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"Moin", würde man wohl auf Pellworm sagen, des Cthulhu-Anhängers liebster Urlaubsinsel. 

"Long time no see", vielleicht der ein oder andere britische Investigator.

"Iä!", der geneigte Kultist.

 

Lange her, dass ich mal nachgesehen habe, was Cthulhu denn so treibt. Früher war ich da dann noch aktiver, durfte in der Ära Heller die einer oder andere Winzigkeit zum Spiel beitragen, habe mit Der Ruf auch so manche Idee als Fanprojekt veröffentlicht und dann dem Spiel irgendwann frustriert den Rücken gekehrt. Andere Rollenspiele wurden in meinen Augen für Cthulhu das, was das Wynn oder Encore für Circus Circus oder Excalibur in Las Vegas wurden: hell funkelnde, moderne Verlockungen, die das Alte, Angestaubte an den Rand drängten.

 

Als dann bei einem Umzug meine Cthulhu-Sammlung eingepackt wurde und ich mir so dachte: "Verfickt nochmal, warum wiegen meine Cthulhu-Bücher zusammen höchstens eine Tonne? Da muss doch mehr gehen!" keimte der Gedanke auf, mehr Papier besitzen zu müssen. Dann kam die Pandemie, man hatte Zeit zum Lesen und zack: schon hatten diese unnötigen, offenbar vom Hirn entkoppelt funktionierenden Finger das gesamte Portfolio der 7ten Edition zusammengekauft. Der DHL-Mann war froh, eine Sackkarre zu besitzen und ich war froh: beim nächsten Umzug würde die Cthulhu-Bibliothek die Packer endlich das wahre Grauen lehren.

 

Die nächsten Tage und Wochen und Monate hatte ich dann Zeit zu schmökern und zu blättern, zu grinsen, zu zittern und zu fluchen. Ich konnte das Cthulhu, dem ich vor Jahren dem Rücken kehrte, an vielen Stellen kaum noch wiedererkennen. So dachte ich mir wird es mal höchste Eisenbahn für einen Gesamteindruck. Eine allumfassende Rezension zum Status Quo Cthulhu aus der Sicht eines rollenspielerischen Robinson Crusoe, der irgendwann vor der Erfindung des Internets mit einer FedEx-Maschine abstürzte und nun die Wunder der neuen Welt erkunden darf. Als kleine Hommage an den Westernthemen liebenden Frank Heller, seiner Zeit Chefredakteur der Spielreihe, teile ich meine Beobachtungen in drei Teile: The Good, The Bad and The Ugly.

 

The Good

 

Die Cover 

 

Manfred Escher, ich liebte Deine Designs. Ich bin Dir unendlich dankbar dafür, auch im Ruf ein exklusives Cover von Dir bekommen zu haben. Aber trotzdem muss ich sagen: die neuen Cover hauen mich um. Ich liebe sie. Ich schaue drauf und sofort gehen die Gedanken los. Die Stimmung, die Farben, die Motive. Ich könnte nun loslegen und meine Lieblingscovers der Reihe nach in Excellisten sortieren. Hätte aber wenig Informationsgehalt. Kurzum: diese neue Covergestaltung ist wundervoll.

 

Die Preispolitik

 

Schon von Existenzängsten geplagt musste mein Verstand mit ansehen, wie die Fingerchen einen Cthulhu-Band nach dem anderen im freien Wahn in den Warenkorb legten. Ich wähnte mich schon pleite und als ich dann die Endsumme sah, dachte ich: "Häh? Ich wollte doch von jedem Buch eins! Hat er welche nicht genommen?" Aber es waren alle drin. Dann schaute ich auf die Preise und war entzückt. Ein Abenteuerband mit 3 Abenteuern für 9,95€? Ja, wo gibt es denn sowas? Bei Shadowrun. Auch bei Pegasus. Scheint eine neue Strategie zu sein. Scheint zu funktionieren. Leider geil!

 

Die Abenteuer

 

Man könnte jetzt an jedem einzelnen Abenteuer eine Kritik anlegen und diese nach gut/schlecht/neuaufgelegt sortieren, aber diese Details gehören dann zu den einzelnen Publikationen. Daher hier an dieser Stelle eher mein Gesamteindruck ob der Fülle des Materials. Es ist unfassbar viel Material. Ja ich weiß, früher gab es noch die Cthuloiden Welten und die Cthuloide Welten Bibliothek und so weiter und so fort, aber all das ist ja nicht mehr da. Umso toller, dass man es geschafft hat, ein so hohes Pensum an Abenteuern herauszugeben. Tatsächlich ist da auch viel Neues dabei und ich denke, angesichts horrender Sammlerpreise für so manche alte Rarität ist es auch kein verkehrter Move, einige alte Schätze zu neuem Leben zu erwecken. Und hatte ich das schon erwähnt? Alles für 9,95€! 

 

Neue Autoren

 

Man verzeihe mir, dass ich hier jetzt keine Statistik aufführen kann, aber vom Eindruck her habe ich das Gefühl, dass die neue Veröffentlichungspolitik auch vielen neuen Autoren das Tor geöffnet hat. Mir kam es beim Drüberschauen jedenfalls so vor, als hätte ich zahlreiche neue Namen neben den alten Recken gelesen. (Sorry, falls mein alternder Verstand Euch vergessen hat und ihr schon ewig dabei seid). Das bringt frisches Blut in die Publikationen und wie man an einigen Bänden sieht, auch eine Themenvielfalt. Jeder hat da natürlich so seine Schreibe und seine Art, Geschichten zu erzählen. Manches findet man besser, anderes schlechter. Aber mal im Ernst: bei so viel Publikationen wäre es irgendwie komisch, wenn einem ALLE Abenteuer gleich gut gefallen würden. Aber dass man den Mut hat, hier so viel Verschiedenes zu veröffentlichen, das ist klasse.

 

Abenteuer-Statblocks

 

Dunkelst erinnere ich mich, dass es schon in der Ära Heller immer wieder Rufe und Diskussionen dazu gab, die Abenteuer besser zu strukturieren und Spielleitern zu ermöglichen, Inhalt und Art zu erkennen, ohne sich vorher 80 Seiten Fluff durchlesen zu müssen. Man möge mir verzeihen, sollte ich hier jetzt wie die Autobahnplanung der späten Weimarer Republik später als Hitlers Erfolg propagiert wurde, ein Spätwerk der Hellerschen Ägide dem Imperium Gill in Anrechnung stellen, aber die Konsequenz der Veröffentlichung von Abenteuer-Steckbriefen ist ein toller Schritt nach vorne. Gerade wenn man vor der Aufgabe steht, alle neuen Bücher gleichzeitig zu lesen, hilft das ungemein, das Vorliegende zu sortieren. Abenteuer-Statblocks for President!

 

The Bad

 

Fragmentierung

 

Da passt man ein paar Jahre nicht auf und schon ist H.P. Lovecraft auf einmal tot? Äh nee, tot war er schon immer, aber irgendwie ist sein Werk nun Gemeinwohl? Plötzlich sprießen die Cthulhu-Rollenspiele wie Pilze aus dem Boden und ich habe gar keine Ahnung mehr, welches davon das Beste ist? Das fing an mit dem neuen Delta Green und einem Regelwerk, das irgendwie ähnlich wie früher, aber dann doch nicht gleich war. Gar nicht mehr unter Chaosium-Lizenz? In Deutschland dann die Lovecraft Gesellschaft mit dem OGL Fhtagn, Truant Spiele mit den Unaussprechlichen Kulten. Modiphius mit ner eigenen 2d20-Version von Achtung! Cthulhu usw. usf. Natürlich kann da Pegasus und Cthulhu nichts dafür, aber ich habe ein bisschen den Eindruck, als würden dadurch viele kreative Potenziale so stark verdünnt, dass am Ende keines der Spiele richtig Power entwickelt. Klar, Cthulhu ist ein Verlagsprodukt und gehört einer Firma, aber damals wirkte es zumindest so, als würde auch recht aktiv eine Community drum herum toleriert. Die Lovecraft Gesellschaft brachte Cthulhus Ruf heraus, die Cthuloiden Welten waren irgendwie so ne Sonderlocke, das beste Magazin aller Zeiten, der Ruf hatte Cthulhu-Zeug und irgendwie revoltierte alles an kreativer Energie um dieses Spiel. Naja, Konkurrenz belebt das Geschäft. Hoffe ich mal. 

 

Untote Community

 

Heidewitzka, ist das Forum hier tot! Was ist denn aus der Cthulhu-Community geworden? Mit ihren zahlreichen irrsinnigen Debatten, den Spielberichten, dem kreativen Input, den Fanboys, der Lobhudelei? Da gehe ich ins Forum und denke mir so: "Puhh, mindestens 4 Jahre Cthulhu-Abstinenz sind nachzuholen" und dann ist im Prinzip alles, was man ließt, die Presseankündigungen von Heiko Gill und superöde Berichte da drüber, welches Cover beim wem wie labberig ist. Sorry, ihr Vielposter, natürlich übertreibe ich hier mal wieder und vielleicht spricht da auch der alte Mann aus mir, der sagt: "Zu meiner Zeit hätte es so viel Lahmarschigkeit nicht gegeben! Wir waren noch frech wie die Frechdachse, schlau wie die Schlaufüchse und kreativ wie die Kreativkaninchen!"

 

Keinerlei Digitalisierung

 

Damit meine ich nicht, PDFs im Shop anzubieten oder Handouts zum Download. Mit Digitalisierung meine ich echte, digitale Geschäftsmodelle und Spielererfahrungen. Cthuhlu mit seiner Fülle an Material hat dafür extrem viel Potenzial, man müsste es nur heben. Dafür braucht man natürlich einen gewissen digitalen Verstand und etwas Mut, die scheinen weder in Deutschland, noch bei Chaosium vorhanden zu sein. Gierig schiele ich da mal in Richtung DND Beyond. Das man da nicht mal was zusammen mit einer aktiven Fanbase aus dem Boden gestampft hat, auf Basis von Open Source Tools, das stimmt mich traurig. Was könnte man da nur alles geniales machen!

 

The Ugly

 

Das Layout

 

Ja Kruzifix und Sapperlot noch einmal! Was zur Hölle ist hier passiert? Wer kam auf die glorreiche Idee, die Vorarbeit von Jahrzehnten einfach in die Tonne zu treten und diese Ausgeburt dilettantischer Fanzine-Murkserei zum neuen Master-Layout für Cthulhu zu machen? Bitte sagt mir, dass das eine reine Kostenfrage war und man die Bücher daher von sehbehinderten Rentnern in einem Superbilliglohnland zusammenstümpern lässt. Oder sagt mir, dass das ganze ein perfider Plan von Nyarlathothep ist, um beim Betrachter einen seltenen Augenkrebs auszulösen, der dessen Sinnesorgane so deformiert, dass er freien Blick auf Azathoth und dessen irre Dudelsackspieler bekommt. Andere Entschuldigungen kann es für diesen Rückschritt nicht geben. Ja, vermutlich lässt sich dieses Layout schnell realisieren und spart damit Geld. Aber wenn man Bücher gewöhnt ist, wie die von Delta Green, die aktuellen Publikationen aus Skandinavien, dann gewinnt man den Eindruck, es beim neuen Cthulhu mit einer reinen Fanpublikation zu tun zu haben. Das Layout simpel aber dennoch handwerklich gut und optisch ansprechend sein kann, zeigen Publikationen für D&D 5e. Selbst das Original-Layout von Chaoisum ist frischer. Schade, das alte Erscheinungsbild hätte man meiner Meinung nach nicht verschlimmbessern müssen. Leider machen das die genialen Cover auch nicht mehr wett. 

 

Die Illustrationen

 

Ja, auch früher waren nicht alle Publikationen mit Fotos illustriert, man hatte auch damals gerade bei unfotografierbaren Themen Illustrationen unterschiedlicher Qualität. Aber dennoch gab es eine elegante Lösung für das Gros der Veröffentlichungen: Fotos. Das war ein genialer Schachzug, den schon Laurin damals begonnen hatte. Stimmungsvoll und einfach und vor allem: konsistent. Gerade diese Konsistenz macht die Qualität moderner Rollenspielpublikationen aus. Viele Werke leben vom Stil ihrer Illustrationen. Der schlimmste 80er-Jahre-Anfänger-Fehler, den man hier machen kann ist, alles wild zu mixen. Vom Stil und von der Qualität her. Leider geschieht das aktuell extrem. Da sind neben zeitgenössischen Fotografien offenbar mit dem linken Fuß gezeichnete Kinderkritzeleien Seite an Seite. Natürlich gibt es auch ein paar richtig geile Illus, aber auch die tauchen immer in einem kruden Mix mit allen möglichen anderen Abbildungen auf. Das beraubt die aktuelle Version von Cthulhu einer wieder erkennbaren Ästhetik und macht die Bebilderung mehr oder weniger Zufällig. Dabei hatte man das früher gut im Griff und auch die Wettbewerber halten sich daran: siehe Delta Green, siehe Unaussprechliche Kulte. Vermutlich sind auch hier wieder Kostengründe die Ursache. Schade ist es dennoch.

 

So, nun habe ich noch mindestens 3.000 weitere Seiten zu lesen. Macht's gut und vielen Dank für den Fisch.

Edited by Synapscape
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Erstmal danke für Deinen Beitrag.

War wirklich sehr schön zu lesen.

 

Was mich persönlich inzwischen etwas stört, auch wenn es absurd klingt ist, dass es zuviele Veröffentlichungen pro Jahr gibt.

Klar freue ich mich im Grunde über jedes Buch das kommt.

Aber bei mir läuft es inzwischen so ab:

 

-Sämtliche Neuerscheinungen im Quartal vorbestellen (wer weiß, wie lange man sie bekommt), Versand abwarten, auspacken und kurz durchblättern, einsortieren ins Regal...

-Warten auf das kommende Quartal...

 

Eigentlich ist es ja schön, dass es viel für das Hobby gibt. Ich bin aber inzwischen total übersättigt.

 

Wenn ich mir angucke, was insgesamt für die 3. Edition erschienen ist und mit der Masse heutzutage vergleiche, sind das Welten.

 

Früher hab ich mich gefreut, wenn es was neues gab und heute fülle ich meinen Warenkorb und habe pro Jahr meine knapp 12 Cthulhu-Bücher.

Klar weiß ich, dass mich keiner zwingt alles zu kaufen , aber der Gedanke "lieber jetzt kaufen, bevor es teuer wird", schwingt halt immer mit...

Jäger und Sammler halt...

 

Ich denke, dass ich mich zum Ende des Jahres von der aktuellen Edition ausklingen werde und meine letzten Lücken der 2. und 3.Ed. schließe.

.

.

.

Mal gucken, was so kommt

Edited by Ubelogar
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Synapscape, Deinen Beitrag finde ich sehr interessant - und natürlich ohnehin sehr erfrischend, hier mal wieder von Dir zu lesen.

 

Ich habe viele dieser Entwicklungen sehenden Auges mitgemacht, ohne mich auf "eine Insel" zurückzuziehen und habe ganz ähnliche Kritikpunkte und Lobeshymnen wie Du. Allerdings mit dem Unterschied, dass ich hier bereits unendliche, ermüdende Debatten darüber geführt habe. Gerade deswegen finde ich Deine Eindrücke interessant.

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Ich musste auch bei vielen Beobachtungen von Synapscape grinsen.

 

Zu dem Thema, ob es zu viele neue Cthulhu Bücher gibt, könnte man einen eigenen Thread aufmachen. Ich sehe das persönlich etwas differenzierter. Gerade wenn man sich auch mit anderen Rollenspielprodukten versorgen will, hat man eigentlich monatlich/wöchentlich die Qual der Wahl - systemübergreifend.

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Willkommen zurück, Großer Alter!

 

Als jemand, der noch ein wenig die Prä-7. Editions--Zeit mitgemacht hat, kann ich diesem Beitrag in fast allen Gesichtspunkten zustimmen.

Toll die Vielfalt, die neuen Autoren, die Fülle an Material! Weniger toll die Illustrationen und ja, auch die etwas eingeschlafene Community.

 

Letztendlich ist das alles natürlich kein Cthulhu-spezifisches Thema; jeder alternde Buckewal wird für sein System X nach dem Wechsel zur Edition Y ähnliche Kritikpunkte feststellen. Aber es ist eine schöne Zusammenfassung der letzten Jahre - danke dafür :)

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Vielen Dank für diese spannenden EInblicke!
Zum Thema Community: Der Großteil ist, so wie ich das sehe aus dem wunderschönen html-Forum in andere soziale Medien (z.B. Discord) abgewandert.

Edited by Thordis
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Vielen Dank für diese spannenden EInblicke!

Zum Thema Community: Der Großteil ist, so wie ich das sehe aus dem wunderschönen html-Forum in andere soziale Medien (z.B. Discord) abgewandert.

 

Ja, das ist natürlich ein Punkt. Betreibt Pegasus nen Discord Server?

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Interessant, die Eindrücke eines „Veteranen“ zu lesen. Ich bin erst mit der 7. Edition eingestiegen, habe mir aber einiges aus der 6. Edition nachgekauft und kenne zumindest die Produkte.
Ich finde es spannend, zu welchen unterschiedlichen Eindrücken man kommen kann.
 
Mich würde übrigens noch dein Eindruck zu den Regeln interessieren.

 

Hier mal mein Senf:
 
Die Cover
Die jetzigen Cover finde ich bis auf Ausnahmen langweilig und generisch. Die alten Escher-Cover waren wie Wimmelbilder, auf denen ich auch nach längerer Betrachtung neues entdeckt habe. Außerdem hatten sie eine Mystery-Stimmung, die für mich perfekt zu Cthulhu passt. Ich finde, die Cover vermitteln den Eindruck eines Spiels, bei dem es um das Aufdecken von Verschwörungen und das Lösen von Rätseln geht. Das passt hervorragend zu meinem Spielstil, der weniger auf Horror als auf Mystery aus ist.
 
Die Abenteuer
Die Vielfalt finde ich auch super. Cthulhu muss als So-halbwegs-Mainstream-System auch verschiedene Stile bedienen und das klappt ganz gut. Ich finde außerdem, dass die Abenteuer der 7. Edition meist besser aufgeschrieben und besser strukturiert sind, als die der 6. Edition. In der Regel lassen sich die für das Abenteuer relevanten Informationen nun besser finden.
 
Die Fragmentierung
Ich sehe nur eine schwache Fragmentierung. Ich habe beispielsweise noch nie Spielrundenangebote zu Unausprechliche Kulte auf Online-Cons gesehen. Das scheint mit recht untot geboren worden zu sein. FHTAGN stellt in meinen Augen eher eine Ergänzung als eine Konkurrenz dar. Mythos World belebt als Konkurrenz in der Tat vielleicht das Geschäft, ebenso Trail of Cthulhu, wenn es dann auf Deutsch erscheint. Allerdings: Die Trail-of-Cthulhu-Leute gab es doch früher auch schon, ebenso Leute, die tremulus oder Mythos World gespielt haben. Von daher sehe ich da kein Problem. Auf der AnRUFung, bei der ich war, hatten sich alle lieb und es ist kein Systemkrieg ausgebrochen. :D
 
Untote Community
Ich vermute, das hat wenig mit Cthulhu an sich, sondern der Veränderung der Forenlandschaft generell zu tun. Foren sterben aus, leider. Ich finde Foren in vielen Belangen Social-Media-Plattformen überlegen, aber sie sind halt nicht so sexy. Das fängt schon beim Design an und geht weiter zum Phänomen, dass Foren auf Neulinge schnell abschreckend wirken können, wenn sie nicht gut moderiert werden.
 
Das Layout
Das sehe ich ganz anders. Das jetzige Layout ist dem der 6. Edition überlegen. Es gibt keinen unruhigen Hintergrund mehr, die Textkästen sind immer als solche zu erkennen. Die Zwischenüberschriften sind ausreichend groß, die Schriftart ist angenehmer zu lesen. Ich finde das Layout auch dem von D&D5 überlegen, was in meinen Aigen viel zu bunt und daher zu unruhig ist.
 
Die Illustrationen
Da gebe ich dir Recht. Die sind sehr durchwachsen. Beim Berlin-Band habe ich mich gegruselt, aber aus den falschen Gründen. :D
In alten englischen Cthulhu-Bänden aus den 80ern und 90ern gibt es tolle Schwarz-Weiß-Illustrationen. Die Cthulhu-NOW-Illustrationen waren genial, die Francois Launet ebenso.
Bei den modernen Sachen mag ich die pulpigen Illustrationen von Victor Leza, aber das passt auch nur zu Pulp-Cthulhu und artverwandtem. Ansonsten sind die Illus eher mau. Ich vermute auch Kostengründe. Illustrationen sind teuer, gute erst recht, und irgendwie müssen die niedrigen Preise zustande kommen.

 

 

 

 

Vielen Dank für diese spannenden EInblicke!
Zum Thema Community: Der Großteil ist, so wie ich das sehe aus dem wunderschönen html-Forum in andere soziale Medien (z.B. Discord) abgewandert.

 

Ja, das ist natürlich ein Punkt. Betreibt Pegasus nen Discord Server?

 

Ja, den Discord-Sever der Online-Convention CONspiracy. Da gibt es auch einen Cthulhu-Small-Talk, der sehr aktiv ist. (Aber wieder das Discord-Problem hat, dass es unübersichtlich ist. Foren sind strukturell Discord einfach überlegen.)

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Die Cover

Die jetzigen Cover finde ich bis auf Ausnahmen langweilig und generisch. Die alten Escher-Cover waren wie Wimmelbilder, auf denen ich auch nach längerer Betrachtung neues entdeckt habe. Außerdem hatten sie eine Mystery-Stimmung, die für mich perfekt zu Cthulhu passt. Ich finde, die Cover vermitteln den Eindruck eines Spiels, bei dem es um das Aufdecken von Verschwörungen und das Lösen von Rätseln geht. Das passt hervorragend zu meinem Spielstil, der weniger auf Horror als auf Mystery aus ist.

 

Ja, stimmt schon, was die Manfred Escher-Cover angeht, aber das geht mir mit den neuen Covern genau so. Ich wähne immer am Rande in den dunklen Schatten noch irgendwas Geheimnisvolle und die Bilder an sich sind so voller Details.

 

 

 

Das Layout

Das sehe ich ganz anders. Das jetzige Layout ist dem der 6. Edition überlegen. Es gibt keinen unruhigen Hintergrund mehr, die Textkästen sind immer als solche zu erkennen. Die Zwischenüberschriften sind ausreichend groß, die Schriftart ist angenehmer zu lesen. Ich finde das Layout auch dem von D&D5 überlegen, was in meinen Aigen viel zu bunt und daher zu unruhig ist.

 

Ja, wenn es bei Rollenspielbüchern um eine möglichst sachliche Literaturform handeln würde, bei der es primär darum geht, Texte schnell lesbar zu machen, dann hat das Layout mit Sicherheit seine Stärken. 

In meinen Augen geht es da bei einem Rollenspiel aber nur sekundär drum. Layout ist hier ein Element des visuellen Geschichtenerzählens. Bei einem P&P-Spiel ist das Layout und natürlich auch die darin eingebundenen Illustration das einzige Mittel, das dafür zur Verfügung steht. Das ist sozusagen das, was die gut Grafik bei einem Computerspiel ist. Das Layout von Cthulhu mag zwar die Informationen super clean transportieren, aber es erzählt überhaupt keine Story mehr. Vor allem dann, wenn es vollfarbig ist. Während vorher irgendwie immer das Gefühl da war, es mit einem alten Folianten zu tun zu haben (vor allem in dem Grundregelwerk, danach litt manchmal das hohe Niveau auch in Folgepublikationen). Jetzt schlägt man das Buch auf und die gesamte Immersion ist weg. Man ist in einem Rollenspielbuch. Die ganzen kleinen Gestaltungselemente, die verwendet werden, zum Beispiel das inflationär als Bullet-Point eingesetzte ältere Zeichen oder dieser unsägliche grüne Cthulhukopf unten rechts bei vielen Karten, sind so fantasielos eingesetzte Gestaltungselemente, die nicht dazu beitragen, den Mythos zu transportieren, sondern in gewöhnlich zu einem zufällig genutzten Dekoelement zu machen. 

 

Und ja, das Layout der 6. Edition war jetzt in modernen Maßstäben gemessen auch nicht das Geilste, dass es je gab. Aber es ist so bedauernswert, dass man mit der 7ten Edition nicht in Sachen Kreativität und Layout ne Schippe draufgesetzt hat und sich im Sinne des visuellen Geschichtenerzählens weiterentwickelt hat. Wenn man sieht, was möglich ist. Extrem gutes visuelles Storytelling im Horrorbereich betreibt zum Beispiel das neue Kult. Man schlägt das Buch auf und ist in der Immersion. 

 

Wenn ich ein Cthulhu-Buch öffne, möchte ich den fauligen Geruch des Mythos riechen können. Mit dem aktuellen Layout rieche ich nur den Duft abgestandenen Talges in einer sehr schlecht gelüfteten Nerdbude, in der jemand sein Fanzine auf nem alten 386er-Computer für den Nadeldrucker vorbereitet. Das ist nicht Cthulhu.

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Hinsichtlich des Layouts kann ich Synapscape‘s Meinung gut nachvollziehen. Allerdings sollte Lesbarkeit auch immer berücksichtigt werden. Und wenn dann das immersive Layout bei Kerzenlicht nicht mehr der Lesbarkeit diente, weil irgendein dunkler Tentakel über oder unter dem Text lag, dann war das einfach nur blöd.
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Ich fand deinen Beitrag auch unterhaltsam zu lesen Synapscape und ich denke, er fasst einige Änderungen der letzten Jahre sehr gut zusammen. Und in der Summe hat sich da ja wirklich einiges getan.

Als eine Person die fast so lange hier dabei ist wie du, die aber nie wirklich weg war, muss ich sagen, dass mich aber wenige der Entwicklungen irgendwie total überrascht hätten. Das Ende der Ära Heller hat zwangweise Veränderungen mit sich gebracht. Die Sterne stehen nie still und die Dinge wandeln sich. Manche Sachen sind dabei gut (ich bin auch erklärter Fan der Zusammenfassungskästen am Anfang der Szenarien), andere sind einfach eine Geschmacksfrage (ich bin nach wie vor begeistert von den Escher-Covern) und wieder andere sind dem Wandel geschuldet (Abwanderung von einigen ins dLG Forum, sehr aktive Discord-Server mit viel Cthulhu).

 

Gerade die aktuell verfügbare Bandbreite an cthuloiden oder Horror-Rollenspielen sehe ich zum Beispiel sehr positiv da sich die Spielansätze ja teils schon unterscheiden und dadurch auch Themen und Ideen abseits des "Call of Cthulhu Mainstreams" bedient werden können.

Gut, ich glaube, ich besitze inzwischen auch fast jedes Horror-RPG das es so gibt in irgendeiner Version, sei es KULT, Mythosworld, Vaesen, Delta Green, FHTAGN, Scherbenfresser, Unaussprechliche Kulte etc etc :huh::rolleyes:

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Gut, ich glaube, ich besitze inzwischen auch fast jedes Horror-RPG das es so gibt in irgendeiner Version, sei es KULT, Mythosworld, Vaesen, Delta Green, FHTAGN, Scherbenfresser, Unaussprechliche Kulte etc etc :huh::rolleyes:

Und wie Jane schreibt, ist die aktuelle Bandbreite an lovecraftesken Spielen recht groß. Ich selber bin mit der Laurin-Ausgabe eingestiegen (hab's aber nur gesammelt mangels Mitspieler), intensiv spiele ich Cthulhu aber erst seit der Pegasus-Veröffentlichung. Will heißen, ich hab auch schon diverse Veränderungen mitgemacht. Aktuell leite ich eine Mythos-World-Runde und es ist sehr unterhaltsam. Allerdings leite ich Cthulhu eher wie eine Mischung aus Ghostbusters und Akte X, der Wahnsinn spielt kaum und der Horror praktisch gar keine Rolle. Gespannt bin ich auf Trail of Cthulhu (deutsche Ausgabe), weil ich schon Erfahrungen mit dem Gumshoe-System habe und das recht gut fand.

Edited by Kreggen
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Hi Syna,

 

schön mal wieder was von dir zu lesen ;)

 

Zu zwei Punktrn hätte ich besonders Anmerkungen, daher kurz dazu:

 

Community

Ja, wenn du das Forum hier und jetzt mit dem alten CthulhuForu  vergleichst, dann fehtl da was...

Fing eigtl. mit dem Umzug hierhin an, den viele schon nicht mitgemacht haben, dann hat die DLG auch noch ein Forum

UND die Diskussionskultur ist heute eine gaz andere.

Früher gab es schon Trolle aber heutzutage habe ich das Gefühl, das sind die einzigen die noch im Netz unterwegs sind...

 

Wenn ich da an einige Diskussionen mit dir im alten Forum denke :rolleyes:

trotzdem sagte man später: "Scheiß drauf, lass uns ne Runde zocken! "

Heute wird das gefühlt alles sehr persönlich genommen, als hinge das eigen Leben davon ab (wobie es gerade mal ein digitales Selbstbild ist)...

 

FAZIT: Die Community hat sich ziemlich verzettelt, es gibt nicht mehr den einen Platz, wo ale dabei sind, sondern das Forum hier, das der DLG, diverse Facebook-Gruppen...

Einzig die AnRUFung ist ein Quasi-Nachfolger der DCC geworden, wo sich doch viele treffen...

 

 

Cthulhu Digital

Wenn ich mir die Anzahl der Cthulhu-Runden auf dem discord-Server von Pegasus (bzw. der CONspiracy) anschaue, muss ich da klar widersprechen:

https://discord.gg/ESqjXz4Q

bzw. die Runden, die derzeit für Cthulhu angeboten werden:

https://trello.com/b/DQW3k460/pegasus-spiele-conspiracy

 

Sieht momentan vielleicht mal wieder etwas leer aus, da Cthulhu-Runden nach 66 Minuten ausgebucht sind, aber da kommen die nächsten Tage noch Runden für die Conspiracy vom 18. bis 20. Juni!

 

Klar, Online-Runden sind noch kein Digitales Cthulhu, aber es gibt ja auch noch Seiten wie Astral TT oder Roll20, die Vorlagen für Cthulhu haben und auch von einigen genutzt werden.

 

Soviel erstmal,

bis neulich dann,

SWC

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Iä Synapscape,

 

mir gefiel Deine Beschreibung der aktuellen Situation sehr gut, auch gut zu lesen, weder zu lang noch zu kurz, und ich stimme Dir in allem zu, außer einem kleinen Punkt, da muss ich vehement widersprechen:

 

Das Layout simpel aber dennoch handwerklich gut und optisch ansprechend sein kann, zeigen Publikationen für D&D 5e

Dass Layout simpel aber dennoch handwerklich gut und optisch ansprechend sein kann, ist absolut korrekt, aber die Publikationen für D&D 5e sind das Gegenteil. Ich sage nur Flattersatz. Der ist simpel, ja, aber weder handwerklich gut noch optisch ansprechend. Sowas kaufe ich nicht.

 

Wie auch immer,

Willkommen zurück und gute Nacht.

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Das Layout

Das sehe ich ganz anders. Das jetzige Layout ist dem der 6. Edition überlegen. Es gibt keinen unruhigen Hintergrund mehr, die Textkästen sind immer als solche zu erkennen. Die Zwischenüberschriften sind ausreichend groß, die Schriftart ist angenehmer zu lesen. Ich finde das Layout auch dem von D&D5 überlegen, was in meinen Aigen viel zu bunt und daher zu unruhig ist.

 

Ja, wenn es bei Rollenspielbüchern um eine möglichst sachliche Literaturform handeln würde, bei der es primär darum geht, Texte schnell lesbar zu machen, dann hat das Layout mit Sicherheit seine Stärken. 

In meinen Augen geht es da bei einem Rollenspiel aber nur sekundär drum. Layout ist hier ein Element des visuellen Geschichtenerzählens. Bei einem P&P-Spiel ist das Layout und natürlich auch die darin eingebundenen Illustration das einzige Mittel, das dafür zur Verfügung steht. Das ist sozusagen das, was die gut Grafik bei einem Computerspiel ist. Das Layout von Cthulhu mag zwar die Informationen super clean transportieren, aber es erzählt überhaupt keine Story mehr. Vor allem dann, wenn es vollfarbig ist. Während vorher irgendwie immer das Gefühl da war, es mit einem alten Folianten zu tun zu haben (vor allem in dem Grundregelwerk, danach litt manchmal das hohe Niveau auch in Folgepublikationen). Jetzt schlägt man das Buch auf und die gesamte Immersion ist weg. Man ist in einem Rollenspielbuch. Die ganzen kleinen Gestaltungselemente, die verwendet werden, zum Beispiel das inflationär als Bullet-Point eingesetzte ältere Zeichen oder dieser unsägliche grüne Cthulhukopf unten rechts bei vielen Karten, sind so fantasielos eingesetzte Gestaltungselemente, die nicht dazu beitragen, den Mythos zu transportieren, sondern in gewöhnlich zu einem zufällig genutzten Dekoelement zu machen. 

 

Und ja, das Layout der 6. Edition war jetzt in modernen Maßstäben gemessen auch nicht das Geilste, dass es je gab. Aber es ist so bedauernswert, dass man mit der 7ten Edition nicht in Sachen Kreativität und Layout ne Schippe draufgesetzt hat und sich im Sinne des visuellen Geschichtenerzählens weiterentwickelt hat. Wenn man sieht, was möglich ist. Extrem gutes visuelles Storytelling im Horrorbereich betreibt zum Beispiel das neue Kult. Man schlägt das Buch auf und ist in der Immersion. 

 

Wenn ich ein Cthulhu-Buch öffne, möchte ich den fauligen Geruch des Mythos riechen können. Mit dem aktuellen Layout rieche ich nur den Duft abgestandenen Talges in einer sehr schlecht gelüfteten Nerdbude, in der jemand sein Fanzine auf nem alten 386er-Computer für den Nadeldrucker vorbereitet. Das ist nicht Cthulhu.

 

 

Sorry, da bin ich überhaupt nicht bei dir.

Cthulhu ist ein Rollenspiel und somit für mich ein Nutztext. Pegasus bastelt schon ein eigenes Layout und und ich empfinde das Layout der deutschen Fassung noch zu verspielt. Sieht man von den Rändern ab, ist das englische Original noch sauberer und für mich klar überlegen.

 

 

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