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Politische Diskussionen sind hier nicht OT


Sir Doudelzaq
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@Loki, ok, dann habe ich dich zunächst missverstanden.

 

Ich persönlich kann mir nicht diskriminierenden Rassismus nur sehr schwer in der Realität vorstellen. In der Theorie durchaus, aber eben nicht in der erlebten Realität. Es findet eigentlich immer eine Wertung auf Grund der Erwartungshaltung statt, wenn ich mich nicht permanent selbst dazu "zwinge" diesen Impuls zu unterdrücken bzw. - besser - ihn permanent selbst zu hinterfragen. Und eine Wertung bedeutet ja auch immer eine Einordung in besser / schlechter, sympathischer / unsympathischer, freundlicher / unfreundlicher, bedrohlicher / unbedrohlicher, unangenehmer / angenehmer... etc. Also bin ich in der Regel immer einer bestimmten Gruppierung aufgeschlossener gegenüber als einer anderen, sobald ich gruppiere. Das ist wie gesagt wichtiger Urinstinkt und kein Mensch kann das wirklich permanent unterdrücken oder permanent ausschalten. Es ist schlicht menschlich. Rassismus ist daher sogesehen menschlich. Der persönliche Umgang damit, das Einordnen dieser menschlichen Eigenschaft als "Schwäche" in unserer Gesellschaft, entscheidet aber für mich darüber ob man in einer offenen modernen Gesellschaft angekommen ist, oder nicht. Ob man Rassist ist, oder nicht. Und es gibt im Umgang mit Fremden auf der Straße ja auch viele gute Gründe für dieses Verhalten und es gänzlich abzulegen ist daher eben auch naiv und nicht sinnvoll. Aber die Fähigkeit zu unterscheiden, ab wann diese automatische Segmentierung richtig und sinnvoll ist und wann sie falsch und unsozial ist, macht auch den Unterschied. Ich denke es ist viel wichtiger zwischen einem Rassisten und rassistischen Denkmustern zu unterscheiden.

Für mich ist der ein Rassist, der eben in dieser menschlichen Eigenschaft in vielen ungefährlichen und kontrollierbaren Situationen keine Schwäche sieht, sondern in jeder Situation darin eine Stärke erkennt, diese Eigenschaft für natürlich und immer korrekt bewertet. Für den es vollkommen richtig ist, dass wir Gruppieren und anders behandeln. Jemand, der darin nicht die Diskriminierung erkennt, der immer in wir und die unterscheiden muss, der verkennt, dass es immer um ein Individuum gehen muss, und nicht um die Gruppen, denen man dieses Individuum zuordnen kann. Jemand, der kein Problem in dem Folgen einer Fehleinschätzung durch diese gruppierte Bewertung sieht, sondern diese Folgen billigend in Kauf nimmt und als gegeben akzeptiert. Dort beginnt für mich tatsächlicher Rassismus, daher ist er für mich auch immer automatisch diskriminierend. Während theoretisch Rassismus natürlich viel früher beginnt, aber eben noch Niemanden zu einem Rassisten macht.

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Wenn mir jemand im Alltag begegnet, ist der erstmal Deutscher und spricht Deutsch, bis mir was anderes rumkommt. Ist schließlich Deutschland hier, statistisch sind die meisten Leute dann doch eher Staatsbürger als nicht.

Wow, so einen Rassismus hätte ich nicht erwartet. So werden Schweizer und Österreicher unterdrückt und niemand sieht dabei ein Problem :)

 

Als Hamburger ist meine Erwartungshaltung, Österreichern oder Schweizern zu begegnen recht gering. Wer sich mir als solcher zu erkennen gibt nach dem Beginn eines Gesprächs, kriegt aber selbstverständlich Englisch (oder Französisch, wenn Welscher Schweizer) angeboten.

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In jedem Fall eine interessante Frage, macht man sozusagen nichts falsch, wenn man grundsätzlich von jeder Person annimmt, sie sei - tja was eigentlich - hier geboren, hier Bürger, hier mit dauerhaftem, hier mit langfristigem oder hier mit regelmäßigem Aufenthalt? Das sind ja alles Formen von zur Gesellschaft gehören, die über das Besucher sein hinausgehen.
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Wenn das eingruppieren von Menschen anhand ihres Äußeren jemanden zum Rassisten macht, ist jeder Mensch ein Rassist. Und damit eignet sich der Begriff des Rassismus nicht mehr als moralisch-wertende Bezeichnung.

 

Von daher kann ich mich dieser imho viel zu weit gefassten Definition von Rassismus auch nicht anschließen.

 

Nur weil ich den südländisch aussehenden Döner-Mann in der Döner-Bude für einen Türken halte bin ich ein Rassist? Dann ist ja quasi jeder ein Rassist...

 

Was bin ich, wenn ich die Person mit den optischen Merkmalen einer Frau für eine Frau halte (und nicht auch für vieleicht doch männlich oder divers? Diskriminierend??

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Wenn das eingruppieren von Menschen anhand ihres Äußeren jemanden zum Rassisten macht, ist jeder Mensch ein Rassist. Und damit eignet sich der Begriff des Rassismus nicht mehr als moralisch-wertende Bezeichnung.

 

Von daher kann ich mich dieser imho viel zu weit gefassten Definition von Rassismus auch nicht anschließen.

 

Nur weil ich den südländisch aussehenden Döner-Mann in der Döner-Bude für einen Türken halte bin ich ein Rassist? Dann ist ja quasi jeder ein Rassist...

 

Was bin ich, wenn ich die Person mit den optischen Merkmalen einer Frau für eine Frau halte (und nicht auch für vieleicht doch männlich oder divers? Diskriminierend??

 

Wie gesagt, die Einteilung / Gruppierung allein macht Niemanden zum Rassisten. Es ist der Umgang mit dieser menschlichen Eigenschaft, der den Unterschied macht. Die Frage ist doch wie gehst du mit dem Automatismus um, dass du automatisch den "südländisch aussehenden Döner-Mann in der Döner-Bude" als Türken zuordnest. Ändert das was in deinem Verhalten ihm gegenüber? Gehst du deshalb davon aus, dass er kein Deutscher sein kann? Gehst du automatisch davon aus, dass er ein erszkonsevativer Moslem ist, der seine Frau zu hause ohne Kopftuch nicht vor die Tür lässt, seinen Sohn zum Macho verzieht und seine Tochter zu unterwürfigen Dienerin, die er mit 14 zwangsverheiratet?  Oder gehst du einfach davon aus, dass er offensichtlich türkische Wurzeln hat, deshalb aber keine weitere Wertung vornimmst oder zumindest dir darüber bewusst wirst, dass jede weitere Wertung auf diesem Wissenstand falsch wäre? Dieser Unterschied macht dich zum Rassisten, nicht die Tatsache, dass du die türkischen Wurzeln an seinem Aussehen und ggfl. Verhalten/Sprache klar erkennen kannst. Und die Unterscheidung zwischen Herkunft der Eltern und Staatsbürgerschaft.

 

BTW: Gehst du in dem Beispiel oben erstmal von dem erzkonservativen Moslem mit all den genannten Konsequenzen aus, kann es schnell passieren, dass du damit einem kurdischen Christen, dessen Eltern aus Nordsyrien stammen, der aber hier aufgewachsen ist deutscher Staatsbürger ist und mit einer atheistischen Hamburgerin seit 2 Jahren zusammen lebt, gerade unbewusst geistig großes Unrecht getan hast. Und das ist eben das Problem von Rassimus und das ist der Grund warum dein Umgang mit der automatischen Eingruppierung von Menschen auf Grund ihres Aussehens darüber entscheidet, ob du ein Rassist bist und nicht die Tatsache, dass in deinem Kopf permanent automatisch Dinge passieren, wenn Menschen siehst. Es geht nur um deinen Umgang mit dieser menschlichen Eingenschafft.

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Aber nach Deiner Definition ist es rassistisch, die Einteilung im Kopf vorzunehmen, daß diese Personen Deutsche sind. Nur weil sie so aussehen.

 

Rassismus beginnt im Kopf bei der Einteilung von Menschen anhand äußerer ("rassischer") Merkmale

 

Leute sind nicht Deutsche (nach meiner Annahme), weil sie so aussehen, sondern weil, bis ich etwas anderes annehmen muss, jeder von mir als Deutscher behandelt wird (da statistisch wahrscheinlich hier in Deutschland).

Aber du willst mich offensichtlich missverstehen, von daher ist das meine letzte Erwiderung darauf.

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Wenn das eingruppieren von Menschen anhand ihres Äußeren jemanden zum Rassisten macht, ist jeder Mensch ein Rassist. Und damit eignet sich der Begriff des Rassismus nicht mehr als moralisch-wertende Bezeichnung.

 

Von daher kann ich mich dieser imho viel zu weit gefassten Definition von Rassismus auch nicht anschließen.

 

Nur weil ich den südländisch aussehenden Döner-Mann in der Döner-Bude für einen Türken halte bin ich ein Rassist? Dann ist ja quasi jeder ein Rassist...

 

Was bin ich, wenn ich die Person mit den optischen Merkmalen einer Frau für eine Frau halte (und nicht auch für vieleicht doch männlich oder divers? Diskriminierend??

Es sind rassistische Gedankengänge. Rassist wirst du, wenn du dich von diesen Gedankengängen in deinem Verhalten leiten lässt.

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[...]

 

Nur weil ich den südländisch aussehenden Döner-Mann in der Döner-Bude für einen Türken halte bin ich ein Rassist? Dann ist ja quasi jeder ein Rassist...

 

[...]

Es sind rassistische Gedankengänge. Rassist wirst du, wenn du dich von diesen Gedankengängen in deinem Verhalten leiten lässt.

Ich denke allerdings "für einen Türken halte[n]" bedeutet hier nicht, ich gehe davon aus, er ist Staatsangehöriger der Türkei und geht bald wieder nach Hause. Türke bedeutet im deutschen Kontext, dass man erstmal davon ausgeht, dass es sich um jemanden handelt, der in Deutschland lebt und in irgendeiner Weise persönlich oder familiär eine Herkunft aus der Türkei hat. Eher nicht um jemanden der sich hier nur kurz bzw. sporadisch aufhält. Und wenn man da die Statistik bemüht, muss man raten, ob die Person deutscher Staatsangehöriger ist oder nicht:

 

https://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%BCrkeist%C3%A4mmige_in_Deutschland

 

Im Jahr 2018 hatten etwa drei Millionen Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland ihre familiären oder religiösen Wurzeln in der Türkei, von denen ungefähr die Hälfte die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

Man kann sich natürlich trotzdem über die Bezeichnung als "Türke" streiten (Türkeistämmige sind zum Beispiel auch Kurden), aber offenbar trifft in etwa der Hälfte der Fälle zu, dass die Leute keine deutschen Staatsbürger sind. Wollen die also zum Beispiel als Deutschtürken oder gar als Deutsche verstanden werden oder fänden sie das wiederum anmaßend?

 

Bleibt, ist es rassistisch anzunehmen, in Dönerläden arbeiten vorallem Türken bzw. alle Menschen mit grob passenden Aussehen, die in Dönerläden arbeiten sind relativ wahrscheinlich Türken? Das scheint mir eine außerhalb rassistischer Annahmen zu liegende Frage wieviel Einblick hat man in dieses Geschäft und damit eher im Bereich von Stereotypen.

Edited by Loki
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Also ich kann nicht von mir behaupten erkennen zu können ob jemand aus der Türkei, Griechenland, Zypern, Jordanien, Syrien, Iran, Irak oder Afghanistan stammen könnte. So wenig wie ich erkennen kann ob jemand in Österreich, der Schweiz, Belgien oder Frankreich geboren wurde.
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Ja, ich würde mir das auch nicht zutrauen. Ich weiß auch nicht, wo man es vielleicht müsste. Denn es ist jetzt auch nicht unbedingt positiv, dass man es da nicht kann.

 

Die Frage ist aber genau wieviel Überlegung man überhaupt da reinsteckt. Dass man jemanden ohne weitere Reflektion aus irgendwelchen Grundannahmen für einen Türken hält, ist egal, wenn man dort nur sein Essen kauft. Ironischerweise sind das Problem ja diejenigen, die mehr Interaktion mit Menschen haben, die nicht als deutsch-und-sonst-nichts gelesen werden. Denn das sind die Leute, die mit ihren stereotypen und rassistischen (stereotypen) Vorstellungen eine zermürbenden Effekt ausüben, das Gefühl beständig als fremd behandelt zu werden. Ich würde sogar sagen die nicht-rassistischen Stereotype sind dabei das Schlimmere. Mit "war halt ein Rassist" kann man das noch eher von sich weisen und das führt vielleicht auch dazu, dass vieles als Rassismus klassifiziert wird.

 

Also diese Gruppe sollte, sobald sie sich des Problems gewahr wird, hinterfragen, inwiefern man seinem Gegenüber irgendwelche sehr vagen Ideen über dessen Identität und davon abgeleitete Annahmen aufs Brot schmieren muss. Wenn man sich weigert das auch nur in Erwägung zu ziehen, nach dem Motto ist mir doch egal welche Art von fremd mir da gegenüber steht, hat man es mit Chauvinismus zu tun. Und da ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass auch eine gute Portion Rassismus mit im Denken vorherrscht.

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Hiho,

also ich fand es eigentlich immer interessant der Frage nachzugehen, ob wir unsere Herkunft/Abstammung auch im Aussehen in uns tragen.

Für Asiaten ist das ja offensichtlich so. Ist das auch für uns Europäer so? Und wenn ja wieso?

 

Nun muss ich also annehmen, daß das rassistische Fragestellungen sind, oder?

 

Umgekehrt z.B.  die Fragestellung jemanden zu beschreiben, ohne auf "rassistische" Merkmale einzugehen (also "südländischer Typ" würde nicht gehen). Würde mich mal interessieren wie gut das funktioniert. Könnte mir vorstellen, daß das für viele extrem kompliziert ist. (Jeder beschreibt den Kellner wo er zum letzten Mal gegessen hat, und wir raten wo es war :) )

 

Grüße

 

EDIT: Damit das nicht falsch rüberkommt. Ich glaube, daß die Einteilung in Gruppen ganz inherent in uns drin ist, und wir das selber auch durch Abgrenzung über Mode oder kulturelle Kleidung hervorrufen wollen. Deswegen will bloss keiner diskriminiert werden und sollte es auch nicht. Deswegen ist es interessant wie wir einteilen. Z.B. ist die Einteilung in Schönheit auch sehr wirkmächtig, und gleichzeitig auch subjektiv. Unsere Wahrnehmung ist etwas so instabiles.

Edited by SlashyTheOrc
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