Jump to content

[Das Ende des Wahnsinns] Kapitel 3: Antiquariat Schubert – Bayern, 04. Juni 1924, München, 14:21


grannus
 Share

Recommended Posts

Die Metalltür schwingt auf und legt den Blick auf den dahinterliegenden Ladenraum frei. Eduard befindet sich nun fast direkt hinter dem Ladenthresen. Ein Telefon sowie eine Kasse befinden sich neben kleineren Verkaufsstücken darauf. Ein Stapel Zeitungen liegt neben dem Telefon, hauptsächlich Regionalzeitungen. Die Titelseite der obersten Zeitung zeigt ein Bild auf dem ein Zug zu sehen ist. Mehrere Personen stehen davor, während sich eine Menschenschar um die Abgelichteten versammelt. Über dem Bild prangen die Worte "Die Helden von Plauen". Wirkt alles sehr ordentlich und atmosphärisch, so wie man sich einen Antiquitätenladen eben vorstellen soll. Der Raum selbst ist sehr offen gestaltet, keine Regalreihen welche sich aneinanderreihen. Vielmehr befinden sich im Raum verteilt etwa 1m hohe Glastische und -vitrinen auf denen die schönen Stücke liegen. Von seiner Warte aus kann Eduard auch die Eingangstür des Ladens sehen, die Jalousien sind halb heruntergelassen, versperren den Blick nach draußen. In diesem Laden kann ein Kunde gemütlich schlendern und die Antiquitäten begutachten. Nichts ist verstaubt oder schmuddelig. Es riecht weder modrig noch muffig, sondern eher nach Holzlack und Politur. Nichts entgeht dem Blick des Berliners. Auch nicht die besudelte Wand rechts neben dem Thresen. Mit dunkel angelaufener Farbe steht dort in großen, krakeligen Lettern: "WIR SIND EUCH AUF DEN FERSEN". Für einen Moment bleibt das Herz stehen, macht einen Sprung und lässt einen Herzschlag aus. Auf dem Boden inmitten des Raumes liegt ein zusammengekrümmter Körper. Männlich, vielleicht um die 40, Gesicht nach unten, die Arme unter dem Bauch, Beine angewinkelt. Als würde der Mann auf dem Teppichboden schlafen. Doch diese Haltung widerspricht diesem Gedanken. Sieht sehr unbequem aus. Keine Reaktion

Link to comment
Share on other sites

Mein Blick fällt als erstes auf die an die Wand geschmierte Warnung und irrsinniger Weise denke ich sofort: Das musst du fotografieren, Katharina! Aber natürlich habe ich nichts dafür dabei. So ein Ärger, warum habe ich nicht daran gedacht...

 

Dann erst fällt mir der Mann auf dem Boden auf, und meine Hand, die in der Tasche rumwühlt, verharrt.

 

"Oh mein Gott!" Ich überlege gar nicht weiter, sondern hetzte zu dem Mann. Eigentlich will ich ihn sofort berühren um zu schauen, ob er vielleicht wirklich nur schläft, aber wiederum verharre ich. Nichts verändern, wenn das ein Tatort ist. Das sieht die Polizei nicht gerne... Das ist mir spätestens seit Plauen klar. Und hier gibt es keinen Bernhard Hoffmann, der im Zweifel auf unserer Seite steht. Weg mit dem Gedanken, es gibt wichtigeres. Vielleicht schläft der wirklich nur... Schlafmittel oder so soll es ja auch geben.

 

"Herr Schubert?" Meine Stimme ist betont laut. Oh bitte Gott oder was auch immer, lass ihn reagieren!

Link to comment
Share on other sites

Keine Reaktion. Als Katharina sich im nähert, gibt der Teppichboden in unmittelbarer Nähe zum Liegenden Geräusche von sich....als wäre er feucht. Die Schuhspitzen der Damenschuhen färben sich dunkelrot.....

Link to comment
Share on other sites

Ich mache kleine Schritte zurück, weg von diesem feuchten Teil. Bloß nicht auf die Schuhe schauen... vergiss die Schuhe, kauf dir neue. Farbe bekommst du da nie wieder raus. Natürlich ahne ich, dass es keine Farbe ist, aber im Moment ist der Gedanke irgendwie tröstlicher. Vielleicht bewegt sich der Brustkorb von Herrn Schubert ja auch noch... vielleicht lebt er noch.

 

Eduards Worte ignoriere ich völlig. Die waren wohl kaum an mich gedacht, wo ich doch schon mitten drin stehe IN DEM ROTEN ZEUG!

Link to comment
Share on other sites

alias Art:
 
Ich hatte mich noch gar nicht vorgestellt... schwankend stand ich noch neben den Anderen und hörte mir dieses Kauderwelsch an, was die Bayern so Sprache nennen. Kaum was verstanden. Irgendein Stundent. Unwichtig. Ich grüße nur mit einem Nicken.

Als es dann weiter ins Haus geht versuche ich Schritt zu halten. Als ich gerade Rudolf nach seinem Flachmann fragen will, um den drohenden Kopfschmerz und Schlimmeres zu verhindern, erreichen wir auch schon den Laden.

Nach kurzem Blick über die Szenarie, bin ich deutlich wacher. Meine Augen weiten sich bei dem Schriftzug an der Wand. Das waren sicher keine Araber - die haben ihr Statement schon gesetzt. Das trägt schon eher die Handschrift meiner Leute. Ich taumel einen Schritt zurück als ich die Schrift sehe. Als Katharina auf den Mann zustürzt und den vermeidlich Verletzten beim Namen ruft, wende ich mich ab und murmele: "Mich würds wundern wenn er dich noch hört..."

Ich gehe hinter Katharina her und packe sie an der Schulter, noch bevor sie sich bücken kann. Eine Sauerei... wir werden überall Fussspuren hinterlassen. Mit Ekel hebe ich den Schuh der in den Morast aus Teppich und Blut getretten ist leicht an. 

"Nicht anfassen." 

Verdammte Sauerei... Wir werden in wenigen Minuten Probleme bekommen. So einen Radau wie die Hunde gemacht haben und so wenig Mühe sich Eduard gemacht hat, diesen Radau leise und vorallem weniger auffällig zu beenden, würde es mich nicht wundern, wenn Nachbarn bereits die Polizei verständigt haben. Gleich werden Polizisten auftauchen und wir stehen in einem Laden mit einem Toten und Blut an unseren... Füssen. Unmöglich hier ohne Spuren zu hinterlassen wieder rauszukommen.

"Eins muss euch klar sein - wir wurden mit Sicherheit draußen gesehen. Wir waren ja nicht wirklich leise. Wenn wir hier übervorsichtige Nachbarn haben, wird die Polizei bald hier sein und wir stehen hier..." ich schaue mich im Laden um "... in einer ziemlich vertrackten Position."

Ich gehe die Szenarien durch... der Alkohl verschleiert noch immer meine Gedanken... Verdammt. War vielleicht doch keine gute Idee. Aber zumindest hält er noch seine Klappe. Ich reibe mir die Schläfen. Es gibt keine Lösung. Keine Zeit für gar nichts. Verdammte Sauerei.

"Ich bin ja wirklich gut in sowas... aber wir haben überhaupt keine Zeit für irgendetwas. Wir haben genau zwei Möglichkeiten: Abhauen und versuchen rauszufinden, was hier passiert ist oder sofort selber die Polizei rufen und dann wahrscheinlich sehr viel Zeit auf der Wache verbringen und uns wieder Mal für Dinge rechtfertigen die wir nicht getan haben. Was von Mal zu Mal sicher immer glaubhafter wird..." Ich atme schnaubend aus. In Berlin wäre das einfacher. Da kenn ich wenigstens die Bullen, die für ein wenig Handgeld zu Bericht geben, dass sie absolut gar nichts gesehen haben. Verdammtes München.

Beläufig suche ich den Laden ab - gibt es Anzeichen für einen Kampf? 
Welche Verletzungen hat der Mann und ist der überhaupt tot?
Gibt es Anzeichen dafür, wo das Relikt ist?
Reines Absuchen mit den Augen - ich fass hier nichts an.

"Was sollen wir tun?"
Link to comment
Share on other sites

Ich sehen nur die Eisenbeschläge Tür  ... nicht was dahinter ist.

Der Ton in Eduards Stimme lässt meine Eingeweide gefrieren.

Ich fange an zu zittern ... meine Atmung bricht aus ...

Gehe da nicht rein, nicht ... das Timbre in Eduards Stimme ...

Oh Gott er ist bestimmt tot ... nicht schon wieder ...

 

Los ruhig, atme ruhig ...

Die Atmung fängt sich.

"Eduard ... ist er ... ? Ist Schubert ... ist er da? Ist es wirklich Schubert?"

Die kleinen Fäustchen ballen sich und die Fingerknöchel der eh schon bleichen kleinen Hände kommen stark hervor.

[Wenn Schubert einen besonderen Raum für die Artifakte hatte müsste Rudolf das wissen. Erinnert er sich an etwas besonderes?]

Link to comment
Share on other sites

Franz-Rüdiger steht in hinterster Front - offenkundig zur Salzsäule erstarrt - und schaut ungläubig über die Schultern seiner Vordermänner. Als hätte ich es geahnt. Beinahe panisch suchen seine Augen nach einer rationalen Erklärung für die sich darbietende Tragödie. Keine Treppe, kein Sturz ... und dann entdeckt er den Schriftzug an der Wand. Er wurde umgebracht! Wie schrecklich!! Der Student schnappt erschrocken nach Luft, ein feiner Tremor bemächtigt sich seiner Glieder, doch vermag er nicht, sich zu rühren. Menschen bewegen sich, Worte werden gewechselt. Kurz begegnet sein Blick dem der Frau - wie hieß sie noch gleich? Auch sie scheint am Boden wie verwurzelt, genau wie er selbst, und starrt auf ihre Füße. Blut ...

 

Erst der erschrockene Ausruf des Kurators reißt den jungen Mann aus seiner Paralyse. Mit unverständlichen Worten des Entsetzens auf den Lippen taumelt er zurück aus dem Raum, vorbei an dem bandagierten Mann und sofern möglich auf schnellstem Weg hinaus aus dem Gebäude, raus in den Garten. Luft ... Licht ... Raum.

Edited by MazeBall
  • Like 2
Link to comment
Share on other sites

Verdammt, das war doch klar. Die Hunde, so ungewöhnlich aggressiv. Hoffentlich hat uns niemand gesehen.

 

Ich stehe unschlüssig vor der Tür und trete dann ein. Ich erfasse die Szene. Schon wieder eine Leiche. Dann fällt mein Blick auf die Zeitung und die Warnung. Na wunderbar.

 

Ich drehe mich um und blicke zu Rudolf. Ich will ihn schütteln und anschreien. Ich habe es dir doch gesagt! Hätten wir den Baron gleich informiert wäre der Mann vielleicht noch am Leben! Doch es gelingt mir irgendwie mich zu beherrschen. Ich schließe die Augen und atme ein paar Mal durch.

 

WIR SIND EUCH AUF DEN FERSEN!

 

"Wenn wir hier lebend rauskommen wollen brauchen wir das verdammte Artefakt. Um etwas im Tausch für unser Leben zu haben."

 

Ein wenn sie es bereits gefunden haben sind wir tot schlucke ich runter. Das vorsichtig aufgebaute Vertrauen zu Franz-Rüdiger dürfte damit zum Teufel sein, aber besser wenn er nicht noch weiter hineingezogen wird.

 

"Katharina, Erich. Helft mir das Artefakt zu suchen. Rudolf, schau ob er eine Nachricht hinterlassen hat, irgendetwas für dich. Das findest du am schnellsten, du kennst ihn."  Kanntest.

"Eduard, pass bitte auf, ob jemand kommt. Und warne uns in dem Fall so rechtzeitig wie es eben geht."

 

Dann richte ich meinen Blick auf den Raum, weitere Türen, Treppen oder ähnliches. Nur die Stelle, an welcher der leblose Körper liegt meide ich. Ich ziehe mich in mich zurück, verdränge die Situation. Wie damals im Großen Krieg. Emotionen ausblenden. Funktionieren. Weiter. Analyse, Abwägung, Entscheidung, Aktion. So überlebt man in einer Krisensituation.

 

Doch nach Plauen und mit Katharina an meiner Seite ist das alles nicht mehr so leicht.

  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

Ein eiserner Ring hat sich um Franz-Rüdigers Brust gelegt, schnürt unerbittlich seinen Lungen ein, das Atmen fällt ihm immer schwerer. Keine Luft, er bekommt einfach keine Luft. Er kann den Rachen noch so weit öffnen, doch in seinen Lungen kommt nichts an. Bunte Farbkreise wirbeln vor seinen Augen, ihm wird schwindelig. Dann endlich, nach scheinbar endlosen Sekunden, erreicht er den Garten und inhaliert die frische Luft. Seine Lungen brennen als sie sich wiederholt mit dem wertvollen Sauerstoff füllen. Der Schmerz lässt nach, doch die Übelkeit bleibt. Gott sei dank, schützen hohe Hecken den jungen Studenten vor den Blicken der Nachbarn. Die Hunde schlafen noch in friedlicher Bewusstlosigkeit.

 

Während Rudolf die Treppen nach oben erklimmt, suchen Katharina, Jacques und Erich nach der Reliquie. Abgesehen von der Schmiererei und dem Toten ist der Laden sehr ordentlich. Keine Spuren eines Kampfes, kein zersplittertes Glas, nichts. Eine weitere hinter dem Thresen führt in eine Art Werkstatt. Mehrere Objekte stehen noch immer dort und harren ihrer Restaurierung. Zumeist sind dies althergebrachte Einrichtungsgegenstände wie Lampen, Skulpturen und Arbeitsgeräte. Eine leichte Staubschicht hat sich auf die meisten abgelegt, es hatte den Anschein als wäre an ihnen schon eine ganze Weile nicht mehr gearbeitet worden. Der größte Bereich dieser Werkbank ist jedoch leer, als wäre hier etwas gestanden. Verschiedene Lupen und Feinwerkzeug liegen hier bereit. Auf einer Ablage über der Werkbank liegen verstreut Papiere und Schreibwerkzeuge. Schubert schien wohl seine Arbeiten zu dokumentieren, während er hier saß. (siehe Handouts).

 

Der Kurator erreicht die eigentliche Wohnung über dem Laden. Auch hier alles sehr ordentlich, Hubertus war schon immer sehr penibel, wenn auch etwas zerstreut. Die Küche ist, abgesehen von einem Teller, ein bisschen Besteck, zwei Weingläsern mitsamt Weinflasche, und einem Korkenzieher aufgeräumt. Das Bett im Schlafzimmer ist zerwühlt, die Decke halber auf dem Boden und ein Pyjama liegt achtlos auf dem Bett. Das Büro von Schubert ist ein geordnetes Chaos aus buchhalterischen Unterlagen, Zeitungen, Fachzeitschriften und Süßwaren-Papieren (Hubertus liebte kleine, extra verpackte Schokoladenstückchen). Der Safe, welcher hinter dem Schreibtisch in der Wand eingelassen ist, war geöffnet. Eine Durchsuchung fördert zu Tage: keine Reliquie wird hier aufbewahrt. Bargeld, Bankdokumente als auch Geschäftsunterlagen sind darin zu finden. Auch dem Schreibtisch liegen weitere Bücher welche sich mit der ägyptischen Kultur beschäftigen, aber auch Bücher über Mechanik. Neben einem Schreibblock liegt der Inhalt einer achtlos geleerten Hosentasche (jeder von uns kennt das ja, man sammelt Zeugs in den Taschen an und entledigt sich des Inhaltes mit einer entschlossenen Faust welche das Zeugs auf einen Tisch befördert). Es scheint sich um Quittungen von diversen Lebensmitteleinkäufen zu handeln. Ein kleiner Zettel quittiert ein von Hubertus aufgegebenes Telegramm (siehe Handouts). Ein größeres Papier ist selbst ein Telegramm (siehe Handouts). 

  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

Also gut, das Artefakt finde ich wahrscheinlich nicht. Die anderen kennen sich da besser aus. Aber was ist denn das da? Zwei Weingläser? Ich schaue mir die und das dreckige Geschirr mal an. Sieht es aus als hätten zwei Personen da gesessen? Ist noch Lippenstift an einem der Weingläser oder etwas anderes? Oder sieht es einfach aus als hätte da jemand an zwei Tagen gegessen. Das zerwühlte Bett interessiert mich je nach Erkenntnis aus den Gläsern natürlich auch noch.

Link to comment
Share on other sites

An den Gläsern ist kein Lippenstift. Das Besteck verrät bei näherer Betrachtung, dass beide Teller dieselben Essensrückstände beinhalten. Es wäre nahe liegend, dass entweder zwei Personen gegessen habe oder eine Person das gleiche Essen zwei Tage am Stück. Getrocknete Reste von Eiern (vielleicht Rühreier?) sind noch zu erkennen. Das Bett ist zerwühlt und nicht mehr warm. Es liegt jetzt nicht alles weit verstreut wie bei wilder....ihr wisst schon was. Eher, als hätte jemand darin geschlafen und wäre aufgestanden ohne darauf zu achten, ob etwas vom Bett herunter fällt.

Link to comment
Share on other sites

"Er hat wahrscheinlich mit jemandem zusammen Wein getrunken. Eher ein Mann, würde ich vermuten. Der letzte Tagebucheintrag war von Montag... vielleicht ist der Professor am Dienstag zu ihm gekommen? Nebenbei, hat irgendwer von euch dieses Artefakt gefunden?"

 

So ganz will sich mir nicht erschließen was an der Mechanik dieses alten Dings jetzt so toll war - gut, das mit den Schriftzeichen leuchtet mir schon eher ein. Was da wohl dazu graviert worden ist? Ob wir das jetzt noch jemals rausbekommen? Eine andere Frage schießt mir durch den Kopf. Warum suchen wir eigentlich noch nach dem Ding? Wer auch immer Schubert umgebracht - ja, Katharina, umgebracht - hat, der lässt dann sicher nicht das Artefakt hier. Die Araber waren es wohl eher nicht, immerhin suchen die es selbst noch. Erichs Leute also? Oder wer ganz anderer? Dieser andere Mann, den Schubert in seinen Notizen beschreibt. Mein Hauptverdächtiger.  

Link to comment
Share on other sites

 Share

×
×
  • Create New...