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GANGSTER - Unheimliche Unterwelt


Judge Gill
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Auf meinem Blog Shooting Dice findet sich nun eine sehr lange, sehr detaillierte Rezension des Gangster-Bandes. Die Rezension ist auf Englisch; ein deutsches Buch auf Englisch zu rezensieren mag zunächst verwundern, aber weit über 90% der Leser meines Blogs sind aus dem Ausland. Zudem blicken viele englischsprachige Spieler neidisch auf die deutschen Lizenzprodukte. Die Rezension richtet sich also zunächst an diese. Deutsche Spieler sollten aber durchaus auch was davon haben.

 

Kurze Zusammenfassung: Der Band ist durchwachsen. Eine Menge historischer Details sind falsch oder fehlen. Aufgefallen ist mir das vor allem in Hinblick auf die Kanonen, einem meiner Hauptinteressen, aber auch insgesamt ist hier weniger Wissenswertes drin als ich von einem Quellenband erwarte. Noch ärgerlicher ist das hohe Mythosvorkommen; hinter alles und jedem stehen irgendwelche Monster. Insgesamt erschliesst sich mir nicht, warum ein Gangster sich dem Mythos entgegenstellen sollte, auch wenn die Problematik der Motivation kurz angesprochen wird. Positiv ist zu bemerken, dass es einige richtig gute Ideen gibt, sowohl im Regelteil also auch in den Szenarien. Auch die Aufmachung gefällt mir sehr. Kaufen würde ich wieder, zumal zu dem Preis, aber der Band erfordert sehr viel zusätzliche Recherche und viele Anpassungen des Spielleiters.

 

Cheers

 

HANS

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Dann sag ich mal sorry für die Fehler bei der Ausrüstung (die ja auf meinem Mist gewachsen ist). Das passiert, wenn man einen Aushilfs-RPG-Autor zu einer Schießerei bringt! ;)

Auch wenn es natürlich nie darauf abgezielt hat, Experten zu befriedigen, sondern möglichst im Spiel zu funktionieren (daher z.B. keine Preise, Kaliberänderung für fast alle Waffen und stark vereinfachte Panzerung/Panzerbrechen-Regeln - kurz gesagt: Es gäbe sonst keinen Grund, die .38 Super zu verwenden ...).

Zumindest was regeltechnische Ungenauigkeiten angeht kann ich aber zumindest entschuldigen, dass man zu einem beträchtlichen Teil an die Vorgaben des Grundregelwerks gebunden ist, d.h. das mitnehmen muss, was da zu den Waffen steht.

 

Freut mich aber, dass immerhin die "Forcieren durch Organisation"-Sache gefallen hat (wo ich zumindest meine Finger im Spiel hatte)! :)

Edited by Der Tod
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Also, wenn wir alles, was in der Rezi vermisst wird, in den Band gepackt hätten, würde dieser keine 20 € mehr kosten, sondern 59,90 €.  :)  (Aber 20€ waren nunmal Verlagsvorgabe.) Wir haben ein Rollenspielbuch mit hoffentlicher hoher Spielbarkeit gemacht und keine Geschichtsenzyklopädie. Dies erklärt auch den hohen Mythosanteil, der bei früheren Publikationen ja immer wieder als zu gering kritisiert worden ist. Ob der SL den ganzen Mythos an den Spieltisch bringt, ist ihm überlassen. Meine Spieler haben auch nicht immer gemerkt, dass sich hinter dem oder das tatsächlich der Mythos verbarg. Im Band heißt es ja, eine dunkle Ahnung ist rollenspielerisch wirkungsvoller als eine echte Aufklärung der Hintergründe.

 

Im Band geht es nicht nur um Gangster, sondern explizit auch um die Great Depression als universalen Spielhintergrund. Ich denke, die verlassene Kress-Farm hat deshalb durchaus Daseinsberechtigung, auch wenn sie nichts mit Gangstern zu tun hat. (Was sich aber je nach Einsatz durch den SL schnell ändern kann.)

 

Auch die vermissten speziellen STA-Sonderregeln für Kriminelle waren in der alten Auflage des Spielerhandbuches enthalten. Es gab deshalb erstmal keinen Grund, die ganzen GRW-Passagen erneut abzudrucken. Ich meine, im neuen 7.0 sind diese aber nicht mehr erhalten, was bei Fertigstellung des Gangster-Bandes aber noch nicht absehbar war, da beide parallel liefen. 

 

Es ist auch völlig in Ordnung, wenn einem Gangster als Setting für Cthulhu nicht liegt. Ob man mit einem Gangster als SC etwas anfangen kann, muss jeder selbst entscheiden. Ich kenne eine ganze Reihe Spieler, die ihren Spaß daran haben. Immerhin zählt der Gangster seit den 1980/90er Jahren zu den Archetypen der SC; allerdings relativ farblos. Und das sich Gangster mit dem Mythos befassen, halte ich entgegen der Kritik für durchaus plausibel: Man kann ihn als Waffe einsetzen und auch damit Geld machen. Meine Spieler jedenfalls gehen als Gangster anders mit dem Mythos um als sie es als "normale" SC tun. Das finde ich schon spannend.  

Edited by Johnny Dillinger
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Auch die vermissten speziellen STA-Sonderregeln für Kriminelle waren in der alten Auflage des Spielerhandbuches enthalten. Es gab deshalb erstmal keinen Grund, die ganzen GRW-Passagen erneut abzudrucken. Ich meine, im neuen 7.0 sind diese aber nicht mehr erhalten, was bei Fertigstellung des Gangster-Bandes aber noch nicht absehbar war, da beide parallel liefen. 

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Das neue Investigatorenkompendium hat doch Berufspakete, u. a. eines für Organisiertes Verbrechen, hier wird STA-Verlust für Gangster doch gesondert geregelt/modifiziert (die Pakete sind halt [leider] nicht im GRW drin), eine Möglichkeit bietet die Edition 7 also an oder worum geht es gerade genau?

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Ich sehe die These "wenn jemand ein Gangster ist, hat er kein Interesse daran, den Mythos zu bekämpfen" (die ich jetzt niemandem in den Mund legen will!) als grundlegend falsch an.

Stattdessen müsste man zunächst sagen: Durch den "Beruf" Gangster ist man weder besonders prädestiniert noch davon abgehalten, den Mythos zu bekämpfen. Wie bei allen anderen berufen kommt die Motivation aus diversen weiteren Faktoren, die den Investigator ausmachen. (Ja, es mag Ausnahmeberufe geben wie Okkultist oder Parapsychologe, aber alle anderen: doch in Wirklichkeit - nein).

 

Und wenn jemand nicht Professor, Feuerwehrmann, Müßiggänger oder Reporter, sondern eben Gangster, und mit dem Mythos konfrontiert wird - dann hat er ebenso wie diese anderen das Recht zu sagen "diese Bedrohung für die Menschheit möchte ich mit meinen bescheidenen Mitteln abwehren, so gut es mir möglich ist." (wenn ihm denn diese Wahl überhaupt gelassen wird.)

 

Mein Fazit: Gangster sind ebenso gute Investigatoren wie andere.

 

Praktische Erfahrung: In meiner eigenen Spielrunde sind die SCs seit Jahren Mafiosi der 1920er, und sie haben problemlos die Motivation gehabt, diverse Abenteuer durchzuspielen.

Ok, überdurchschnittlich viele Artefakte oder Mythosbücher wurden in den Hudson geworfen. Aber das sehe ich nicht als schädlich an.

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Auch die vermissten speziellen STA-Sonderregeln für Kriminelle waren in der alten Auflage des Spielerhandbuches enthalten. Es gab deshalb erstmal keinen Grund, die ganzen GRW-Passagen erneut abzudrucken. Ich meine, im neuen 7.0 sind diese aber nicht mehr erhalten, was bei Fertigstellung des Gangster-Bandes aber noch nicht absehbar war, da beide parallel liefen. 

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Das neue Investigatorenkompendium hat doch Berufspakete, u. a. eines für Organisiertes Verbrechen, hier wird STA-Verlust für Gangster doch gesondert geregelt/modifiziert (die Pakete sind halt [leider] nicht im GRW drin), eine Möglichkeit bietet die Edition 7 also an oder worum geht es gerade genau?

 

 

Ja, genau diese Regeln meinte ich. Es muss nicht GRW, sondern Investigatorenkompendium 7.0 heißen. Habe sie darin aber auf die Schnelle nicht finden können. Dann ist ja alles tutti. :)

Edited by Johnny Dillinger
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Zu den Kanonen: Ein Rollenspiel ist nicht die Realität. Kampf im Spiel ist immer nur Simulation. Es gibt aber einen Unterschied zwischen Abstraktion und offensichtlich fehlendem Realismus. Ich halte es immer schon mit H.P. Lovecraft selbst, der in seinem Aufsatz "Notes on Writing Weird Fiction" (1933) ausführte: "Inconceivable events and conditions have a special handicap to overcome, and this can be accomplished only through the maintenance of a careful realism in every phase of the story except that touching on the one given marvel." Mit anderen Worten, die Spielwelt muss so realistisch wie möglich sein, damit der Mythos umso unfassbarer und unheimlicher wird. Wenn aber schon einfachste Tatsachen wie die Beschreibung einer Waffe und ihres ballistischen Effekts nicht stimmen, und diese Tatsachen zudem einfach nachprüfbar sind, dann hat man ein Problem, das vielen vielleicht unter dem Begriff der mangelnden willing suspension of disbelief -- willentlichen Aussetzung der Ungläubigkeit -- bekannt sein dürfte.
Als Beispiel: die Tatsache, dass die Schrotgarbe aus einer Flinte mit der Distanz immer grösser wird, was gleichzeitig zu immer weniger Schrotkörnern (und damit weniger Schaden) im Ziel führt, wurde in den Call of Cthulhu Regeln wunderbar einfach und trotzdem ziemlich realistisch abstrahiert. Die Regel, dass die Schrotgarbe aus einer abgesägten Flinte schon nach 5 m so stark streut, dass nur noch wenige Schrotkörner treffen, und nach 10 m praktisch harmlos ist, ist dagegen völliger Unsinn, der mit dem tatsächlichen Verhalten solcher Waffen nichts zu tun hat (Schaut euch meine Beschreibung meiner Remington-Flinte an, da sind sehr aussagekräftige Fotos dabei. Und ja, dass ist eine "abgesägte" -- Jagdflinten haben viel längere Läufe).

Das Realismusproblem betrifft natürlich nicht nur die Waffen, aber an denen lässt sich das Ganze besonders anschaulich darstellen und die sind nunmal auch eines meiner besonderen Interessen. Meine Freundin regt sich zum Beispiel über falsche Strickmuster und -techniken auf.
Das Problem mit dem Kaliber .38 Super Auto is folgendes: Ja, die Durchschlagskraft der Patrone ist höher als bei vergleichbaren amerikanischen Patronen (.38 Special, .45 ACP, etc). Nein, sie ist nicht besser oder sogar schlechter als die von europäischen Patronen (7.63×25mm Mauser, 9×19mm Parabellum, etc). Wenn du jetzt der .38 Super Auto einen erheblichen Bonus beim Durchschlag von Panzerung gibst, musst du das gleiche bei den vergleichbaren Patronen machen, ganz zu schweigen von den Gewehrpatronen, die alle ein Vielfaches durchdringen. Das ist Stückwerk und endet nur in Munchkinism. Entweder alle Kaliber werden entsprechend ihrer Durchschlagskraft behandelt (siehe etwa meine abstrakte aber durchaus realistische Lösung in Investigator Weapons 1, S. 15-16), oder aber das Phänomen muss ignoriert werden. Sooo viel besser ist die .38 Super Auto auch nicht, und sie hat ja einen ordentlichen Grundschaden sowie eine erhöhte Magazinkapazität. Das muss dann halt reichen.

Zum Mythosüberfluss: Das mag Geschmackssache sein, aber ich finde Lovecraft selbst gibt doch die besten Beispiele. Und bei ihm sind es eben meist nur ein oder zwei Typen von Mythosgegnern.

Zur Kress Farm als Örtlichkeit: Ich hatte an der in meiner Rezension nichts auszusetzen, die kann man ganz wertungsfrei überall einsetzen. Im Nachhinein wären die fünf (!) Seiten aber angesichts der erwähnten Platzknappheit vielleicht doch besser anders verwendet worden.

Zur Great Depression als Hintergrund: Ich stimme völlig mit euch überein dass das ein grossartiger Hintergrund ist und in vielerlei Hinsicht sogar besser zu Lovecraft passt als die Zwanziger (Trail of Cthulhu ist nicht umsonst in den Dreissigern angesiedelt). Allerdings ist dass dann ein Verpackungsproblem. Wenn Gangster drauf steht sollte auch Gangster drin sein (dito Chicago).

Zu Gangstern als Bekämpfern des Mythos: Gangster sein ist nunmal kein Beruf, den man einfach so ergreift und nebenher ein ganz normaler Mensch ist. Die echten Gangster hatten durch die Bank antisoziale Persönlichkeitsstörungen, vom Hang zur spontanen Gewalt und der rücksichtslosen Durchsetzung des eigenen Willens aus ausnahmslos niederen Beweggründen ganz zu schweigen. Hinzu kommt, dass vielen historischen Gangstern auch der Grips fehlte, um die bahnbrechenden Erkenntnisse des Studiums des Mythos überhaupt in Angriff zu nehmen, geschweige denn zu begreifen. Nach vielen Jahren der intensiven Beschäftigung mit den einschlägigen Gesellen (die ja durchaus historisch faszinierend sind) sehe ich da absolut keine Überschneidung. Jeder wie er möchte, natürlich, aber ich finde das Unsinn.

Man sieht das auch schön am Abenteuer "Erntezeit", in dem die Gangster ohne Mithilfe der echten Investigatorin überhaupt gar nichts machen können.

 

 

Cheers

 

HANS

Edited by HCV
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Okay, nochmal zu den Knarren.

 

Punkt 1: Ich musste mich an die Grundregeln der Edition 7 halten. D.h. das, was die sagen, konnte ich nicht verändern. Andere Schadensberechnungen für alle Waffen waren also nicht denkbar. Das gilt entsprechend auch für abgesägte Schrotflinten etc. Das sind eben die Spielregeln, die nicht im ersten Buch, noch vor dem Erscheinen der 7. direkt über den Haufen geworfen werden sollten.

 

Punkt 2: Die .38 Super war ein Phänomen, dass ich dennoch gerne drinhaben wollte. Eine zusätzliche Spieloption, die es ballernden Charakteren erlaubt, sich auszudifferenzieren.

 

Punkt 3: Wenn ich laut Grundregeln die Wahl zwischen .38er/9mm (1W10 Schaden, mehr Muni) und .45er (1W10+2 Schaden, weniger Muni) habe, was mache ich dann mit einer .38 Patrone, deren Daseinsberechtigung im Spiel(!) sein soll, Panzerung verlässlicher zu durchschlagen, ohne aber z.B. .45er Waffen überflüssig zu machen? Außerdem muss das ganze noch rechnerisch mit den Panzerungsregeln funktionieren, die - wie du sicher weißt - bei Cthulhu auch wackelig sind.*

In letzter Instanz schreibe ich aber für ein Spiel arbeite an Spieloptionen. Ob das "Munchkinismus" ist weiß ich nicht, aber eine Simulation hatte ich nie im Sinn. Ich verstehe aber deinen Widerspruch durchaus; ehrlich gesagt hätte ich mich sehr gewundert, wenn der ausgeblieben wäre.

P.S.: Ich verspreche, die Autos sind auch nicht richtig. ;)

 

*: Ich habe mal zum Spaß durchgerechnet, wie sich Mauser Panzerbüchsen, MG 08/15 mit panzerbrechender Munition und Geballte Ladungen gegen WK1-Tanks verhalten, alles nach Niemandsland-/Waffenhandbuch durchgerechnet. Das passt vorne und hinten nicht zusammen. Ich lade jeden gern es, es selbst mal auf nem Game Design-Standpunkt zu versuchen.

Edited by Der Tod
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Zu Punkt 1: Das Problem sehe ich natürlich. Ich hatte schon in einem anderen Faden vermutet, dass die zumindest etwas besseren Spieldaten der dt dritten Fassung wohl ignoriert wurden (ich kenne bis jetzt nur die amerikanische Siebte Fassung). Es hilft halt auch nicht, ewig an einem (erkannten!) Fehler festzuhalten, nur weil der irgendwann einmal in die Regeln aufgenommen wurde.

 

Zu Punkt 3: Wie wär's denn mit 1W10+1 (Investigator Weapons 1, p. 38)? Im Vergleich zu Gewehrpatronen ist das bessere Durchschlagsverhalten der .38 Super Auto bescheiden. Die Panzerungen in Call of Cthulhu sind furchtbar, da geb ich dir sofort Recht. Ich biete eine Alternative an (Investigator Weapons 1, pp. 15-16), aber auch die ist nicht perfekt. Das ist natürlich das, was ich oben mit Abstraktion meinte -- es geht immer etwas verloren, wenn komplizierte Vorgänge mit wenigen Spieldaten und etwas Zufall (Würfeln) dargestellt werden sollen. ;)

 

Zum Waffenhandbuch: Das Buch ist inzwischen 8 Jahre alt und entspricht in vielerlei Hinsicht nicht mehr meinen eigenen Ansprüchen :P

 

Cheers

 

HANS

Edited by HCV
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