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Zodiak

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  1. Wenn während einer Kriegshandlung gegen das Völkerrecht verstossen wird, handelt es sich nicht um Terror, sondern um ein Kriegsverbrechen. Das macht die Sache auf keinen Fall besser, aber eine sprachliche Gleichsetzung ist trotzdem nicht vertretbar. Sprachliche Unterscheidungen sind hier keine Spitzfindigkeit, sondern einfach notwendig, um Allgemeinplätze und Relativierungen zu vermeiden. (So wie ein Erdbeben oder ein Flugzeugabsturz eine Katastrophe, und ein Bombenanschlag eben ein Attentat ist.) Wenn du von Wikipedia zitierst, einmal ein Blick hier: "Der Terror (...) ist die systematische und oftmals willkürlich erscheinende Verbreitung von Angst und Schrecken durch ausgeübte oder angedrohte Gewalt, um Menschen gefügig zu machen. Das Ausüben von Terror zur Erreichung politischer oder wirtschaftlicher Ziele nennt man Terrorismus." und "Kriegsverbrechen sind Verstö?e gegen das Völkerrecht, die bei der Führung eines Kriegs von den Krieg führenden Parteien begangen werden oder in engem Zusammenhang mit der Kriegsführung stehen. Verbrechen, die lediglich in zeitlichem oder örtlichen Zusammenhang mit Kampfhandlungen stehen, aber keine oder nur eine schwache ursächliche Verbindung damit haben, werden nicht als Kriegsverbrechen bezeichnet." P.S. Das oben Geschriebene gilt auch, wenn Gemeinsamkeiten auf der Phänoebene existieren.
  2. Bitte beachten: Weder der Holocaust, noch die Weltkriege sind trotz ihrer katastrophalen Folgen als "Katastrophe" zu werten, denn damit werden sie auf die Ebene von Unglücken und Naturkatastrophen gestellt und somit jeglicher Verantwortbarkeit enthoben. (Versenkung nicht gleich Schiffsuntergang, Attentat nicht gleich Verkehrsunglück, etc.) Revanchismus: Dieser reduziert sich nicht nur auf das Opferzählen (Obwohl man hier bemerken mu?, wie sehr Neonazis und Rechtskonservative darum bemüht sind, die Opferzahlen des Holocaust nach unten zu drücken), sondern alle Versuche, Fragen von Schuld und Verantwortung (letztere erben auch die Generationen, denen man absolut keine Schuld mehr unterstellen kann) durch nicht übertragbare Vergleiche zu relativieren. Kriegsbände: Ich hätte nichts dagegen, wenn Kriegsbände vollständig eingestellt werden.
  3. Kaum ist man ein paar Tage weg, wei? man kaum, wo man wieder anfangen soll. Kriegsband WW1: Den spiele ich übrigens auch nicht, aber das nur am Rande. (Wobei man jetzt nicht "Krieg gleich Holocaust" daraus schliessen darf, denn jener war nicht ein Ereignis im Laufe des Krieges, sondern geplanter Teil der Naziregierung). Farbaufnahmen: Die Filmaufnahmen sind mir lange bekannt, ebenso habe ich noch Gro?eltern (inzwischen verstorben) und Eltern, die mir sehr anschauliche Kriegsberichte und Berichte über Naziterror liefern konnten. Die persönlichen Leiden der Deutschen ändern allerdings nicht das geringste an der Unrechtmä?igkeit des drritten Reiches. Historische Fakten: Ausschwitz, Buchenwald etc. sind historische Fakten, auch wenn es Holocaustleugner gibt. Verschwörungstheorien wie die "Protokolle Zions", etc. dagegen nicht. Nochmal Gustloff/11. September. Ist jeder, der den 9/11 als Terrorattentat betrachtet, automatisch Verehrer von G. Bush und steht voll hinter dem Irak-Angrifff? Fall 1: Zwei Kriegsschiffe fahren im zweiten Weltkrieg durch feindliches Gebiet. Eines davon, äu?erlich nicht als Flüchtlingsschiff erkennbar, wird torpediert. Der Angriff ist insofern heimtückisch, wie jeder U-Boot-Angriff heimtückisch ist. ?berraschend oder unerwartet ist er jedoch nicht. Fall2: drei zivile Verkehrsflugzeuge werden entführt, zwei davon in ein Bürohochhaus gesteuert. Wenn dies kein heimtückischer und unerwarteter Terrorakt ist, wei? ich auch nicht. Dies alles gilt unabhängig davon, - welche Nationalität die Opfer haben, - welche Verfehlungen die Regierungen der Opfer begangen haben, - ob unter den Opfern auch Täter waren, oder ob diese alle völlig unbeteiligt an den vorausgegangen Ereignissen waren. Den Terrorakt zu einem Kriegsakt zu stilisieren, geht nur dann, wenn man wie Bin Laden den totalen Krieg gegen Amerikas Bevölkerung erklärt. Kann man das antisemitischen "Judenschwein" mit dem antifaschistisches "Nazischwein" vergleichen? Da fällt mir eine Karikatur zum Antisemitismus von Deix ein, wo eine Ísterreicherin sagt: "Für mich ist jeder ein Mensch, der sich anständig benimmt, ob Jude oder Nazi." Bei den Juden handelt es sich um eine ethnische als auch religiöse Gruppe (atheistische und agnostische Juden inbegriffen), die undifferenziert etwa seit Beginn der Christianisierung verfolgt, diskriminiert und nicht selten ermordet wurden. (Unter den alten Römern gab es zwar Krieg, aber keinen wirklichen Antisemitismus) Das "Judenschwein" geht auf barbarische mittelalterliche Demütigungsspiele der katholischen Kirche zurück, ebenso wie der in dieser Zeit erfundene Judenstern, der dann von den Nazis begeistert aufgegriffen wurde. Die Nazis sind Anhänger einer menschenverachteten Ideologie, die im 20. Jahrhundert entstand und nicht nur für den zweiten Weltkrieg, sondern für die KZ verantwortlich sind. Einen "guten" Nazi kann es daher nicht geben, selbst wenn diesem keine extremen Verbrechen nachgewiesen werden können. Auch das viele Leute einfach aus berechtigter Angst Mitläufer waren, oder schlichtwegs in Wehrmacht und Krieg hineingezwungen wurden, entlastet den Nationalsozialismus nicht, sondern macht ihn noch schlimmer. Und Blatavski, schwarze Sonne, Theosophen und Co.: Das im dritten Reich auch viel okkulter Blödsinn, manches aus der Lebensreform entwendet, verzapft wurde, ist bei der ekklektischen Mischung der Nazi-Ideologie, die alles passend machte, was gerade zu brauchen war, keine ?berraschung. Das diese Erscheinungen gern als Ursache (des Nationalsozialismus) hochstilisiert werden, ist auch auf die katholische Kirche zurückzuführen, die damit geschickt von ihrer eigenen Beteiligung ablenkt. Türkischer Nationalismus: Ist mir genauso zuwider wie übertriebener Nationalismus und Faschismus aus allen anderen Ländern. Die türkischen Verbrechen gegen z.B. die Armenier sollten auf keinen Fall verharmlost oder gar gerechtfertigt werden, aber sie relativieren natürlich in keinster Weise die Verbrechen anderer Länder.
  4. Habe ich zu keinen Zeitpunkt gesagt. Habe ich auch zu keinen Zeitpunkt gesagt, da ich weder Amerikafan bin, noch den amerikanischen Krieg (oder sonstigen) gut heisse. Die historischen Fakten sprechen aber für sich.
  5. Kult überträgt Elemente der Gnosis (z.B. Demiurg) auf die aktuelle Zeit (bzw. die 1990er, aber soviel hat sich da ja nicht getan). In meiner aktivsten Rollenspielzeit war es eines der häufiger gespielten Systeme von mir, das Regelwerk (die alte deutsche Ausgabe) habe ich mir dann erst später zugelegt.
  6. Wenn ich Figuren sammeln würde und nicht völlig pleite wäre, würde ich mir hier ein paar Figürchen bestellen, besonders nett finde ich die viktorianischen Bobbys und auch wieder eine Kollektion von stilisierten 1920er Autos: http://www.bluemoonmanufacturing.com/view_product.php?product=BMM104
  7. Wobei allerdings der von dir zitierte Eingangssatz aus der Wikipedia im Gegensatz zu meiner Aussage falsch bzw. mi?verständlich ist, denn so wird (entgegen den Angaben im kompletten Artikel) der Eindruck erweckt, die Sowjets hätten vorsätzlich ein ziviles Kreuzfahrtschiff versenkt, das die Gustloff zu diesem Zeitpunkt definitiv nicht war. Was dann natürlich wieder ein gefundenes Fressen für die Revanchisten ist. Diese schweren Folgen kleiner Ursachen sind für mich einer der Gründe, weshalb ein Unterschied besteht, ob man hier mit der Titanic oder Vorfällen aus dem dritten Reich umgeht.
  8. ist so nicht ganz richtig. Ganzer Artikel Ich hatte meine Information nicht aus der Wikipedia, habe den Artikel aber inzwischen gelesen. Ich zitiere jetzt auchmal kurz daraus: "Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 wurde die Wilhelm Gustloff als Kreuzfahrtschiff der DAF-Unterorganisation äKraft durch Freudeö (KdF) genutzt." und: "Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die Wilhelm Gustloff am 22. September 1939 als Lazarettschiff der Kriegsmarine übergeben." und: "Die Versenkung der Wilhelm Gustloff entsprach geltendem Kriegsvölkerrecht. Als Truppentransporter hatte die Wilhelm Gustloff den rechtlichen Status eines Kriegsschiffs , das von der sowjetischen U-Boot-Besatzung auch nur als solches wahrgenommen werden konnte: Als schwimmende Kaserne der Wehrmacht hatte sie einen grauen Tarnanstrich, sie fuhr zum Zeitpunkt der Torpedierung abgeblendet durch Kriegsgebiet und wurde von einem weiteren Kriegsschiff begleitet. Zudem war die Wilhelm Gustloff mit Flugabwehrgeschützen[17] bewaffnet und hatte kampffähige Soldaten an Bord. Jeder einzelne dieser Punkte machte sie zu einem vom damaligen Kriegsrecht gedeckten, legitimen Ziel gegnerischer Angriffe." Jedenfalls wollte ich deutlich machen, das hier ein Unterschied zwischen einem Vorfall im Krieg (unabhängig seiner Bewertung) und einem Terrorattentat zu machen ist.
  9. Und hier ist nochmal ein Beispiel für die Gefahr des Relativismus. Der Zahl der Todesopfer ist bei der Gustloff (benannt nach Wilhelm Gustloff, Führer der schweizerischen NSDAP) tatsächlich weitaus höher. Einen wichtigen Unterschied gibt es doch: 1. Der "11. September" war ein Terroranschlag durch religiöse Fundamentalisten, der ausschlie?lich der Ermordung möglichst vieler Zivilisten diente. Auch wenn die Gesamtzahl von Terroropfern in verschiedenen, langanhaltenden ethnischen und religiösen Konflikten höher liegt, ist die Zahl der Opfer für einen singulären Terroranschlag bisher ohne Beispiel. 2. Die Gustloff war ein deutsches Kriegsschiff, das auf einem Einsatz zum Ende des zweiten Weltkrieges durch ein sowjetisches U-Boot versenkt wurde. Das überwiegend Flüchtlinge an Bord waren, rechtfertigt die Frage, ob es sich hier nur um einen Kriegsakt oder um ein Kriegsverbrechen handelt. Allerdings ist diese Frage dann auch auf die Lusitiania und alle anderen Schiffe mit Flüchtlingen an Bord zu beziehen, die in den Weltkriegen versenkt wurden.
  10. Oh oh... Auch wenn ich den Afghanistan-Einsatz äu?erst kritisch sehe (als auch die Grundgesetzänderung, um solche Einsätze erst möglich zu machen), liest hoffentlich niemand den Vergleich zur Haltung der SS, sonst könnte es ungemütlich werden. Zwischen Bewahren von Ordnung und Ausführung von Befehlen, und der Ausübung von Terror wie von SS und SA existiert immer noch ein weiter Unterschied. Viele der besonders bestialischen Untaten wurden auch nicht etwa aus übertriebenen Pflichtgefühl verübt, sondern waren einfach Verbrechen, die nun ungehemmt unter der Legitimation der Uniform verübt wurden. Denn die ?bergriffe gegen Teile der Bevölkerung, die Misshandlungen und der Vandalismus geschahen zwar unter Schutz der Naziideologie, lassen sich aber nicht im jeden Einzelfall auf die Verantwortung der Führung abschieben. (Nach dem Motto: "Endlich können wir mal richtig die Sau rauslassen, denn es geht ja ohnehin gegen Volksfeinde.") Der Berserker: Der Fantasy-Barbar ist eine Kunstgestalt in einer fiktiven Welt, die mit der unserigen nicht viel zu tun hat, auch wenn dort allerlei historische Versatzstücke vom Wikinger bis Tartaren "verwurstet" wurden. Obwohl er sich nicht sehr vorbildlich benimmt, kann man das nicht mit aktuellen faschistischen bzw. faschistoiden Ideologien gleichsetzen. Tatsächlich besitzt ein derartiger Barbar auch keine Ideologie, auf die er sich zur Rechtfertigung beruft. Er käme auch nicht im Traum darauf, dass er eine ethische oder intellektuelle Legitimation für sein Verhalten braucht. Das die Nazis einen ungeheuren Aufwand mit verfälschten Geschichtsanleihen, pseudowissenschaftlichen Erklärungsversuchen, religiösen und mythologischen Anleihen und vorsätzlich gefälschten Quellen betrieben, um ihre Untaten zu rechtfertigen, wäre ihm unverständlich. Abgesehen davon lebt der Kerl nicht in einer Welt, in der die Aufklärung und Geistesgeschichte Menschenrechte, Demokratie und Genfer Konvention hervorgebracht haben, die mit seiner Weltsicht kollidieren können. Humanismus: Ich bin mir nicht ganz sicher, was Synapscape hier unter Humanismus versteht, sicherlich nicht die historische Bedeutung, deswegen tippe ich auf die Protagoras-Variante im umgangssprachlichen Gebrauch. Wie oben dargelegt, sind SS-Ideologie und Humanismus unvereinbar, unabhängig davon, welche der Definitionen man anwendet. (Selbst dann, wenn es sich hier einfach nur um eine Substantivierung von "human" handeln sollte.)
  11. Dies ist ist aber mit dem Selbstverständnis des SS-Manns unvereinbar, denn er ist ja die Speerspitze einer Ideologie, die den Humanismus (bzw. den im Sinne des homo mensura-Satzes) bekämpft. Ist deine Aussage jetzt nicht auf die Spielwelt, sondern nur auf das Spielumfeld bezogen, kann man nicht unbedingt von einer Unterstützung, aber zumindestes einer begrenzten Verbreitung (mindestens Spielgruppe) sprechen. Wenn der SS-Mann aber nicht als schizophren dargestellt wird, muss seine Ideologie ja in irgendeinerweise als entschuldbar oder akzeptabel vertreten werden, was den Vorwurf der Sympathisierung erhebt. Natürlich könnte man ja sagen: "So, ich spiele jetzt das absolute Schwein mit unmöglichen Ansichten", aber wie man so einen Charakter in eine Gruppe unterbringen soll, in der vielleicht auch "anständige" Charaktere vorhanden sind, wird schwierig. (Natürlich kann man in jedem System einen absolut negativ besetzten Charakter spielen, aber das tut bei dieser Problematik nichts zur Sache. Denn der blutrünstige, menschenfressende Fantasy-Berseker vertritt im Gegenssatz zu dem SS-Mann keine real existierende, menschenfeindliche Ideologie der Gegenwart.)
  12. Das müsste mal etwas näher erläutert werden. 1. Wann stimmt der Kontext? (Denkbares Beispiel: "Nachdem der jüdische Intellektuelle zusammengeschlagen und verhaftet wurde, und die seine Habseligkeiten, mit denen keiner etwas anfangen konnte, auf die Strasse geworfen werden, findet ihr unter den zertretenen Büchern einen seltsamen Foliant mit merkwürdigen Symbolen.") 2. Wie findet die kritische Auseinandersetzung statt? (Ich hoffe nicht so: "Sicher, die Morde und Folterungen der SS sind schon übel, aber man muss auch den Menschen im SS-Mann sehen, der ja auch nur Kind seiner Zeit ist.")
  13. Ein weiteres Kriterium, inwieweit historische Ereignisse "akzeptablel" sind, ist weniger das eigentliche Alter, sondern die Frage, ob noch Zeitzeugen oder deren unmittelbaren Nachfahren leben. Dies ist kein absolutes Kriterium, sollte aber bei der Beurteilung berücksichtigt werden, denn ob ich den aktuellen Afghanistan-Krieg oder den Krieg gegen Napoleon als Hintergrund verwende, macht einen erheblichen Unterschied aus. Noch entscheidender ist die Frage, inwieweit der zugrunde In dem Pellopennesischen Krieg ging es gewiss nicht zimperlich zu, aber niemand, selbst Historiker, ist auch nur ansatzweise in der Lage, die verantwortlichen Motive der Konfliktparteien nachzufühlen. Wenn heute aber jeder fünfte Jugendliche (inklusive Immigranten) faschistoide Tendenzen zeigt, sind die Motive für den Holocaust und zweiten Weltkrieg noch sehr präsent, selbst dann noch, wenn alle Zeitzeugen gestorben sind. Das ist wesentlich entscheidender als die Frage, wieviel Jahre nun genau vergangen sind. Wenn es einmal eine Zeit geben sollte, in der die Denkweise der Nazis für uns so weit entfernt ist wie die magische Vorstellungswelt der Bronzezeit, kann man erst völlig unbefangen mit dem Thema umgehen. Ich würde jetzt gerne sagen, der Geist der Hexenverbrennungen sei ebensoweit entfernt wie z.B. der konsequente Funktionalismus der klassischen Moderne, aber wenn ich mir den Papst und sein Gefolge ansehe, wird in vielen Haushalten vermutlich schon Holz für die nächsten Scheiterhaufen gesammelt. Deswegen lehne ich auch Abenteuer und Settings ab, in denen man die Mörder nachträglich rehabilitiert, indem man ihren Terror als gerechtfertigte Ma?nahme darstellt. (Bei einer Behandung der Hexenverfolgung sollte daher die Monstrosität der Verantwortlichen immer die der eigentlichen Monster in der Darstellung übertreffen.)
  14. Um die Sache noch einmal pointiert darzustellen, mal eine Analogie: Vor ein paar Jahren baute ein Konzeptkünstler, dessen Namen ich wieder verdrängt habe, ein KZ aus Legosteinen. Als künstlerische Aussage meiner Meinung nach recht platt und allzusehr "Hau-Ruck-Avantgardismus", denn man kann Lego ja nicht vorwerfen, dass sie den Beipackzettel mit der Aufschrift "Mit Lego können Sie alles, aber dürfen Sie nicht alles bauen", vergessen haben. Würde Lego dagegen einen KZ-Bausatz herausbringen, würde die Weltöffentlichkeit zu Recht kopfstehen. Aufs Rollenspiel übertragen: Erscheint bei Pegasus ein Band über Deutschland in den 1920er Jahren, kann man auf keinen Fall den Vorwurf erheben, dass hier das Nachspielen von Nazi-Biographien ermutigt wird. Selbstverständlich mu? in dem Band über die politische Situation und die bereits vorhandenen Nazis berichtet werden, und es stellt sich immer die Frage, was passiert, wenn die chronologisch spielende Gruppe das Jahr 1933 erreicht. Aber es sind soviele Möglichkeiten gegeben, dass die Verantwortung für das Geschehen an die Spielgruppe abgegeben wird. Erscheint dagegen ein Artikel mit dem Titel "Wie macht mein Charakter Karriere als SS-Mann" wäre das absolut unverantwortlich. Nämlich die dahinter stehende Aussage "Das waren halt auch nur Menschen" hat ja niemand in Frage gestellt, aber sie verharmlost die Verbrechen und die dafür verantwortliche Gesinnung, die heute leider auf den Konsens eines nicht unerheblichen Teils der Bevölkerung stösst. Und nochmal Titanic: Behauptet man, Dagon habe sich in seiner Ruhe gestört gefühlt und vor Wut den Schiffsrumpf aufgeschlitzt, entlastet man den Eisberg und die Eitelkeit des Kapitäns, der nach dem Blauen Band schielte. Eine verzeihliche Geschichtsverfälschung. Aber: Erklärt man die Reichskristallnacht mit einer verpatzten Beschwörung von Yog-Sothoth, entlastet man nicht nur Hitler, sondern auch alle, die begeistert mitgemacht oder immerhin wohlwollend zugesehen haben. (Diejenigen, die aus nicht unberechtigter Angst geschwiegen haben, sind nochmal ein anderes Kapitel.) Also: Spielereien mit der Geschichte als Abenteuer und Spielmaterial machen einen beträchtlichen Reiz bei Cthulhu aus, aber der Holocaust sollte au?en vor bleiben. P.S. Ich halte auch absolut nichts vom SA/SS-Mann als Spielercharakter.
  15. Ein Grund weshalb man die Sache gerade heute wirklich ernst nehmen sollte: In Deutschland findet zur Zeit ein starker Rechtsruck statt, bei dem auch versucht wird, das Dritte Reich und den Holocaust zu relativieren. Gerade die katholische Kirche wäre entzückt, wenn sie von ihrer eigenen Beteiligung ablenken könnte, indem sie den Faschismus als Folge von einer Art Satanismus o.ä. darstellen könnte. ?hnlich versuchen natürlich aktuelle Reaktionäre, Nationalisten und Militaristen gerne, die Ursache für den Holocaust zu verwischen, die Schuldfrage auf einzelne Buhmänner oder die Anonymität abzuwälzen und die Ereignisse selbst durch unangemessene Vergleiche zu relativieren. Die Differenzierung zwischen Geschichtsverklärung und "Spiel mit der Geschichte" ist eine Sache der Herangehensweise und vor allem der Bildung der angenommenen Zielgruppe. Liest man z.B. die alten Illuminati-Triologie, in der alle Arten von Verschwörungstheorien, darunter auch recht abstruse Nazi-Lovecraft-Verbindungen, kann man das problemlos als eine geist- und zitatenreiche Parodie von derartigen Verschwörungstheorien sehen. Allerdings gingen die Autoren davon aus, dass ihre Leser einer gebildeten, libertinen Gruppe angehörten. Denn um eine Geschichtsveränderung, ob böswille Verfälschung oder intellektuelles Gedankenspiel, zu erkennen, mu? man die behandelte Geschichte einigermassen kennen. Noch vor ein paar Jahren sah es in der Rollenspielergemeinde noch ganz ordentlich aus, heute dagegen kann es einem bei den Kenntnissen durchschnittlicher Jugendlicher schlecht werden. Vor jedem Rollenspiel-Produkt (ob offiziell oder privat) sollte man sich also die Frage stellen, ob man dem negativen Trend durch Auseinandersetzung mit Geschichte tatsächlich entgegenwirkt, oder in die Falle der virtuellen Geschichtslosigkeit und damit ethischen Beliebigkeit tritt. Das erwähnte "New Eden" habe ich noch nicht gelesen, scheint mir aber der Beschreibung nach ein Negativbeispiel zu sein.
  16. Das sich bisher niemand daran gestört hat, kann ich nicht gerade sagen. Hier sollte man aber auch unbedingt berücksichtigen, dass die Lage in Deutschland aus naheliegenden Gründen etwas anders aussieht als bei ausländischen Produkten. In den USA sind Nazis, deren Nachfolger und mitunter ein auf ungeklärte Weise überlebender/wiedererweckter Hitler, austauschbare Bösewichter. In England wird er dagegen oft als eine Art Kasperle dargestellt (siehe z.B. Monthy Python oder bei den Beatles). Wenn ein Engländer als Hitler verkleidet auf den Maskenball kommt, wird das dort noch als alberne Geschmacklosigkeit abgetan. Bei uns wäre das (aus historisch zwingenden Gründen) eine Straftat. Die NS-Bezüge die z.B. wiederum bei Mel Brooks oder in Bakshis Fantasy-Zeichentrickfilm "Wizards" auftauchen, (Beides USA) sind durch eine gewisse Ironisierung und Distanzierung noch an der Grenze des Vertretbaren, in einer deutschen Produktion wären sie undenkbar. Während Hitler au?erhalb von Deutschland noch in Form der Klamotte veralbert werden kann, ist bei uns schon eine subtilere Darstellung erforderlich. Das Wort "holocaust" selbst ist im englischen nicht zwangsläufig mit dem dritten Recih verbunden, sondern bezieht sich auf alle möglichen Varianten des Massensterbens. Aus diesem Grund wird das amerikanische Genre "post-haulocaust" bei uns korrekterweise als "postapokalyptisch" oder einfach "Endzeit" wiedergegeben. In Deutschland ist der Holocaust aber unmi?verständlich synonym für den Genozid des zweiten Weltkrieges. Das Wort sollte also nur mit allergrö?ter Sensibiliät gebraucht werden.
  17. Jetzt haben sich die Posts überschnitten. Eine theologische Diskussion bringt hier auch nichts. Aber nochmal ganz kurz, christliches Weltbild und cthuloides Weltbild sind nicht sinnvoll kombinierbar. EDIT: Letzten Post in den OT-Bereich verschoben: http://www.cthulhu-forum.de/thread.php?threadid=7023&boardid=23&styleid=2&page=1#1 Grü?e, SWC
  18. Da ich mich frage, wie das wohl im Spiel aussehen mag, ist mir folgende Szene als Beispiel eingefallen: Kulisse: Ein verlassenes Lagerhaus im Hafen. Akteure: Ein Tiefes Wesen und drei "Investigatoren"; ein Priester, ein Professor der Anthropologie und seine Assistentin. Szene: Das Trio hat endlich das Tiefe Wesen gestellt. Der Priester (legt seine automatische Schrotflinte an): "Fahr zu Hölle, verfluchte Dämonenbrut!" Tiefes Wesen (fällt auf die Knie): "Im Namen der christlichen Barmherzigkeit, verschone mich!" Prieste (erzürnt): "Du verdammte Spottgeburt des Teufels, du stinkender Abschaum des Höllenschlundes, wagst es vom Allerheiligsten zu sprechen?!" Tiefes Wesen: "Auch ich bin ein Geschöpf Gottes! Habe ich nicht zwei Arme, Beine, Augen und Mund? Wenn ihr mich stecht, blute ich nicht, wenn ihr auf mich schie?t, sterbe ich nicht?" Priester: "Erspar uns dein verlogenes Dämonengeschwätz! Ein Geschöpf Gottes! Du?! Du bist Werk des Teufels!" Tiefes Wesen: "Wenn mich Dagon, ähem, der Teufel erschaffen hat, und Gott ist Schöpfer von allem, hat er nicht auch den Teufel geschaffen? Ergo bin ich ein Geschöpf Gottes, wenn auch..." Priester: "Sophistik!!!" Professor: "Einer gewissen Logik kannst du seiner Argumentation nicht absprechen." Tiefes Wesen: "Ich bereue meine Untaten, doch es war das böse Umfeld, was mich zu meinem Tun verleitet hat! Erteile mir die Absolution, damit ich bereuen und meine Seele retten kann!" Assistentin: "Haben wir das Recht, diese Kreatur zu töten, nur weil sie anders ist als wir? Schlie?lich ist es auch ein vernunftbegabtes Wesen!" Priester (noch erzürnter): "Ihr macht euch zu Apologeten des Bösen!? Seid ihr denn schon besessen, ihr Verdammten?! BLAMM! BLAMM! BLAMM!" Der Priester erschie?t Professor, Assistentin und das Tiefe Wesen und spricht feierlich ein Gebet. Tiefe Stimme aus dem Off: "Was du dem geringsten meiner Geschöpfe angetan hast, hast du mir angetan."
  19. Das Christentum ist per selbstdefinition eine monotheistische Religion, da ist der Teufel schon ein ziemliches Problem für die unumstösslich verkündete Allmächtigkeit. (Jaja, Gott ist allmächtig, aber er lässt sich vom Teufel freiwillig in das Handwerk pfuschen, damit sich die Menschen irrtümlich zu dem Bösen wenden können, damit sie Gott hinterher mit gutem Gewissen abstrafen kann. Keinem Abenteuerautor würde man solch einen Plot durchgehen lassen, aber das sei mal dahingestellt.) Das die Erde von einem ganzen cthuloiden Pandämonium von bösen Göttern, gro?en Alten, etc. heimgesucht wird, kann man dann ja nach selber Logik so erklären, dass der Teufel und die Erbsünde als Anreiz zum Bösen nicht ausreicht, und Gott daher höchst einfallsreich Cthulhu, Dagon, etc. erschaffen hat. Das Gott sich aber nicht daran stört, dass der Gott Azatoth im Zentrum des Universums sitzt, ist etwas schwerer zu erklären. Wer hat ihn übrigens dahingesetzt? Das kann Gott als Schöpfer ja nur selbst gewesen sein; aber da niemand Gottes Wege erforschen darf, wird die berechtigte Frage einfach zum Sakrileg erklärt und ist damit erledigt. Bleiben ein paar Details: Kommen Tiefe Wesen nach ihrem Tod in die Hölle, oder kehren sie in den Himmel ein, wenn sie sich zum christlichen Glauben bekehren lassen? Haben Schoggothen eine Seele? Kann der Prediger Nyarlathothep per Exorzismus austreiben? Braucht man nach Cthulhus Erwachen einfach ein paar Hektoliter Weihwasser im Pazifik auszukippen, und der Spuk ist erledigt? Was sagt der Teufel dazu, da? er überall als Erzbösewicht Nummer Eins präsentiert wird, obwohl der Mythos das eigentlich Böse ist, und von der Kirche völlig ungeschoren bleibt? Womit kann man den Feuervampir martern, wenn er nach seiner Vernichtung wohlverdient im Fegefeuer landet? Edit: Die Frage, warum sich Cthulhu & Co bereits hunderte Millionen Jahren vor dem ersten Menschen auf der Erde herumtreiben, kann man natürlich per Kreationismus schlichtswegs ignorieren. Allerdings passt das dann nicht mehr ganz zu dem Mythos, es sei denn, Gott habe vor ein paar tausend Jahren bei der Erschaffung der Welt gleich den Mythos samt seiner Vergangenheit dazuerfunden, damit die Menschen, die der Versuchung des Kultismus entgehen, dafür der Sünde erliegen, an die Vergangenheit des Mythos analog der Evolution zu glauben, und... naja, dazu fällt bestimmt jemanden was ein.
  20. Obwohl ich absolut nichts davon halte, Rollenspiel und Figuren zu mischen, finde ich die Sloppy Jalopy Miniaturen sehr nett, da es hier auch mal ein paar hübsch gemachte Fahrzeuge gibt. Man beachte die Gangsterfigürchen zu den Zwischenkriegsautos! http://www.sloppyjalopy.com/
  21. Bei diesem bild aus der Life-Sammlung habe ich aber gewisse Zweifel an der korrekten Datierung. http://images.google.com/hosted/life/l?imgurl=62abb47ca9a63bf8&q=1910s%20World%20War%20I%20source:life&prev=/images%3Fq%3D1910s%2BWorld%2BWar%2BI%2Bsource:life%26ndsp%3D21%26hl%3Dde%26sa%3DN%26start%3D21
  22. Mich gruselt.... Aber es schüttelt mich nur deshalb vor Grauen, weil ich gerade die Darsteller gesehen habe. Viel erwartet hätte ich mir von der Serie nicht, aber ein Lovecraft-Marienhof-Big Brother-Verschnitt hat gerade noch gefehlt.
  23. Für uns Klultisten nicht so überraschend, aber... http://www.sciencedaily.com/releases/2009/03/090317111902.htm
  24. Um nicht weiter abzuschweifen, will ich nur noch auf eine interessante Quelle verweisen: "Ein Dorf vor dem Inquistor, Le Roy Ladurie, 1294-1324." Ungläubige Positionen (wenn auch nicht der intellektuelle Atheismus) waren auch unter Bauern weitaus stärker verbreitet, als man heute allgemein glaubt. (Die Bauern hinterliessen eben selber keine Schriften, und die christliche "Geschichtsbereinigung" war natürlich längst im Gange. ) Eine umfassende Darstellung dieser Zeit und ihrer Religiösität darf diesen Aspekt nicht übergehen.
  25. Zumindest letzte Frage kann man im Lovecrafts Sinne mit "Nein" beantworten. Selbstverständlich waren Lovecraft von seiner Umgebung religiöse und bigotte Positionen vertraut, sein Weltbild und der Mythos sind aber materialistisch aufgebaut, auch wenn möglicherweise moralische Prägungen feststellbar sind. Im Cthulhu-Mythos gibt es keinen Gott, und das christliche Weltbild ist definitiv nicht kompatibel. Weihwasser hilft nichts gegen Ghoule, da es natürlich nur einfaches Wasser ist. Trotzdem können natürlich Charaktere auf die Idee kommen, es auszuprobieren, aber sie werden nur einen nassgemachten und verärgerten Ghoul bekommen. Selbst die als Götter verehrten Gro?en Alten sind nicht wirklich Götter, sondern einfach nur sehr mächtige Au?erirdische. Und für das Mittelalter: Das MA war zwar in seinen verschiedenen Epochen stark religiös geprägt, aber es gibt bereits deutliche Anzeichen für deistische, agnostische und atheistische Positionen, sowohl auf Basis des einfachen Volkes, als besonders auch unter Intellektuellen. Selbst die vergeblichen Versuche Gottesbeweise zu finden, weisen darauf hin, dass es genügend Zweifel gab, um nach Beweisen suchen zu lassen. Von einer echten Aufklärung, wie sie in der Renaissance beginnt, kann man noch nicht sprechen, aber auf jeden Fall enstehen schon die ersten Grundlagen. (Es wäre auch merkwürdig, wenn vor und nach dem Mittelalter solche Positionen entwickelt wurden, und dazwischen ausschliesslich geistige Sendepause gewesen wäre.) (Wenn ich Zeit habe, mu? ich mal ein Dokument mit den einzelnen Geschichtsepochen zur ?bersicht machen, damit das MA nicht erst im Barock aufhört, etc.)
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