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Zauber stimmungsvoll beschreiben


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Hallo liebes Forum,

 

ich konnte meine Gruppe mal wieder davon überzeugen vom DnD wegzukommen und eine Runde Cthulhu zu spielen. Ich habe nur festgestellt, dass ich eine arge "Kreativitätsblockade" habe, was das stimmungsvolle Beschreiben von Zaubern im Cthulhu-Universum angeheht. Das Wirken des Zaubers ist ja eine selstsame verstörende Erfahrung für den Menschen und genau dieses Gefühl will ich ausdrücken. Ich habe leider bisher nichts passendes gefunden, was mir bisher weitergeholfen hat. Daher rufe ich euch auf hier eine kleine Sammlung aufzustellen, wie ihr in vergangenen Spielen Zauberei gestaltet hat. Waren es Anrufungen mit Singsang oder irgendein finsteres Ritual? (Halt nicht dieses typische Fantasie-Klischee: "Ich schmei?' nen Feuerball." wie man es aus anderen Systemen kennt^^)

 

Die Zauber, die in meine engere Auswahl für das Spiel gekommen sind, sind "Lebensdieb", "Demaskiere Dämon" und "Banne Monster". Wobei Lebensdieb ein Zauber ist, den ein alter böser Mann/kultist einsetzt um sich noch ein paar Jahre zu "erkaufen". Hierbei kommt es mir auf eine Beschreibung des Hergangs ein, den ich den Spielern beschreiben kann, wenn der Kultist seine Opfer damit behandelt (sollten sie es beobachten).

 

Ich hoffe hier kommt was zusammen.

Varg

 

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Hallo lieber Ketzer,

 

gegen kreative Blockaden hilft nur eins: Stell dir die Szene und insbesondere die Zaubernden vor: Aus welcher Tradition kommen sie, welcher Art von Magie hängen sie an? Welcher Glauben lä?t sie einen unvorstellbaren Schrecken ein trockenes 'Zurück mit dir in deine Hölle!' entgegenschreien?

 

Geht das nicht so auf Anhieb, dann schau mal zum Thema 'Magie' ins Internet. Da Cthulhu in der 'realen' Welt spielt, hast du dort eine Menge Material. Beispielsweise war in den 1920ern der Orden des Golden Dawn aktiv mit dem Glauben an eine überlieferte Tradition, in Deutschland auch Freimaurergruppen , die Thelemiten mit dem Glauben das eigene Schicksal zu bestimmen, in den 1990ern auch Chaosmagier, Asatru und was wei? ich nicht alles.

Stammt der Magier vielleicht aus dem asiatischen Kulturkreis und ist ein Taoist, ein wehrhafter Shaolin oder Mitglied einer indischen Sekte?

Das Thema Sekten, egal ob indischen oder christlichen Ursprungs ist überhaupt recht ergiebig.

 

Das Thema 'Lebensdieb' wurde beispielsweise im Szenario 'Gestohlene Leben' mit Artefaktmagie behandelt.

 

Die Zauberbeschreibung für 'Demaskiere Dämon' im Spielleiterhandbuch ist bereits recht detailiert. Gefällt sie dir nicht, dann überleg dir einfach für 'deine' Magietradition etwas vergleichbares.

 

'Banne Monster' würde ich definitiv an der Person des Zaubernden festmachen. Glaubt er an die Macht in bestimmte Metalle geprägter Zeichen wie z.B. im henochischen System?

 

Ein Klassiker in Cthulhu ist der Glauben an das Wissen in alten magischen Büchern. Mittelalterliche Grimoires, die es im Internet zu Hauf gibt, sind dafür eine tolle Vorlage.

 

Für afrikanische Stämme, Bergvölker und dergleichen bieten sich auch Schamanen an, die mit allem möglichen Hilfsmitteln arbeiten. Halozinogene Substanzen könnten den Weg in die Geisterwelt öffnen, im Zusammenhang mit CoC aber so einiges abgründiges zu Tage fördern. In Amerika war Carlos Castaneda recht populär, in Europa gibt es heute u.a. freifliegendes Volk...

 

Es ist egal, ob deine Magier die Welt als täuschenden 'Schleier' oder als 'Krone der Schöpfung' begreifen, ob sie von Gott (oder einer anderen höheren Macht) gesandt wurden oder nur experimentierfreudige Teens sind, die nicht wirklich glauben, das diese 'albernen Beschwörungen' etwas bewirken können. Das wichtige ist (um aus Serenity zu zitieren): egal woran du (NSC) glauben willst, glaube an etwas!

 

Gru?

ptokremin

 

 

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@ptokremin:

Kleine Notiz am Rande: Der "Hermetic order of the Golden Dawn" existierte in den 1920ern schon eine kleine Weile nicht mehr. Der passt eher in das 1890er-Setting. Höchstens ein paar Nachfolge-Organisationen.

 

Wie sich Okkultisten Magie vorstellen, kann man in Original-Aufnahmen von Crowley ein bisschen erahnen:

 

 

 

Das erste Video enthält auch einen Text in der sogenannten henochischen Sprache, einer angeblichen Sprache der "Engel", die von John Dee (joah, der, dem auch die ecronomicon-?bersetzung angedichtet wird) "entdeckt" wurde.

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Die Requisiten und die Umgebung nicht vergessen... gerade im westlichen Raum ist die Vorstellung von Zauberritualen doch meist an bestimmte Mondphasen (o.ä.), Ritualgegenstände (Kelche, Dolche, Schwerter usw.), Edelsteine, Kerzen (gleich Kartonweise), jede Menge wallendes Tuch, Kreide für magische Symbole, Kreise usw. geknüpft... das ganze muss natürlich vorher noch mit entsprechenden Riten geweiht werden.

meistens passiert das dann Nachts (Mondphasen), oder der Himmer verdunkelt sich, oder es fängt an zu regnen

 

so viel zu den Klischees ;)

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Nun, ich gehe mal davon aus, dass sich Arcana Cthulhiana nicht in deinem Besitz befindet, da ein gro?er Abschnitt darin eben dein Problem behandelt. Deshalb schneide ich nur mal kurz das Grundkonzept an:

Magie in Cthulhu ist Plot, nicht Werkzeug. Dieses Paradigma verdeutlicht u.a. schon den elementaren Unterschied von cthuloider Magie und Magie in anderen (Fantasy-) Systemen, wie eben D&D:

In der Welt von DSA, D&D, Shadowrun etc. ist Magie ein allgemein anerkanntes Mittel zur Problemlösung. Es gibt Personen, die speziell auf den Einsatz von Magie geschult sind (Magier, Schamanen, Druiden...) und diese wie selbstverständlich kontrollieren und einsetzen. Ebenso denken auch die Spieler - einen zu Blitz werfen ist nicht ungewöhnlicher als eine Wand hochzuklettern oder ein Schwert zu schwingen.

 

Magie bei Cthulhu ist etwas, was eigentlich nicht sein darf. Sie ist immer chaotisch. Sie lässt sich nie kontrollieren. Und sie ist dem menschlichen Verstand elementar entgegengesetzt, was auch der Grund ist, weshalb es keinen geistig gesunden Zauberer gibt.

 

Genau das musst du deinen Spielern vermitteln. Dafür gibt es zwar kein Patentrezept, jedoch ein paar gute Anhaltspunkte:

Als allererstes, gib niemals den "Klarnamen" an die Spieler raus, wenn du einen Zauber verwendest. Mal abgesehen davon, dass "Beschwöre/Binde Dunkeldürre" atmosphärisch gesehen Mist ist, es gibt kein Institut für cthuloide Normung. Zauber sind wenn überhaupt aus den wirren Aufzeichnungen von Kultisten o.ä. zu entnehmen - und da wirst du kaum 2 Menschen (?) finden, die einen Zauber gleich benennen und gleich beschreiben...womit wir schon beim zweiten Punkt wären: Berechenbarkeit. Die Spieler dürfen niemals das Gefühl der Kontrolle bekommen. Und wenn, dann nur um es ihnen im nächsten Augenblick grausam zu entrei?en. Keine zwei Durchführungen eines Zaubers dürfen gleich sein. Es muss immer eine oder mehrere Unbekannte geben, die sich einfach nicht kontrollieren lassen. Konkret wären das z.B. völlig willkürliche Auswirkungen auf Naturgesetze (Schwerkraft wird kurzzeitig au?er Kraft gesetzt/verstärkt oder plötzliche Sprünge in Zeit und/oder Raum), körperliche Symptome (seltsamer Ausschlag, Verlust von Erinnerungen) oder auch diverse Poltergeist-Effekte.

 

Sehr verstörend wirkt auch, wenn der Zauber langsam beginnt, Kontrolle über den Zaubernden zu erlangen. Eine Spielerin bei mir hatte ihrem Charakter mal einen Beschwörungszauber einpflanzen lassen und war dann nach dem ersten erfolgreichen Einsatz davon überzeugt, die Ultimativlösung für das Abenteuer im Sack zu haben. Tja. Bis sie dann nach und nach die Kontrolle über das Zaubern verlor und an allen unpassenden Stellen anfing, fremde Wesen zu beschwören, ohne etwas dagegen tun zu können. Sogar im Schlaf fing sie dann an, die Formeln zu murmeln, was den Rest der Gruppe in reine Nervenbündel verwandelte, da sie die ganze Zeit mit dieser tickenden Zeitbombe rumlaufen mussten :D

 

Was die Durchführung selber betrifft; auch hier muss klar werden, dass es sich nicht um eine Seance von ein paar Hobbyokkultisten handelt, sondern um einen Vorgang, der allem Menschlichen entbehrt. Dementsprechend soll es auch beschrieben werden. Ausufernde Rituale und Gesänge sind immer eine gute Möglichkeit, allerdings würde ich davon abraten, Formeln oder Texte fertig auszuformulieren - damit entmystifizierst du nur das Geschehen. Gute Hintergrundbegleitung ist auch nicht verkehrt - sehr gerne von mir eingesetzt "Sine Nomine" von Qntal auf der zweiten Qntal-CD (mir fällt der Name gerade nicht ein).

Effekte für den Zaubernden und die Zuschauer gibt es hier zuhauf, dir fällt da sicher auch etwas ein (denk daran, es geht an die Substanz). Die Umstehenden könnten plötzlich das Gefühl bekommen, das irgendetwas sich im Raum manifestiert und versucht, in ihr Bewusstsein einzudringen. Der Zaubernde könnte merken, wie sich Gedanken, die nicht die seinen sind, ihren Weg ins Gehirn bahnen und glückliche Erinnerungen (z.B. Kindheit) verdrängen. Auf dem Höhepunkt des Rituals könnte ihn plötzlich unendliche Erkenntnis übermannen - er begreift, warum Licht Welle und Teilchen ist, bevor sein Gehirn ihn vor dem Wahnsinn bewahrt und abschaltet.

Auch Stunden/Tage nach dem Zauber könnten sich immer noch Effekte bemerkbar machen: Tiere fliehen vor dem Zaubernden oder verhalten sich ungewöhnlich aggresiv. Andere Menschen begegnen ihm grundsätzlich feindselig und wollen so wenig Zeit wie möglich in seiner Nähe verbringen "weil einem dieser leere Blick einfach Angst macht". Technische Gerätschaften in seiner Hand gehen ständig kaputt oder zeigen unerklärliche Fehlfunktionen (Feuerzeug geht nicht mehr aus)...

 

Naja, ich hoffe, dass dich das irgendwie weiter bringt^^ Ansonsten kann ich nur den Quellenband Arcana Cthulhiana empfehlen, nicht zuletzt auch aufgrund den nicht-mythosbezogenen Inhalten.

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Original von Synapscape

Kleine Notiz am Rande: Der "Hermetic order of the Golden Dawn" existierte in den 1920ern schon eine kleine Weile nicht mehr. [...] Höchstens ein paar Nachfolge-Organisationen.

 

Stimmt (die vielen mir nur als erstes zum Stichwort 'Ritualmagier' ein). Wobei die Nachfolger durchaus ergiebig sein können.

Das ist aber nur EINE Spielart von Magiern, wenn auch die wohl bekannteste.

 

Weitere interessante Beispiele finden sich unter Künstlern wie A. O. Spare.

Ein schönes Szenario zu einem (eher unfreiwillig) zaubernden Künstler ist für mich 'Blues für Marnie'.

 

Welche Rolle Schamanen im 20. Jahrhunderts auch gespielte haben mögen, die Stichworte Besessenheit sowie Tanz und Trommeln bis zu Extase (woher kommt eigentlich das Wort Veitstanz) sollten einen Blick wert sein.

 

Anregungen für Riten kannst du dir auch von Mystikern und Orthodoxen holen, egal ob sie Hindus, Buddhisten, Thaoisten, Moslems, Christen oder Juden sind.

 

Kurz und gut: Es muss nicht immer der Gesang in Robe mit magischen Insignien sein.

 

 

Sehr verstörend wirkt auch, wenn der Zauber langsam beginnt, Kontrolle über den Zaubernden zu erlangen.

Genau!

Kontaktzauber müssen z.B. kein Telefon sein, bei dem alles gesagt ist, wenn der Hörer in der Gabel liegt. Sie können dem Char auch verdeutlichen, dass er so langsam den Kontakt zu seiner Umwelt verliert. Was ist, wenn der gro?e Schlafende den Studierenden bemerkt, der sich mit der ?bersetzung eines Zaubers abmüht, welcher nur am Range zum 'in die richtige Stimmung kommen' eine Anrufung enthält und sich zu den unpassensten Momenten meldet? :D

 

Spiel mit den Wahrnehmungen der Charaktere wie Amenaza andeutet. Drogen und Magie können einen oder auch mehrere Sinne kurzfristig mit nicht brauchbaren Signalen füttern: (Neben-)Wirkungen und Entzugserscheinungen von Drogen könnten hierfür als Anregung dienen, von Deja-Vues über Hallus bis hin zu Flash-Backs. Bedrohungen können dabei grö?er oder kleiner werden.

Hauptsache es lauern reale Gefahren darin...

 

Gru?

ptokremin

 

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"Arcana Cthulhiana" wandert auf jeden Fall auch mal auf den Einkaufszettel.

 

Kann nur bestätigen, das sich das Buch lohnt, insofern man mit Magie im Spiel arbeitet.

Eigentlich bin ich kein Freund von Zaubersprüchen im Spiel, aber im "Arcana Cthuliana" stehen ein paar echt gute Beispiele drin, wie man Zauber extrem atmosphärisch in den Kontext des Spieles einbauen kann. ;)

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Ich danke euch allen für die schönen Antworten, hat mir einiges an Arbeit erspart mein Abenteuer vorzubereiten.

 

Wo hier auch die Magiepunkte angesprochen wurden, haltet ihr es für sinnvoll den Spielern nicht zu erzählen wieviel Schaden sie haben oder wieviele Magiepunkte ihnen noch bleiben? Führt das eher zu Frust oder erhöht es das Cthulhu Erlebniss? Hat jemand Erfahrungen damit?

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Bei Unknown Armies ist das standardmä?ig so, dass der SL die Lebenspunkte verwaltet und die Spieler keinen Einblick in die Liste besitzen. Meiner Erfahrung nach (und auch nach dem Feedback meiner Spieler) erhöht diese Methode das Spielerlebnis, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass du gut beschreiben kannst was Schmerz und Verletzungen betrifft, da deine Beschreibung das einzige ist, was den Spielern dann noch als Anhaltspunkt bleibt. Für Magiepunkte gilt das Gleiche. Meines Wissens nach gibt es sogar einen Vorschlag in Arcana Cthulhiana, dass manche Zauber als zufälligen Nebeneffekt oder bei Fehlern in der Durchführung mehr MP kosten als angegeben. Diese Mehrkosten teilst du aber nicht mit, sondern merkst sie dir, bis der Spieler soviel ausgegeben hat, dass er mit diesen Mehrkosten ohnmächtig werden würde. ?berraschung!

:D

 

Die Stabilitätspunkte würde ich allerdings nicht geheim verwalten (sieht man mal von dem Aufwand ab, pro Spieler drei Punktestände zu führen) - mir als Spieler (wenn ich mal ausnahmsweise zum Spielen komme) ist mein STA - Stand sehr wichtig zu wissen, wenn es darum geht, meinen Charakter auszuspielen. Davon abgesehen kann man eine Schusswunde wohl wesentlich besser beschreiben als den Verlust von 5 STA Punkten.

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