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[Nightmare Files] Kapitel 6 - Der lachende Tod


Der Läuterer
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Langsam wende ich mich wieder um. Da ist keine Wut mehr in mir. Nur noch gelassene Berechnung.

 

"Mr. Anderson ... würden Sie sich zutrauen, diesen Herren bitte einmal kurz für mich festzuhalten?"

 

Lässig greife ich in meine Tasche und ziehe daraus die Ampulle hervor, die ich auf der Treppe gefunden habe. Ich werfe einen kurzen gleichgültigen Blick auf das Etikett und lächle kalt.

 

"Nun, mein ... 'ungebildeter, armer Seemann', wenn Sie ein wenig mehr Bildung hätten, wüssten Sie vielleicht, was ich hier in dieser Ampulle habe und Ihnen gleich injizieren werde. ...

 

Nur keine Sorge, es wird Sie nicht sofort töten. Erst werden Sie uns alle Informationen geben, die wir haben wollen. Und dann ... nun dann wird es wie ein ganz natürliches Herzversagen aussehen. Nichts ungewöhnliches für einen versoffenen Küstenschiffer ... nichts worüber sich ein Polizist auch nur eine Minute den Kopf zerbrechen würde ...

 

Naja, da ich Ihrer Ansicht nach KEIN ARZT bin, weiß ich vielleicht doch nicht so genau, was weiter mit Ihnen passieren wird ... Was meinen Sie, wollen wir es gemeinsam herausfinden?"

 

Ich setze mich in Richtung Kutter in Bewegung.

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Dem Kapitän fällt vor lauter Überraschung die Pfeife aus dem offen stehenden Mund. "Mist!"

 

Er greift sich einen Boothaken, eine lange Stange mit einer Spitze und einem eisernen Haken. "Verrückter, alter Bastard."

 

"Jetzt zeigt der Bücherwurm sein wahres Gesicht." Er fuchtelt mit der Stange und stochert in der Luft herum.

 

"Sie bedrohen mich? Sie wollen mich töten? Sein Sie Manns genug und machen Sie es gefälligst selbst, Sie elender Feigling."

 

Der Mann scheint kampflustig zu sein. "Nur zu. Nur zu. Trauen Sie sich. Sobald Sie mein Boot betreten, sind Sie auf meinem Grund und Boden."

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"Oh, ich werde es selbst tun ... aber wir wollen doch nicht, dass die Spritze Sie irgendwo trifft, wo die Angelegenheit schmerzhaft wird und sich unnötig in die Länge zieht. Das wäre zutiefst unprofessionell. Und ... Arzt oder Scharlatan ... ich bin es gewohnt, meine Arbeit sehr gründlich zu erledigen.

 

Was denken Sie denn? Dass ich mit Ihnen einen Zweikampf austragen werde?", frage ich belustigt. "Nein, an einem Hundsfott wie Ihnen mache ich mir nicht die Hände schmutzig ... da bin ich ganz der feine Arzt!"

 

"Auch auf Ihrem Kahn sind wir hier im Hafen übrigens immer noch auf dem Privatbesitz Ihrer Majestät König George V. ... übrigens einer von Ihren geliebten Krauts, wenn man es genau nimmt, die Euch den Anus bis zum Brustbein aufgerissen hätten, wenn wir Yankees Euch nicht aus dem Abort gezogen hätten, in dem Ihr vor unserem Kriegseintritt bis zum Hals gesteckt habt. Hier hat nicht einmal Scotland Yard etwas zu melden. Und dass King George mir den irischen Buckel runterrutschen kann, habe ich doch wohl deutlich genug zu verstehen gegeben, nicht wahr?

 

Entweder Sie sagen uns jetzt augenblicklich alles, was Sie wissen, oder ich werde dieser Welt einen kleinen Dienst erweisen, indem ich sie von einem Trinker befreie.

 

Nun, vielleicht werde ich Sie dann noch ein oder zwei mal reanimieren, aber dann ..."

Edited by Joran
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"Sie sind ein übler Mistkerl. Und ich werde Ihnen NICHT sagen, was Sie wissen wollen. Aber ich werde Ihnen etwas anderes erzählen..." Der Kapitän spuckt erneut aus. "... ich bin einer von drei Kapitänen, die diese Insel versorgen. Sie sollten mich besser umbringen, denn sonst werde ich meinen Kollegen sagen, dass wir den Schiffsverkehr hierher einstellen sollten."
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Meine Augen weiten sich und ich schaue irritiert zu Matilde, dann wieder zu Savage. Sein Temperament wird zunehmend kaltblütiger und unberechenbarer. Das gefällt mir.

 

"Tun Sie einfach, was er sagt. Wir wollen keinen Ärger, brauchen aber Informationen, wenn Sie welche haben."

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"Genug" sage ich nach einer Weile.

"Wir sind hier alle Erwachsene, Gentlemen. Bitte"

Ich hebe die Hände auf.

"Wir sollten uns alle beruhigen"

Ich drehe mich zu Dr. Savage, und mustere ihn.

 

Der Mann hat viel gesehen. So wie wir, ne, viel mehr. Und er ist so unberechenbar, so wie Paul. Die zwei werden sich bestimmt sehr gut miteinander verstehen.

 

"Bitte, Herr Doktor. Lassen Sie es" sage ich sanft.

 Dann drehe mich zu dem Fischer, und frage ihn bitterernst

"Sagen sie, Kapitän. Haben Sie in den letzen Zeit, jemand anderen hierher gebracht? Ausser die Frau mit den Kinder? Oder..haben Sie vielleicht andere kleine Kutter gesehen, die Richtung Herm auch gefahren sind?"

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Der Kapitän ist aufgebracht und wütend. Er beachtet Matilde kaum und hat ihr sicher nicht zugehört.

Er hat lediglich Augen für Paul und Clive, von den er sich offensichtlich bedroht fühlt. "Ich werde Sie aufspiessen wie ein Spanferkel, wenn Sie an Bord zu kommen versuchen." Mit starrem Blick fixiert er die beiden.

 

"Ich wollte nett sein, aber jetzt ist klar, dass das ein schwerer Fehler war und es ist auch klar, weshalb wir nicht mit Ihnen, den Insassen, sprechen und den Kontakt zu Ihnen meiden sollen." Der Kapitän sticht mit dem Bootshaken drohend nach vorne in die Luft, ohne dabei jedoch jemanden zu gefährden.

 

"Sie sind die Monstren hier... und nicht irgendwelche seltsamen Phantasie-Kreaturen, wie diese sogenannte Wanderkrake. SIE sind die Monstren... Die Monstren sind SIE."

 

Er macht ein paar Schritte zurück zu den Aufbauten und zieht an einer Kette. Drei Mal. Und jedes Mal ertönt ein langgezogenes, dröhnendes, tiefes Tuten.

Edited by Der Läuterer
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"Das ist also Ihre Art 'nett zu sein'? Nun, jetzt gefallen Sie mir fast besser..."

 

Ich beachte den Kutterfahrer kaum, sondern schlendere über den Kai zu einem der Poller, an denen der Kutter vertäut ist, und setze mich betont gelassen darauf.

 

Das Tau ist so dick, dass es kaum zerschnitten werden könnte. Dem Seemann sollte klar sein, dass er nicht ablegen kann, ohne den albernen Bootshaken aus der Hand zu legen. Sobald er versucht, den Motor zu starten oder die Taue zu lösen, wird er die Kontrolle über die Situation verlieren. Wir brauchen nur abzuwarten...

 

Zur Contessa gewandt sage ich:

 

"Werteste, Sie wissen, dass ich Gewalt verachte. Und ich schätze Sie wegen Ihres weichen Herzens. Aber wir haben leider keine Zeit, uns mit den Allüren eines Säufers zu befassen. Hier sterben Menschen. Gute, aufrechte Menschen. Und da auf dem Schiff steht ein versoffener Feigling, der uns helfen könnte, dem ein Ende zu setzen. Aber statt uns einfach zu sagen, worum wir ihn höflich gebeten haben, ergeht er sich in Beleidigungen und Ausflüchten. Er weiß, dass hier etwas nicht stimmt ... trotzdem nennt er uns 'verrückt'.

 

Und während dieser arrogante, selbstgefällige Säufer meint, er kann diese Insel mit seinem altersschwachen Kutter verlassen, um sein wertloses Leben noch ein Weilchen bis zu seinem letzten Glas zu verlängern, werden hier weiter unschuldige, wertvolle Leben ausgelöscht.

 

Das kann ich nicht zulassen, meine Liebe.

 

Denken Sie an Dr. Andrews und dann sehen Sie sich diesen verkommenen Säufer an. Hätte er früher geredet, würde Dr. Andrews heute vermutlich noch leben. Und es wird weitere Menschen wie Dr. Andrews geben ... nur weil ER schweigt. Sollen wir dem tatenlos zusehen?

 

Soll ich zulassen, dass Sie das gleiche Schicksal wie Dr. Andrews ereilt, meine Schöne? Er wurde ertränkt, auf Sie wurde bereits geschossen. Dr. Cooper wurde im Bett ermordet, soviel wir wissen...

 

ER hat auch jetzt noch die Möglichkeit, zu reden, um das zu beenden. Aber er tut es nicht. Ich sage Ihnen auch warum:

 

IHM sind diese Menschenleben völlig gleichgültig. Das Leben anderer Menschen ist ihm nichts wert. Er denkt nur an seine mickrige Bezahlung und das nächste Glas Schnaps in seiner Hand.

 

Ich kenne solche Menschen. Ich habe sie überall auf der Welt angetroffen. Für ein Glas Schnaps ist er bereit zu morden. Dabei spielt es keine Rolle, ob er den Mord eigenhändig begeht oder durch sein Schweigen ermöglicht.

 

Ich bin nicht mehr bereit, gute Menschen wegen SO ETWAS sterben zu sehen." Ich deute auf den Seemann.

 

"Ich bin Arzt. Ich habe geschworen, Leben zu schützen und zu bewahren. Und ich bin gewillt, alles Notwendige dafür zu tun.

 

Wissen Sie, Contessa, wir befinden uns hier in einem Krieg, weil immer wieder Menschen sterben. Auch im Großen Krieg musste ich als Arzt akzeptieren, dass einzelne Soldaten sterben, um möglichst viele andere retten zu können. Und jeder von den Jungs hätte es mehr verdient, heute noch zu leben, als DER DA!

 

Diese Entscheidung ist hart, aber als Arzt musste ich sie treffen. Und heute muss ich auch abwägen und entscheiden, weil ER mir keine Wahl lässt ... weil ER SCHWEIGT. Es ist seine Entscheidung, mir keine Alternative zu lassen."

Edited by Joran
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“Hören Sie, Sie Arzt... bald werden wir Gesellschaft bekommen. Jemand wird kommen... denn ich habe das Zeichen gegeben. Vermutlich werden Sie Ärger bekommen. Und vielleicht werde ich auch Ärger bekommen.“

 

“Aber ich habe weder Lust auf Ärger mit dem Sanatorium, noch mit Ihnen.“ Der Kapitän stützt sich auf den Bootshaken und kratzt sich am Kinn. “Ich werde Ihnen für jede Leine, die Sie losmachen, eine Ihrer Fragen beantworten. Wenn ich die Antwort nicht weiss, haben Sie eben Pech gehabt. EINVERSTANDEN?“

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Bevor ich dem Kutter-Kapitän wieder mein Gesicht zuwende, werfe ich der Contessa und Mr. Anderson einen fragenden und zugleich erleichterten Blick zu.

 

In dem Blick der sanften Contessa meine ich Erschrecken und Ablehnung zu lesen, als sehe sie mich nun mit anderen Augen. "Was sollte ich von einer zarten jungen Frau auch anderes erwarten, nach diesem Gastspiel?" Zwar ist es mir eine gewisse Genugtuung, nun seit langem erstmals wieder das Gefühl zu haben, wirklich ernst genommen zu werden. Und doch versetzt es meinem Herzen einen kleinen Stich, auch im Ansehen dieser jungen Frau wieder die Chance auf ein normales Leben als schlichter Arzt eingebüßt zu haben.

 

Mr. Andersons Blick hingegen lässt mich vor mir selbst erschrecken. Er ist für mich kaum einschätzbar, aber in Andersons Gesicht deutet nichts auf Ablehnung oder Verurteilung meines Verhaltens hin. "Was ist das, was in diesen undurchdringlichen Augen steht ... Anerkennung? ... Lust? ... Vorfreude?" Ich muss unvermittelt schlucken.

 

Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein und es sind lediglich die beiden Seiten einer Medaille in meinem Kopf, das Ringen meines Gewissens.

 

Unentschlossen, wie ich auf den Vorschlag des Trunkenbolds reagieren soll, warte ich auf ein Signal meiner Gefährten ... meiner Bundesgenossen in diesem plötzlich entfesselten irren Tanz aus Blut und Tod, der um mich in dem Moment losgebrochen ist, als ich heute Morgen mein Zimmer verließ... und der noch lange kein Ende gefunden hat, wie mir mit plötzlicher Gewissheit klar wird...

 

Langsam wandert die Hand mit der Ampulle zurück in Richtung Tasche ...

Edited by Joran
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Ich nehme eine Leine in der Hand.

"Herr Kapitän, bitte, würden Sie so nett sein, um zu kontrollieren, ob Sie einen blinden Passegier bei sich haben? Wir sind Dr. Warner gefolgt, weil wir beobachtet haben, wie er etwas gestohlen hat. Und so nett er auch zu Ihnen gewesen ist. Ich hoffe Sie wollen sich nicht strafbar machen."

 

mein Blick ist fest, bestimmt.

 

Ich meine es ernst.

 

Vielleicht hat er die Akten von Cooper geklaut.

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"DAS ist Ihre ERSTE Frage?" Der Kapitän wirft den Kopf in den Nacken und saugt die Luft ein, als würde er ersticken müssen. Er lacht, hustet und lacht erneut... Dann hustet er wieder... "Und Ihre zweite Frage lautet dann bestimmt 'Was habe ich in meiner Tasche.'" Der Kapitän prustet und lacht aus vollem Hals. "Und ich dachte schon, Sie würden es ernst meinen. Ich habe mich schon bedroht gefühlt. Doch jetzt weiss ich, dass Sie mich nur auf den Arm nehmen wollen." Er zeigt auf Euch und lacht weiter. "DAS... Das... das ist gut... Ein guter Witz. Ein echter Brüller... Richtig spassig... Sehr gut."
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"Dr. Warner ist ein hinterhältiges Schwein, der mich Monatelange missbraucht hat, und Leute auf den Gewissen hat. Er ist gerade aus dem Sanatorium weggerannt, wo eines seinen Kolleges für tot erklärt worden ist, und ich könnte mir vorstellen, dass er schon in ihrem Boot sich versteckt hat.

Er ist ein Feigling, und hat Angst.

Ich flehe Sie an. Kontrollieren es. Wenn ich mich irre, könnten sich noch mehr über mich lustig machen"

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Wieder versteinern meine Gesichtszüge. Langsam und gelassen wende ich mich zu dem Seemann um.

 

"Seien Sie sich bloß nicht zu sicher! ... Tun Sie einfach, was die beiden Ihnen sagen!

 

Dann können wir ANSCHLIESSEND darüber lachen und erhobenen Hauptes auseinandergehen."

 

Ich funkele den 'Kapitän' kalt an und lasse noch einmal die Ampulle geübt zwischen meinen Fingern wandern, bevor ich sie in meiner Tasche verschwinden lasse.

 

"... monatelang missbraucht ...", hallt es in meinem Kopf wieder. "... monatelang missbraucht ..." Ich spüre, wie meine Gedanken wieder abzudriften drohen. Leise höre ich die Schreie aus der Vergangenheit hallen. Ich suche einen Haltepunkt im JETZT, einen Anker für meinen Verstand. Ich greife in meine Westentasche, öffne die Taschenuhr und blicke auf die Zeiger. Ich spüre das Gewicht der Uhr in der Hand. Ich stelle mir das Innere der Uhr vor, die Zahnräder, die Unruh, die Feder ... und alles andere ... "STOP! Das führt mich wieder in die Vergangenheit! Ich brauche etwas REALES, etwas GEGENWÄRTIGES, etwas ohne jeden Bezug zu meiner Vergangenheit ..."

 

Ich blicke auf ... der Kutter ... nein ... der Seemann ... nein ... die Contessa ... Ich konzentriere mich auf die junge Frau ... blicke auf Anderson ... ja, diese beiden haben keinen Bezug zu meiner Vergangenheit. Und doch scheinen sie ... zu mir zu passen ... es fügt sich zusammen wie Teile eines Puzzles. Sie sind bereit, zu glauben, was sonst niemand versteht. Ja, ich werde mich darauf konzentrieren, sie zu unterstützen. ... Vielleicht Ihnen in der Zukunft etwas von meinem Wissen und Erfahrungen weitergeben. ... Wir alle tragen eine Last. ... Wir könnten sie wechselseitig teilen ... vielleicht ...

Edited by Joran
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