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Corona


Corpheus
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So ist das in den Sozialwissenschaften, harte Beweise gibt es selten. Und "Filterblase" ist ein Sammelbegriff für verschiedene Phänomene, deswegen habe ich es auch nur als Stichwort genannt.

 

Ich halte es für gegeben dass Menschen soziale Wesen sind und so ständige Bestätigung aus der Umgebung benötigen, von ihren Partnern, von der Familie, von Freunden und gerne auch von der Gesellschaft als Ganzem. Deshalb ist es ein schönes Gefühl Teil einer Bewegung zu sein, sei es als Fußballfan in der Fankurve, als Fahneschwingender Fan der Nationalmannschaft während dem WM-Finale, als singendes Mitglied einer Kirchengemeinde, im Verein, im Shadowrun-Forum oder der Telegram-Gruppe von Hildmann. Oder auch nur als gemeinsamer Konsument bestimmter Medien, z.B. dem Deutschlandfunk.

 

Und da sehe ich die Möglichkeit sich seine bestätigende Realität selbst zu schaffen, eben durch abgeschlossene soziale Systeme. Das ist kein neuer Mechanismus, Sekten haben oft als ersten Schritt den Abbruch aller Sozialkontakte, gewalttätige, toxische Partner haben als ersten Schritt den Abbruch aller Sozialkontakte, nur um mal Extrembeispiele zu nennen.

Das muss auch nicht negativ sein, als Shadowrunner hat man ja gerne einen abgeschlossenen Raum ohne sich ständig erklären zu müssen. Als Harry Potter Fan will man halt mit anderen Fans zusammen sein, Gemeinschaft erleben. Als Christ trifft man sich mit anderen Christen zum Gottesdienst usw usw.

 

Soziale Medien schaffen einen neuen Raum für so abgeschlossene soziale Systeme. Einerseits auch technisch abgeschottet, z.B. geschlossene Facebook-Gruppen oder Telegram-Kanäle, andererseits auch offen, z.B. Kommentarspalten von Youtube. Auch wenn die alle jeweils durch eine Registrierung schon eine eigene abgeschottete Gesellschaft bilden.

 

Ich glaube auch nicht an das Massenphänomen Filterbubble, bzw halte das für überschätzt. Im Bereich von Radikalisierung ist das meiner Meinung nach aber ein entscheidendes Merkmal, dass man sich, egal wie extrem, mit immer weiteren Gleichgesinnten umgeben kann und so die Minimalzahl der benötigten Kontakte für das soziale Funktionieren aufrechterhält. Die scheint so zwischen 10 und 100 zu liegen, je nach Typ.

 

Um den Bogen wieder zurück zu kriegen: Wenn man einmal in so einer abgeschlossenen Gemeinschaft drin ist kommt man nur schwer wieder raus, vor allem ohne Hilfe von außen.

Und da sehe ich die Corona-Leugner, die völlig unterschiedliche Vorstellungen haben, links, rechts, geradeaus, aber alle geeint in einer gemeinsamen Vorstellung dass sie belogen werden, und im Aberglauben dass "das Virus" nicht existieren kann, weil die Alternative dazu wäre zu schrecklich.

Und dass sie mit Nazis gemeinsam marschieren, das ist Nebensächlich, denn das "große Ganze" ist wichtiger, und auch mit den Nazis eint sie ja die Vorstellung dass sie belogen werden von der Regierung, von der "Lügenpresse".

Dass sie mit rechtsradikalen Kampfbegriffen skandieren fällt dem Uneingeweihten halt auch nicht auf, hatten wir hier ja schon öfter das Thema. Stehen ja auch nicht alle rum und machen den Hitlergruß, eben weil die Corona-Leugner (noch) nicht offen rechtsextrem sind sondern "nur" große Überschneidungen haben.

Eine rechtsextreme, populistische Partei wie die AfD ist ständig auf der Suche nach dem nächsten großen Ding, und Corona-Leugnung könnte das eben sein.

Unterwanderung sozialer Bewegungen ist ein erklärtes Ziel rechtsradikaler Strategen, und da gehört es eben dazu sich mit Reichskriegsflagge in die Corona-Leugner-Demo zu stellen, und nicht mit Hakenkreuzen.

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Heute Morgen gelesen:

Wie Jared Kushner seinen Corona-Plan für die USA (vermutlich) aus politischen Gründen verworfen hat.

 

 

Most troubling of all, perhaps, was a sentiment the expert said a member of Kushner’s team expressed: that because the virus had hit blue states hardest, a national plan was unnecessary and would not make sense politically.

 

https://www.vanityfair.com/news/2020/07/how-jared-kushners-secret-testing-plan-went-poof-into-thin-air

 

Fällt mir wirklich schwer sich in so ein menschenfeindliches Denken hineinzuversetzen. Und die täglich neuen Skandale und Ablenkungen von Trump machen es auch wirklich schwer sich auf wesentliches zu konzentrieren. Während es bei "Hillarys Emails" vordergründig darum ging dass private Kommunikation in der Politik nicht genutzt werden soll um Dinge nachvollziehbar und transparent zu dokumentieren (siehe auch Scheuers Emails) ist es mittlerweile wohl erklärte Absicht. Wenn man diese Geschehnisse sicher nachweisen könnte müssten einige der Beteiligten wegen ihrer direkten Mitarbeit am Tod vieler zehntausend Menschen für eine lange Zeit ins Gefängnis.

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In Australien hat der Bundesstaat Victoria nach 671 neuen Fällen am Wochenende den "State of Disaster" ausgerufen und einen harten Lockdown mit 5km Radius und nächtlicher Ausgangssperre verhängt.

https://twitter.com/SBSNews/status/1289813340458323971

 

Australien war zwischendurch auch nahe der Null, kann alles ganz schön schnell gehen.

 

Wobei das im Vergleich zu Florida, mit 10.000 neuen Fällen täglich, auch zeigt wie weit draußen die USA so sind in ihrer Ignoranz.

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Reaktion auf die Demo am WE in Berlin:

 

Demos gegen Corona-Auflagen - Städtetag fordert Härte bei Verstößen

 

Der Deutsche Städtetag hat ein hartes Vorgehen gegen Demonstranten gefordert, die die Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie nicht einhalten.

 

http://www.deutschlandfunk.de/demos-gegen-corona-auflagen-staedtetag-fordert-haerte-bei.1939.de.html?drn:news_id=1157799

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Die FAZ kann man bitte langsam einstellen. Wann haben die das letzte mal etwas relevantes veröffentlicht? Auch hier wieder: "Debatte um die Versammlungsfreiheit." Nein. Niemand debattiert über die Versammlungsfreiheit. Das war im Frühjahr, als Demos per se verboten waren. Momentan ist klar, dass die erlaubt sind. Es geht nur darum, dass es so eben nicht geht...

 

Florida hat übrigens viermal so viele Einwohner wie Queensland. Aber das macht den Vergleich auch nicht weniger blamabel für die USA. ;)

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Ich denke auch nicht dass Maske tragen und Abstände einhalten eine unverhältnismässige Einschränkung des Demonstrationsverbotes ist.

Die Polizei kann sicher nicht bei jeder Umarmung einschreiten, und grundsätzlich wäre das Verhalten der Polizei auf einer normalen Demo auch ok gewesen, ab und an mal Hinweise sollten an sich reichen.

Nur war das keine normale Demo, es geht ja gerade um das absichtliche Nichteinhalten der Regeln und Auflagen.

Man hätte aus den ganzen anderen Corona-Leugner-Demos, bei denen es genau so zu ging, lernen können.

Wenn dieser Lernprozess jetzt einsetzt ist es zwar spät, aber besser als nie.

 

Wenn ich mir die Berichte von Busfahrern, Apothekern, Ärzten etc anhöre oder lese scheint es eine kleine, aber sehr penetrante Minderheit zu sein die sich weigert Maske zu tragen.

Ich denke dass man da Regeungen konsequent umsetzen muss, und ggf auch schmerzhaft (im Sinne eines Bußgeldes).

Dazu gehört auch dass das Betreten von Geschäften ohne Maske überall verboten sein sollte. Mit einem Bußgeld für den Besitzer/Betreiber steigt dann die wirtschaftliche Motivation Kunden darauf hinzuweisen und den Betritt zu verweigern.

 

In einer Apotheke bei uns winkte ein Maskenloser von draußen, konnte sein Anliegen dann vortragen und bekam eine Maske rausgereicht, funktioniert also auch wenn man seine mal vergessen hat.

Auf dem Wochenmarkt werden Maskenlose auch konsequent angesprochen und nicht bedient, da erinnern sich viele dann daran dass sie ihren MNS im Auto "vergessen" haben.

 

Wäre einfacher wenn man das sofort in den Anfängen unterdrückt hätte, aber offenbar muss ein Problem erst eine gewisse Größe haben um auch von den Trägern der Verantwortung bemerkt zu werden.

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Faktenchecks gibt es dazu viele. Macht auch halbwegs Sinn die zu veröffentlichen. Ändert aber vermutlich nichts am festen Glauben der Teilnehmer daran dass es viel viel mehr waren. Stattdessen zeigt es dass auch RND und taz und... jetzt auch alle "Lügenpresse" sind.

Im taz-Artikel dazu wurde auch erwähnt dass regelmässig übertrieben wird bei Teilnehmerzahlen, das hier ist aber ein anderes Phänomen, mit Übertreibung lässt sich der Sprung von 20.000 auf 1.3mio nicht mehr erklären.

Wenn die Behauptungen allzu absurd werden kann das auch als Mittel dienen die wahren Gläubigen von denen zu trennen die nur so tun. Viele religiöse Gebote funktionieren nach ähnlichen Maßstäben (auch wenn es manchmal andere gute Gründe für sie gibt).

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Randbemerkung: bin am Wochenende aus Versehen in die Demo reingelatscht. Wollte eigentlich eine gemütliche Gassirunde mit meinem Hund durch den Tiergarten machen, hatte aber den Streckenverlauf anders im Sinn, und auf einmal laufen Leute mit QAnon-Shirts an mir vorbei. Paar Meter weiter später war ich dann in einer größeren Ansammlung, da sie sich überall im Grün verteilt hatten.

 

Die saßen da mit ihren Kindern, Reichsflaggen in Sicht und jubelten dem Bühnensprecher zu. Der gab grad von sich: "Seid ihr rechts - neeeein", "Seid ihr links - neeeeein", "Trump unterstützt uns - jubel", "QAnon ist unsere Bewegung - jubel" etcpp. Da konnte ich echt nur den Kopf schütteln.

 

Später noch 2 Frauen begegnet, die mich gefragt hatte, ob ich zur Abschlusskundgebung wolle.

Ich: "ne, zu den Coronaleugnern gehe ich bestimmt nicht"

Die: "Leugnern? das kann man ja so oder so sehen"

Ich: "also wenn Menschen sterben, finde ich nicht, dass man es so oder so sehen kann"

Die: "ja, wenn man das denn alles glauben will"

Ich: "meinen Sie denn wirklich, dass die Toten in Italien und NY alle nur inszeniert wurden?"

Die: "hüstel stammel schweig"

Ich: "Sie laufen da mit Verschwörungstheoretikern und rechtsradikalen QAnon-Anhängern mit, das ist Ihnen doch klar?"

Die: "das wird ja immer nur so dargestellt"

Ich: "ne, das wird nicht so dargestellt. Ich bin vorhin an der Bühne vorbei, da wurde QAnon gerade von der großen Menge bejubelt"

Dann zog ihre Freundin sie weg und sie blieben stehen. Ich bin mit meinem Hund gemütlich weitergegangen.

 

Meiner Meinung nach: wie eine Sekte.

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Meiner Meinung nach: wie eine Sekte.

QAnon ist definitiv wie eine Sekte, eine rechtsradikale Internetsekte. Ist leicht darüber zu lachen, weil ist ja auch wirklich sehr absurd was sie da glauben und verbreiten. Die Aussagen der Betroffenen sollte man auch nicht ernst nehmen, aber sie selbst als Menschen schon.

Leute die sich dafür interessieren suche ich auch gerne passende Artikel raus oder versuche mein Wissen aufzubereiten, wurde da schon ein paar Mal gefragt.

Jemanden der daran glaubt würde ich nicht in ein Gespräch verwickeln wollen, außer es handelt sich um einen Freund oder Familienangehörigen.

Diese Menschen sind natürlich auf der Suche nach Bestätigung und freuen sich über jeden der ihre abstrusen Theorien hören möchte, da bringt eine Sachebene nichts, es gibt keine gemeinsame Realität mit der man als Grundlage arbeiten kann.

Da gilt es klar Kontra zu geben, das fällt dann unter Zivilcourage. Im Zweifelsfall ist die eigene Sicherheit wichtiger.

 

Die Zivilgesellschaft kommt ja schon mit regulärem Internet kaum klar, mit den QAnon-Leuten dann erst recht nicht. #Neuland

 

Bei den meisten der großen Anschläge der letzten Jahre gab es einen verschwörungsgläubigen Hintergrund, meistens der "Große Austausch". QAnon macht diese Dinge noch radikaler, und auch wenn es keine direkt offensichtliche Verbindung der Attentäter gibt liegt die schon relativ nahe.

Immerhin haben die meisten selbsternannten Kinderbefreier in Pizzerias hierzulande keine Sturmgewehre.

 

Edit: Eigentlich kann man einige QAnonler auch als Rollenspieler sehen. Nur dass sie das ihre Shadowrun-Dystopie nicht von der realen Welt trennen können. Hoffentlich kommt da nicht irgendwann eine zweite Satanistenpanikwelle :wacko:

Edited by slowcar
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Guter Artikel von Sascha Lobo über QAnon in Deutschland:

Verschwörungs-Ideologie zum Mitmachen

 

Den dort angesprochenen IKEA-Effekt kannte ich noch nicht, leuchtet aber sofort ein: Wenn man selbst an etwas mitmacht ist es besser (wird besser wahrgenommen). Gegenüber sich selbst ist man ja zumeist gnädiger als gegenüber den Mitmenschen, egal um welche Missetat es geht.

Edited by slowcar
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Meiner Meinung nach: wie eine Sekte.

 

QAnon ist definitiv wie eine Sekte, eine rechtsradikale Internetsekte.

 

...

 

Da gilt es klar Kontra zu geben, das fällt dann unter Zivilcourage. Im Zweifelsfall ist die eigene Sicherheit wichtiger.

 

... meistens der "Große Austausch". QAnon macht diese Dinge noch radikaler ...

 

 

 

Jup, und mit oberflächlich zwar möglichst versteckt, aber im Kern antisemitischer Konnektion.

 

Bei der nächsten Demo werde ich auch meinen Hund vorher zur Hundesitterin bringen und aktiv bei der Gegendemo sein. (Sonne und Menschenmassen will ich ihm nicht antun.) Ich scheue mich nicht zur Gegenrede und hab meist kurze knackige Gegenargumente. Ob das was bringt sei mal dahingestellt, aber die Leute unkonfrontiert zu lassen, ist auch keine Lösung.

 

Und irgendwie befürchte ich, dass auch bei der nächsten Demo mit zu wenig Polizei reagiert wird und die offensichtlichen Verstöße wiederholt ungeachtet bleiben.

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Auf solchen Aussagen beruft sich ein Großteil der politischen Maßnahmen. Ich kann mich zumindest in meinem Bundesland daran erinnern, dass überhaupt im Gespräch war, dass Schüler mit Masken im Unterricht sitzen sollten. Im Gegenteil, hier wird klar kommuniziert, dass keine solche Tragepflicht angedacht ist:

 

https://www.sol.de/news/update/News-Update,489829/Schulen-im-Saarland-Erst-einmal-keine-Maskenpflicht-im-Unterricht,489970

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Guest
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