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[Nightmare Files] Kapitel 6 - Der lachende Tod


Der Läuterer
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Fast scheint es so, als würde die Finsternis massiv gegen das Licht ankämpfen wollen und sich gegen sein Eindringen in den Raum zur Wehr setzen. Dann aber treibt das Licht von Matilde's Lampe die Düsternis langsam und mühselig zurück, so wie zäher Schleim sich der Flut zu widersetzen scheint, dann aber doch langsam fortgespült wird. Und das Licht vertreibt sie in die dunklen Ecken des Raumes und dorthin, wo der Schein der Lampe im Augenblick nicht hinreichen kann. Aber sobald die Lampe in eine andere Richtung zeigt, kehren sie schnell, mit einem kalten, lautlosen, triumphierenden Kreischen, an ihren angestammten Platz zurück, um sich dort nur noch stärker festzusetzen, wie ein zäher Klumpen Teer.

 

Matilde erschaudert.

Dein Blick hastet unstet durch den Raum.

Für Matilde

Der Raum kommt Dir seltsam bekannt vor. Ein Grab. Ein Bett. Ein Stuhl. Du weisst es nicht. Aber fast kannst Du es greifen... und dann siehst Du ihn vor Dir... einen Schaukelstuhl. In der Lodge. DEN Schaukelstuhl.

 

DAS IST DAS ZIMMER DES MARQUIS...

LA MAIN DROITE... HANS SCHICKSAL... DER RING...

DER RAUM... der fast zu Deinem Verhängnis geworden wäre...

Du hörst die Stimme. Diese eine Stimme. Die Stimme des Marquis...

 

Der Schaukelstuhl wippt. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück...

"Enchante, Mademoiselle. Je suis tres heureux de faire votre connaissance..."

Der Schaukelstuhl wippt. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück...

"Je suis Marquis Le Sang de Roquetaillade, Mademoiselle. Prenommer mois. Je m'appelle Julien."

Der Schaukelstuhl wippt. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück...

"Tres charmante. Tres seduisante. Tres fascinante. Quelle beaute captivante."

Der Schaukelstuhl wippt. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück...

 

Dann schnüren Dir die massigen Hände von Gustave die Gurgel zu und rauben Dir den Atem.

 

 

Clive untersucht die Schalen.

Eine der Schalen ist zur Hälfte mit einer Flüssigkeit gefüllt... eine zähe, braun-rote Flüssigkeit.

Und Du hast keinen Zweifel, dass es sich dabei um Blut handelt... etwa ein knapper halber Liter.

Der Geruch ist unverkennbar metallisch.

 

Paul hält einsam sein Streichholz hoch, das die Dunkelheit nicht zu durchdringen vermag.

Du steigst über die Kissen, gehst an den Wänden entlang... bis Du ein Dutzend Streichhölzer verbraucht hast. Die lächerlichen, kleinen Flämmchen zucken kaum. Kein Lüftchen. Kein Luftstrom. Nichts. Gar nichts.

 

Der Rauch aus der zweiten Schalte windet sich fast unmerklich durch die Luft. Wie Tentakeln winden sich die Rauchschwaden in Clive's Kleidung. Wie beseelte Ranken. Finger... Streichen über Deine Lippen. Kriechen in Deine Ohren. Wühlen Dir durch Dein Haar. Und reizen Deine Nase. Rauben Dir fast den Atem...

 

Dann hört Ihr, wie etwas Metallisches im Raum zu Boden fällt und Glas zerbricht...

 

Etwas fällt schwer zu Boden und das Licht im Raum verlöscht... um kurz darauf als hell loderndes Feuer wieder den Raum zu erhellen...

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Erschrocken springe ich vom Tisch zurück und stolpere fast über eines der Kissen, als der Rauch nach mir zu greifen scheint.

 

"In der einen Schale ist Blut! ... Hier scheint eine düstere, blasphemische Zeremonie durchgeführt worden zu sein!"

 

Dann höre ich das Glas zerschellen. Panik steigt in mir auf, als die Finsternis den Raum zurückerobert.

 

Als das Feuer ausbricht, sehe ich dankbar die Schatten enttäuscht zurückweichen. Gleichzeitig weiß ich, dass die Flammen das ganze Haus erfassen könnten, wenn wir nicht einschreiten. "Aber ist das Haus nicht ohnehin verloren?", frage ich mich. "Wird es nicht entweder den Schatten oder den Flammen zum Opfer fallen. Dann sollen lieber die Flammen diesen verfluchten Ort reinigen."

 

Ich spiele mit dem Gedanken, das Feuer weiter zu nähren, den Tisch und die Kissen den Flammen zu übergeben.

 

"Ich muss meinen Koffer bergen!", schießt es mir durch den Sinn.

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Ich stehe auf, mir ist schwindelig.

Was zum Teufel war los.? ich...

ER.

Sein perverses Lächeln steht wieder vor meinen Augen.

Mein Magen verkrämpft sich.

Wieso denn das jetzt?

ER. IST. HIER.

Blödsinn..

Ich spüre den Schmerz.

 

Verdammt.

 

Ich sehe wie die Flammen blitzschnell in meineRichtung kommen, und dann mein Kleid erfassen.

 

Ich schreie kurz, springe auf.

 

"In der Schale ist Blut!..."

 

Ich nehme sie, und schüttele die dicke Flüssigkeit auf das Feuer.

 

Auf mich.

 

Da sind wir wieder.

 

Alles ist voller Blut..

Edited by Nyre
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Du greifst geistesgegenwärtig nach der Schale mit dem Blut.

Das Blut. Der Lebenssaft. Und Du WILLST leben...

Du giesst die Schale aus. Über Dein brennendes Kleid und auf den Boden.

 

Das Blut ist älter, schon fast geronnen. Zäher Schleim. Klumpiger Teer.

 

Du wirst brennen. Hexe. Für all die Morde, die Du begabgen hast. Für all die Leben, die Du genommen; die Du ausgelöscht hast... Du wirst in der Hölle schmoren bis in alle Ewigkeit... weil Du es verdient hast. Mögen die reinigenden Flammen Dein sündiges Fleisch verzehren. Nichts kann Dich mehr retten. Nichts. Und nichts darf übrig bleiben. Nichts. Gar nichts.

Edited by Der Läuterer
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Im Licht der Flammen sieht man ein Bild an der Wand hinter Matilde.

 

Ein Gemälde? Nein, nur eine Zeichnung... schwarz-weiss... rot-golden schimmernd im Schein der Flammen... etwa einen Quadratmeter gross... überlebensgross... Kohle oder Kreide... wer weiss.

 

Auf dünnem Papier... zerbrechlich... beinahe transparent. Grob skizziert... wie aufgrund eines einzigen flüchtigen Blicks... oder eines Fotos? Unbedeutend!

 

Die Zeichnung zeigt einen Mann... einen jungen Mann... ein Portrait. Gut aussehend. Schlank. Ein Militär. Ein Leutnant? Ein Hauptmann? Vielleicht.

 

Paul erkennt den Mann sofort.

Wie sollte er ihn auch vergessen. Ihn jemals vergessen können. Denn Paul war es, der ihn erschuf.

 

Quer über das Bild ist etwas in braun-roter Farbe geschrieben worden. Grob... undeutlich... schwer entzifferbar... aber dennoch leserlich... von den Flammen beleuchtet...

ZUR HÖLLE MIT DEM TEUFEL

...bis die züngelnden Flammen darüber lecken und es verzehren... zu Asche verbrennen.

 

So, als sei es niemals da gewesen!

Edited by Der Läuterer
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Und da ist nichts mehr als die Lanze, die aus meinem Rachen schießt, nichts als die wunde Spitze, scharf und tödlich, schmerzhaft und unerbittlich. Ich taumle, eine Hand an der Wand, das Streichholz versengt meine Finger und fällt wie eine verkohlte Motte zu Boden, kein Luftzug, schwarz, dämonisches Schwarz - gefolgt ist es uns aus den ALpträumen in Norwegen und ich wusste, dass dieser Tag kommen würde, es ist überall und es schluckt das Licht, um größer zu werden. Ich winde mich gegen die Wand, um außerhalb der Reichweite des Schattens zu sein - die Lanze zerbricht und aus beiden Hälften krächze ich: "Friss mich Dunkelheit, lass mich nie geschehen sein!"

 

Tränen fließen in Strömen über meine Wangen und beinahe will ich erneut die Lanze in die Ohren meiner Gefährten spießen, sollen sie doch teilhaben an meinem Leid! Ich schreie. Schließe die Augen (zur Hölle), schüttel den Kopf (mit dir), beinahe zittert er in Ekstase (PAUL!) ... Dann werde ich ruhig. Ein sämiger Geruch nach Blut schüttelt die Lethargie des Raumes, es schwemmt meine Gedanken hinfort, hinfort und ich sehe mit gelindem Interesse, wie sich über Matilde eine blutige Sintflut ergießt, so wie sie es sich wohl auch immer schon gewünscht hat. Ich grinse, dann lache ich, die Lanze ist stumpf, aber zermürbend: "Wir haben das Wasser aus Blut und die Finsternis" Ich knicke zusammen vor Lachen und merke, dass ich einer Hysterie gefährlich nahe bin. "Dann wäre ich der Erstgeborene ... Und DWIGHT würde mich ermorden." Nun sitze ich vor Lachen verkrampft an der Wand und schaue hoch und sehe ...

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"Oh, das ist ja toll!" rufe ich angenervt.

der einer lacht histerisch, der anderen..steht an die Wand?

 

"Paul, was soll den MIST? Reiss dich zusammen!"

Edited by Nyre
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Ich sehe, wie um mich herum alles außer Kontrolle gerät. Mr. Anderson scheint nun vollkommen dem Irrsinn verfallen und ergeht sich in wirren Bildern. Offensichtlich ist er zu keiner vernünftigen Handlung mehr in der Lage. Und ebenso offensichtlich ist jede Hoffnung für ihn, bald entlassen zu werden, gerade den lodernden Flammen anheim gefallen.

 

Die Flammen züngeln von dem petroleumgetränkten Teppich nach neuer Nahrung und was zunächst nur ein Fleck war, beginnt sich langsam auszubreiten. Ein beißender Qualm erfüllt den Raum und schmerzt in Hals und Lunge. Als ich in die Flammen schaue, steigen Bilder von einem brennenden Dorf aus meiner Erinnerung auf. Die Finsternis tanzt in den Schatten des Urwaldes um das Dorf, so wie hier um uns. Andersons wildes Lachen verschmilzt in mir mit dem Lachen des 'Herzens der Finsternis'. Aus weiter Ferne meine ich die Schreie von damals zu hören.

 

So wie vor langen Jahren erstmals im Kongo führt das entfesselte Grauen um mich herum meinen Verstand nicht in die Hysterie, sondern auf einen gänzlich abgeklärten Pfad des fast automatisierten Handelns. Ein innerer Schild hebt sich und lässt nicht zu, dass das Geschehen mich schon jetzt emotional mehr als oberflächlich berührt. In meinem Kopf geht es alleine um die Analyse der Notwendigkeiten und realistischen Handlungsoptionen. Ich weiß, dass der Schild bald wieder sinken wird und dann alles auf mich einströmen wird, aber noch nicht jetzt! Jetzt noch nicht.

 

Mir wird bewusst, dass die Schreie nicht alle aus meiner Erinnerung stammen. Die Flammen am Kleid der Contessa sind noch nicht vollständig erloschen. Jetzt vermag das Blut auf dem Kleid mich nicht zu berühren. Aber ich weiß, dass dieses Bild der blutbesudelten Contessa im flackernden Schein der Flammen mich nicht verlassen, sondern sich zu den vielen anderen Bildern von Blut und Tod in meiner Erinnerung gesellen wird. Und ich ahne, dass der Anblick der Contessa dieses eindrucksvolle Bild künftig in mir wieder und wieder zurückrufen wird. Doch im Augenblick verhindert der Schild, Bedauern über meinen inneren Verlust des ersten Eindrucks von der Contessa zu empfinden. Besonnen ziehe ich die rote Decke unter der Schale mit dem Räucherwerk hervor.

 

Ich beginne nach den Flammen am Kleid der Contessa zu schlagen, um diese zu ersticken.

Edited by Joran
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Ich kichere. "Oh Matilde ..." Ich vergrabe mein Gesicht in den Händen. "Es ist nur ..." Noch bebt meine Brust leicht vor Lachen. Ich lasse meine Hände sinken und schaue zu ihr. "Ich erwarte jeden Augenblick aufzuwachen, denn das hier könnte nicht surrealer werden." Wieder will ich anfangen zu lachen, doch ich kann es relativ gut unterdrücken. Das Blut dreht mir den Magen um. Trotzdem schaffe ich, auf die Beine zu kommen.

"Ich vermisse London und mein altes tristes Leben. Denn da konnte ich mir verstecken, konnte so etwas der Fantasiewelt zuschreiben. Ich habe meinen Job gemacht, und ich hatte etwas, was sich wie Normalität angefühlt hat. Das hier ist nicht NORMAL!" Meine Stimme hebt sich. "NICHT NORMAL!" Ich schlage mit der flachen Hand gegen die Wand. "Ich kann noch so häufig erkennen, dass Rick tot ist, dass Hasan mich verlassen hat, dass ich Freya nicht liebe, dass DWIGHT in mir steckt - ich kann all diesen psychologischen Müll erkennen, kann sehen, dass uns eine unbegreifliche Macht weitertreibt. JA! Aber was bleibt dann? Matilde, was bleibt dann von mir übrig? Ich werde niemals mehr normal werden. Nichts auf der Welt kann mich retten. Denn das Leben beschreibt stets diesen einen Kreis." Ich funkle sie an, dann Savage. Ich zittere. Mein Ausbruch hat an meinen Kraftreserven gezehrt. 

 

Ich stakse weiter eine Straße voller Alpträume. Jede Tür hat seinen Schloss und ich habe den Schlüssel. Ich kann sie befreien oder ich kann aufgeben. Endlich aufgeben. Wäre das nicht schön? Habe ich das nicht verdient ...? "Entschuldigung", presse ich hervor. "Für alles, alles, was ich gesagt habe. Ich meinte es nicht so. Ich ..." Ich fahre mir durch die Haare und dann lächle ich. Ruhig und entspannt. "Es geht wieder."

Edited by Blackdiablo
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Mein innerer Schild verhindert, dass ich die folgenden Worte angesichts der offensichtlichen Überforderung von Mr. Anderson unausgesprochen lasse oder aus Mitleid abmildere:

 

"Nein, Mr. Anderson, letztlich kann nichts auf dieser Welt Menschen, wie wir es sind, retten", bestätige ich Andersons Befürchtung.

 

"Früher oder später holt die Finsternis uns ein. Wir können sie allenfalls kurzfristig zurückdrängen, nicht besiegen. ...

 

Aber manchmal gelingt es uns immerhin, andere zu retten und vor der Finsternis zu bewahren ..."

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Geistesgegenwärtig hat Clive mit der Decke zuerst das Feuer auf Matildes Kleid und dann auch am Boden erstickt. Matilde hat grosses Glück gehabt.

 

Das Kleid ist zwar gänzlich ruiniert, aber ausser einigen Rötungen und Brandblasen, am Spann des linken Fusses und an beiden Unterschenkeln, hat Matilde nicht viel abbekommen. Die Wunden sind aber recht unangenehm und werden sicher einige Tage schmerzen, aber Deine Beweglichkeit nicht sehr behindern.

 

Das Zimmer ist jetzt in absolute Dunkelheit getaucht und nur sachte traut sich das spärliche Licht vom Flur über die Schwelle des Zimmers zu treten.

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Mit einem leichten Bedauern sehe ich die letzte Glut im Teppich verglimmen.

 

Die Dunkelheit hat den Raum wieder erobert.

 

Resigniert erwarte ich die Rückkehr der tieferen, lebenden Finsternis aus den Schatten. Anders als die Flammen lassen sich diese Schatten nicht so einfach mit einer Decke vertreiben.

 

Schon meine ich die tastende Berührung zarter Gespinste auf meiner Haut zu spüren, feinste Adern, durch die das Herz der Finsternis sein schwarzes Gift verbreitet...

Edited by Joran
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Als Clive schwungvoll die Decke von dem runden Tisch zieht, fällt die Schale mit den Räucherwaren um, doch unbeirrt steigt der Rauch weiter aus der Schale auf, als sei er von einer unsichtbaren Macht beseelt worden.

 

Jetzt in der Dunkelheit...

...jetzt seht Ihr den Rauch nicht mehr... aber Ihr nehmt ihn weiter wahr. Er riecht intensiv. Seine Schwaden züngeln wie eine Schlange, aber ohne zu zischen. Ihr spürt den Rauch, ohne ihn wirklich wahrnehmen zu können. Viper oder Natter? Doch das ist wohl keine Frage.

 

Der Rauch windet sich durch den Raum. Er ist dicht und fast physisch greifbar... und dennoch... nicht da.

Ihr könnt ihn spüren. Ihr erahnt ihn. Ihr wisst, dass er da ist, denn er bewegt sich, ohne von der Luft getrieben zu werden.

Er ist es, der die Luft bewegt und sich seinen eigenen Luftzug erschafft, der leicht an Eurer Kleidung zupft. Der über Eure Haut streicht, so dass sich sämtliche Eurer Härchen aufrichten, wenn er über Eure Arme und über Euren Nacken streicht...

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