen. Ich beobachte die Reaktion des Mannes im Anzug.

 

Anstelle mir um das Leben der fremden Frau Sorgen zu machen, versuche ich weiter zu verstehen, was hier geschieht:

 

"Diese ständigen Widersprüche ... komm her ... verschwinde ... das alles muss einen Sinn ergeben. Die Botschaft mit dem Abzug einer Handgranate kam offenbar von der Organisation. Der erste Anruf auch. Ich gehe davon aus, dass die Anrufe von dem Mann im Anzug kamen. Aber warum änderte der Anrufer seine Meinung und rief mich mit dem zweiten Anruf doch hierher? Und nun beansprucht er Matilde wieder, um so Hans und Alexander in seine Gewalt zu bringen ... er muss zu dieser Organisation gehören, die Hans verfolgt!

 

Das Wesen, welches ihn umschlossen hat, griff ihn offenbar an. Der Mann im Anzug hatte in diesem Moment kaum die Kraft, sich um mich zu kümmern. Er war vollauf mit diesem Wesen beschäftigt, das ihn auszusaugen schien. Und er schien doch zu unterliegen? Die Kraft, die in diesem Moment auf mich einwirkte ... die mich gestärkt hat, muss also von dem mantelartigen Wesen gekommen sein. Sind dann beide Wesen Diener von Yog-Sothoth, die sich gegenseitig bekämpfen? Warum hat mir das eine Wesen geholfen? Und warum hat es von dem Mann im Mantel letztendlich wieder abgelassen?

 

Welche Rolle spielt diese weitere Person, die auf dem Boden lag und stöhnte? Ist es nur der Schneider?

 

Wie konnten die Angreifer uns bis zur Teestube folgen? Selbst wenn der Taxifahrer ein Handlanger war, er hat sein eigentliches Ziel - sei es das Büro oder ein von der Organisation vorgegebener Ort - nicht erreichen können. Warum wurden wir hier also erwartet?

 

Das alles ergibt für mich noch keinen Sinn. Vielleicht kann Matilde etwas Ordnung in dieses Durcheinander bringen. Eine Erklärung von Hans dürfen wir wohl nicht erwarten..."

Edited by Joran
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Der Mann im dunklen Anzug packt die Frau am Eingang von hinten an den Schultern und zerrt sie zu sich hinter die Tür. Seine Hände machen ein leises, aber widerwärtiges Geräusch. Ein schmatzendes Geräusch, als würde man weiche Butter mit der Hand zerdrücken.
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Die Frau erschrickt. "Hil..." Ist aber zu überrascht um noch zu reagieren. Hektisch wedelt sie mit den Armen und gibt ein paar krächzende Laute von sich. Dann versuchen ihre Hände den Griff des Peinigers an ihren Hals zu lösen. Doch vergeblich. Der Mann ist viel kräftiger und zerrt die arme Frau weiter in das Geschäft hinein. Während sie mit den Beinen strampelt und tritt, verfängt sich der Schulterriemen ihrer Handtasche am Knauf der Eingangstür.
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Ich lasse Matilde vorbei und versuche ihr dann zu folgen.

 

Als ich meine, dass sich eine Hand des Mannes nach mir streckt, greife ich nach der Tür und schlage sie mit aller Kraft gegen den Mann im Anzug, der noch immer mit der anderen Hand Mrs. Smiley umklammert.

 

Während Matilde bereits über das Trottoir in Richtung Teehaus rennt, werfe ich mich noch einmal von der anderen Seite der Tür mit meinem ganzen Gewicht dagegen, um den Mann und Mrs. Smiley aus dem Gleichgewicht zu bringen. Ich merke noch, wie die Tür nachgibt, als die Frau zurückgestoßen wird. Dann springe ich aus dem Haus und reiße die Tür dabei hinter mir zu. 

 

Ich sehe Matilde kazengleich über den frischen Schnee huschen. Einem ersten Impuls folgend, laufe ich in eine andere Richtung als Matilde, nicht zum wenige Schritte entfernten Teehaus, in dem - wie ich annehme - Hans auf Matilde wartet, sondern über die Straße. Ich höre das Klingeln der Tür des Teehauses, als Matilde hineinstürmt. Sekunden später erreiche ich die Kreuzung Riding House / Great Tichfield und sehe von dort noch immer das beschädigte Taxi am Straßenrand stehen. Ein Bobby steht neben dem Wrack und macht sich Notizen mit einem Bleistift in einem kleinen Notizbuch.

 

Ich brülle herüber: "Sir ... Sir, kommen sie schnell! Ein Überfall ... dort drüben in der Änderungsschneiderei. Der Kerl schlägt die arme Mrs. Smiley tot. ... So kommen sie doch! Er bringt sie um!"

 

Ich winke mit der einen Hand wild und zeige mit der anderen auf das Haus mit der Nummer 25. Ich befinde mich in einem Zustand, der überzeugend wirken muss ... ohne Mantel in dieser Kälte, wirre Haare, ein wenig außer Atem, so als käme ich gerade aus einem Handgemenge.

 

Schon ertönt die Pfeife des Polizisten.

 

"Ich muss dringend zum Friseur gehen ... und einen neuen Anzug brauche ich auch!", schießt es mir durch den Kopf, als der Bobby an mir vorüberläuft.

 

Ich blicke an mir herab, streiche meinen Anzug glatt und gehe ruhig zurück über die Straße, zurück zum Teehaus, zurück zu Matilde.

Edited by Joran
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Ich gehe wieder raus, als Clive kommt, wir treffen uns vor der Tür.

"Sie sind schon nicht mehr, hier, Hartmut wird Alex nach Hause gebracht haben. Er wollte nicht, dass ich dir nachlaufe, aber ich wollte dich nicht allein da lassen" sage ich atemlos.

"Ich glaube, auch wenn ich nicht verstanden haben, was dieses Ding ist, es wäre besser, Hartmut nimmt Alex, und die beide verschwinden von hier. Er weisst, wie er den Kleinen beschützen kann"

 

Ich gehe auf der Strasse, und rufe einen Taxi.

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"Das ist war sehr lieb von Dir!", antworte ich und fühle was ich sage. Dann werde ich einen Hauch bestimmter in meinem Tonfall.

 

"Ja, ich glaube Du hast Recht. Hugh sollte auf Abstand gehen, irgendwohin, wo DIE ihn nicht finden. Und Du solltest nicht einmal wissen, wo er ist, sonst werden sie Dich immer wieder benutzen wollen, um Hugh zu finden."

 

Nachdenklich füge ich hinzu:

 

"Aber Alexander? Ich glaube der Junge wäre sicherer bei Dir als bei ihm ... Alexander wird seine Mutter brauchen. Du kannst ihm nicht immer fern bleiben.

 

Und, verzeih mir wenn ich das so offen sage, seine Erziehung alleine Hugh zu überlassen ... Alexander braucht dann einen Gegenpol ... er bräuchte dann auf jeden Fall Dich ... einen Menschen mit Empathie ... Hugh ist so ...

 

Ach was, hör nicht auf mich. Ich habe keine Ahnung von Kindererziehung ... woher auch? Aber versprich mir, darüber in Ruhe nachzudenken. Wenn Du Alexander mit Hugh gehen lässt, wirst Du ihn vermutlich sehr lange ... möglicherweise nie wiedersehen! Könntest Du das ertragen?"

 

Als ein Taxi gehalten hat und wir beide hinten Platz genommen haben, füge ich noch hinzu:

 

"Mein Haus in Irland ... stünde Euch immer offen ... Das weißt Du, nicht wahr? Sei es als Übergangslösung oder auch für lange Zeit. Ihr wärt mir immer willkommen. Und die Landschaft ist schön! Viel Platz für ein Kind zum Spielen.

 

Triff jetzt keine übereilten Entscheidungen!"

Edited by Joran
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Ich schüttele den Kopf.

"Hartmut ist in der Lage, Alex aus der Bildfläche und sich selbst veschwinden zu lassen. Wir wussten, dass so eine Zeit auf uns wiederkommt. Besser so, als seinen Tod, oder noch schlimmer, wenn er in den Händen der Orga fallen würde..."

 

Ich seufze.

 

"Und natürlich werde ich diesmal keine Fragen stellen. Besser so. Wenn sie mich erwischen, werde ich nichts verraten können"

 

Ich lächle schief.

 

"Besser geht es nicht. Glaub mir. Das ist schon ein riesiges Gewinn!"

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"Wie Du meinst, Matilde. Du wirst es am besten wissen."

 

Der Taxifahrer wendet sich mit einem fragenden Blick zu uns um.

 

"In die Pension?", frage ich Matilde. "Ich sollte mir etwas anderes anziehen ... und kurz mit Cainnech reden oder ihm eine Botschaft hinterlassen.

 

Oder möchtest Du lieber direkt nach Hause ... oder ins Büro? Entscheide Du!"

 

Matilde nennt dem Chauffeur ein Ziel. Mir ist es in Wahrheit einerlei, solange ich hier sitzen kann. Ich bin schon wieder in meine Gedanken versunken.

 

Ich blicke auf Matilde ... auf ihren Bauch. Ich lächle.

 

"Die einen Tore fallen zu, andere öffnen sich und geben den Blick frei auf eine neue Zukunft. ... Was für ein außergewöhnlicher Tag dies doch bislang war."

 

Etwas scheint zu fehlen. Etwas unbestimmtes, nicht greifbares. Ich lausche in die Stille in mir. Es braucht eine Weile, während wir schweigend durch London fahren, in gemäßigtem Tempo diesmal. Dann begreife ich es. Seit langer Zeit bin ich zum ersten Mal ... glücklich.

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"Verzeihe mir, ich muss sofort nach Hause. Hartmut macht sich bestimmt schon Sorgen. Und ich muss ihn warnen"

Ich schaue aus dem Fenster dann, und sage nichts mehr.

 

Mein Herz ist bis zu den Füssen gefallen. Wenn wir es so machen, wie wir es sollen, werde ich wohl meinen Mann und mein Kind vermutlich nie wieder sehen.

 

Ich schlucke, und versuche nicht zu weinen.

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Es dauert eine Weile, bis ich mich von meinen Gedanken lösen kann.

 

In der spiegelnden Scheibe sehe ich, wie Matilde mit den Tränen kämpft. Ich bin bestürzt.

 

"Warum ist mir das nicht früher aufgefallen. Was ist los mit mir? Wie kann ich mich freuen?"

 

Ein Teil von mir fühlt sich schuldig, aber ein anderer Teil jedoch will das Gefühl des Glücks festhalten ...

 

Ich streiche vorsichtig über Matildes Hand.

 

"Warten wir ab, was Hugh dazu sagt.", meine ich besänftigend.

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"Seit fünf Jahren leben wir so. Bisher hat es gut geklappt. Ich dachte schon..irgendwie war es geregelt. Aber ich habe mich getäuscht. Wie konnte ich nur Alexander in der Welt setzen? Wir werden solange verfolgt, bis wir tot sind. Wenn Hugh und Alex schaffen zu verschwinden...das wäre gut..."

 

Ich schaue ihn an.

 

"Aber wie soll ich ihm sagen, dass ich wieder schwanger bin?"

 

Ich schüttele den Kopf.

 

"Er ist ein unmöglicher Mann, aber ohne ihn wird..schwer. Aber wenn der kleine Mann dadurch sicher ist..dann ist es Wert"

Edited by Nyre
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"Was soll ich dazu sagen? Du bist eben sehr mutig ... warst es immer. Ein Kind in diese Welt zu setzen erfordert immer Mut. Aber was bleibt uns, wenn wir nicht in die Zukunft schauen und uns einen Rest Hoffnung bewahren?

 

Ich beneide Dich um Deine Entscheidung. Die Zeit, die Du mit Alexander schon hattest, kann Dir keiner wieder nehmen.

 

Und ... vielleicht musst Du Hugh nichts von Deiner Schwangerschaft sagen ... noch nicht. ... Ich weiß nicht ... wenn es ihn davon abhalten würde, das Richtige zu tun.

 

Diese Entscheidung musst Du selbst treffen. Das einzige, was ich tun kann, ist Dir zu helfen. Und das werde ich von Herzen gerne tun, wenn Du mich lässt.

 

Niemand muss von diesem zweiten Kind erfahren, wenn Du es nicht willst. Es wäre nicht die erste Entbindung, die ich vornehme ... Ich könnte in Irland alles nötige vorbereiten. Dort kenne ich Menschen ... die mir verbunden sind ... die helfen könnten. Vielleicht wäre es besser, wenn weder Hans noch jemand hier in London davon erfährt. Das Risiko verteilen, meine ich. Mein Gott, wie sich das anhört ...

 

Verstehst Du, was ich sagen will?

 

Du musst jetzt ganz ruhig überlegen, was das Richtige ist ... für Dich ... und für die Kinder."

 

Nach kurzer Pause füge ich etwas widerwillig an:

 

"Und höre Dir erst einmal an, was Hugh zu sagen hat."

Edited by Joran
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