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Cthulhu ist ein Horror-Rollenspiel?


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Ich kann die Skepsis schon verstehen. Allerdings lassen sich die unterschiedlichen Standpunkte hier auch nicht überbrücken. Ich habe schon oft Cthulhu mit Spielern gespielt, die einfach gruselresistent sind. Ja, Horror-Rollenspiele sind ein Spiel mit Gefühlen - wohlgemerkt, NICHT mit der Psyche. Das ist eine absolute ?bertreibung und wohl von niemandem wirklich erwünscht.

 

Und eben weil Horror ein Spiel mit Gefühlen, hier eben mit dem Angstgefühl, ist, muss man sich auch gefühlsmä?ig auf dieses Spiel einlassen. Wer das nicht will, wird es auch nie erfahren. Jeder kennt die Teilnehmer am Horror-Videoabend, die bei jeder gruseligen Szene in schallendes Gelächter ausbrechen und damit allen anderen den Spa? verderben. Das ist halt so.

 

Ich jedenfalls habe mich bei Cthulhu sowohl als Spielleiter als auch als Spieler oft genug gegruselt, so dass ich für mich auf jeden Fall sagen kann, dass Cthulhu ein Horror-Rollenspiel ist. Ob und inwieweit das auch für andere gilt, muss halt jeder für sich entscheiden, das geht gar nicht anders.

 

Andererseits: Wieso Cthulhu nicht als Detektivspiel in den 1920ern ganz ohne Horror spielen? Wem's gefällt ...

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Moin Heretic,

 

ich nehme jetzt einfach mal an, dass du ernsthaft diskutieren willst und nicht einfach nur irgendwelchen Frust loszuwerden versuchst. Wobei mir das nicht leicht fällt, da deine Formulierungen nicht so klingen wie an einem entspannten Sonntagmorgen geschrieben sondern eher wie eine Kneipendiskussion nach dem 3. Bier. Helfen könnte mit dabei, wenn du nur die Stellen eines langen Posts zitierst, die du gerade beantwortest. Sei's drum.

 

Original von Heretic

Du würdest also gern anderen Menschen Traumata verursachen[...]

Ich möchte als eSeL den Spielern (!) Angst einjagen und als Spieler Angst empfinden. Traumata würde ich auf die Charaktere beschränken wollen. Das würde zu deiner Definition von Horror-RPG noch passen, richtig?

In unserer Runde geht es durchaus entspannt und häufig auch albern zu: an guten Tagen weicht die Albernheit irgendwann Ungläubigkeit und Entsetzen. Spa? und Entsetzen schlie?en sich nicht aus, und einige Spä?e können nur eine dünne Haut über dem empfundenen Entsetzen sein.

 

Bis ich mich dann mal über das Spielerhandbuch hinausgewagt und u.A. ne Cthulhoide Welten gelesen, und mich dann z.B. über einen "Cthulhu Now"-Artikel aufgeregt[...]

Gehört das zum Thema dieses Threads?

 

[...]man kann keinen so festen Plot, wie beim deutschen Cthulhu grö?tenteils geliefert, über Rollenspiel stülpen, und hoffen, dass kein Railroading dabei herauskommt.

Warum kann MAN das nicht? Woher nimmst du die Verallgemeinerung? Viele Authoren gehen mit dem Thema Railroading bewu?t um anstatt zu 'hoffen'.

Au?erdem ist Spa? am Rollenspiel durchaus innerhalb enger Plotgleise möglich, wenn ich meine Runde so betrachte.

 

Zumal ja feststeht, dass es ausser Frage steht, dass es schädlich ist, seiner Gruppe REAL ein schlechtes Gefühl zu erzeugen

Den Satz mu?te ich drei mal lesen, verstehe ich aber inhaltlich immer noch nicht. Warum steht das fest und au?er Frage? Meiner Meinung nach ist es durchaus hilfreich, wenn sich auch die Spieler am Tisch gruseln, nicht nur die Charaktere.

 

Wo ist das Spa?, wenn ein Spieler anfängt, durch ein "Horror-RPG" real Angst zu empfinden?

Warum gehen Leute in einen Horrorfilm, amüsieren sich über die schablonenhaft unvorsichtigen Figuren und zucken an einigen Stellen zusammen? Warum fiebern sie mit der Verzweiflung der Hauptfigur mit? Weil sie es wollen und Spa? daran haben.

 

Gru?

ptokremin

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Hm, eigentlich wollte ich ja gar nicht erst mitdiskutieren, aber ein paar Punkte an dem Thema picken mich doch an.

 

Original von Heretic

Horror kann maximum im Ingame aufkommen, aber niemals am Tisch, abgesehen davon wäre es auch immens gefährlich, in der Psyche der Mitspieler herumfingern zu wollen, um "Horror" zu erzeugen, das steht wohl ausser Frage.

 

Hei?t das, ich darf mit meinen Spielern gar keine Psychospielchen spielen??

Wenn ich z.B. bei D&D (da du es ja schon erwähntest) eine Kampagne mit Verrat und Intrigen plane um Misstrauen am Tisch zu säen und die Spieler sich nachher gegenseitig backstabben wollen, spiele ich dann in deren Psyche rum und richte Schaden an???

Also meine Spieler gehen danach trotzdem noch zusammen ein Bier trinken...

Was ist wenn ein Gruppenmitglied stirbt und die Spieler diesem aktiv, am Tisch hinterher trauern, weil es einfach ein toller Charakter war? Haben die dann plötzlich Depressionen?

Ich mein, Rollenspiel besteht doch nicht nur aus "Regina Regenbogen Emotionen". Es geht doch auch darum sich selbst UND seine Psyche ins Spiel einzubringen.

Das macht meines Erachtens nach das Rollenspiel auch aus. Sonst könnte man ja auch ein Brettspiel spielen.

 

[...] zumindest hab ich bis heute nicht verstanden, was beim Rollenspiel Cthulhu den Horror, den Grusel ausmachen soll, und wie das zu erreichen wäre.

Denn im RPG hat der Spieler ja immer die Charakterhoheit und auch die Handlungsfreiheit, bei Buch und Film ist das anders.

 

Und warum soll man bei Cthulhu keine Freiheiten haben?

Klar sind einige der Kaufabenteuer extrem Railroadlastig, aber 1. kann ein guter Meister solche Abenteuer so leiten, dass es den Spielern nicht auffällt und zum 2. kann man Abenteuer auch selber machen.

 

Meine Definition von "Horror-RPG":

 

Ein RPG, das in sich bereits das Potenzial zum realen Schrecken beinhaltet, ein RPG, dass die Beteiligten sich fürchten lässt und ungut ihre Psyche berührt, also Schrecken erzeugt.

 

Horror ist so einfach zu bewerkstelligen, gerade nach deiner Definition. Es muss ja nicht immer der Mythos sein. In einer stimmungsvollen, sehr ruhigen Runde kann schon die richtige Musikuntermalung einen Nervenkitzel erzeugen. (Silent Hill OST sei dank), oder wenn man aus einer ruhigen Stimmlage heraus plötzlich laut wird. Und nur weil man sich mal erschreckt oder Nervenkitzel bei den Spielern herrscht, hei?t das doch noch lange nicht, dass die Spieler dann Schaden nehmen.

Ich mein, eine spannende Fantasy Abenteuerkampagne erzeugt doch auch Spannung und Nervenkitzel (und Adrenalinschübe), ist das dann auch wieder schädigend?

 

p.s.: Nein, ich würde nach meiner Definition des Begriffs kein Horror-RPG spielen/leiten wollen.

 

Warum spielst du dann Cthulhu?

 

Du würdest also gern anderen Menschen Traumata verursachen, nur damit du deinen Spa? hast, du deine Prämisse des "Gruselns" erfüllt siehst? Oder wie darf ich den Kommentar verstehen?

 

Wenn man sich ein bissl gruselt kriegt man gleich davon ein Trauma? Also ich wei? ja nicht was du beruflich machst, aber ich ich arbeite / studiere in der Materie und kann dir sagen, von sowas kriegt man keine Traumata.... Kriegst du ja auch nicht wenn du nen Horrorfilm schaust.

 

Mein Meinungsbild hat sich über meine (zugegeben nur 3 Jahre dauernde) Spielpraxis, die Lektüre von Abenteuerbänden und Regelwerken (Ich hatte im Gro?en und Ganzen so an die 3 verschiedene Versionen/Editionen von Spielerhandbüchern) und durch das Erleben von Runden auf Cons und privat (mit und ohne erklärte BRP-Cthulhu-Fans), aufgebaut, dieses hätte niemals so negativ ausfallen können, wenn ich "nur" Spieler gewesen wäre. Ich hatte anfangs gedacht, das deutsche BRP-Cthulhu sei in Ordnung, etwas angestaubt, aber ok.

Bis ich mich dann mal über das Spielerhandbuch hinausgewagt und u.A. ne Cthulhoide Welten gelesen, und mich dann z.B. über einen "Cthulhu Now"-Artikel aufgeregt, in dem es um mutierende Handies und ähnlichen Blödsinn ging, der an Einfallslosigkeit und Zutagetreten des wirklichen Grundgedankens deutschen BRP-Cthulhus kaum noch zu unterbieten war. Ein auf mehrere Seiten ausgewalztes "Deus-Ex-Machina"- mässiges Abfeiern von SL-Gängelei allerreinsten Wassers, dass man sich den Artikel hätten sparen können und gleich "Rocks fall! Everyone dies!" in gro?en Lettern abdrucken hätte können.

 

Ok, das auf Cons nur selten Stimmung wegen Lärm und Hintergrundbeschallung aufkommt, sollte eigentlich für jedes RPG klar sein....

Allerdings untermauert es deine Thesen nicht grade, wenn du nur ins Spielerhandbuch (selbst wenn es 3 Versionen sind) und in eine CW geschaut hast.

Vor allem wo die CW so breit gefächert in ihrer Thematik ist und versch. Interessengruppen anspricht. Man muss sich ja nicht mit NOW anfreunden, gibt ja noch genug andere Settings.

Im Spielleiterhandbuch gibt es übrigens einen breiten Artikel über "Wie leite ich ein Horror RPG".

 

 

Ein Rollenspiel ist KEINE interaktive Geschichte.

Ein Rollenspiel ist eine Ausgangssituation, die sich von Anfangspunkt X wegbewegt, aber die Narration erwächst aus dem Spiel, der Handlung, nicht umgekehrt, man kann keinen so festen Plot, wie beim deutschen Cthulhu grö?tenteils geliefert, über Rollenspiel stülpen, und hoffen, dass kein Railroading dabei herauskommt.

 

Ein Buch ist statisch, ein Rollenspiel nicht, niemals.

Zumindest ein gutes Rollenspiel ist nicht wie ein Buch. Denn ansonsten kann man sich die Illusion der Handlungsfreiheit im RPG schenken, und die Abenteuer als gedruckte Solos/Gruppen-Solos verkaufen, dann erspart man sich als Spieler den Frust, in der Ploteisenbahn herumzugondeln.

 

Also ich würde mal sagen, da scheiden sich die Geister.

Meine Spieler hatten bei mir schon interaktive Geschichten, sowohl in Cthulhu als auch in Engel und hatten ihre wahre Freude dran eine tolle Geschichte in Romanform zu erleben, die mich dann über 100 Seiten Schreibarbeit gekostet hat.

Andererseits haben wir auch schon Abenteuer gespielt wo die Gruppe selbst das Abenteuer frei geformt hat.

Das ist eine absolut subjektive Einstellung zum Rollenspiel - Geschmäcker sind verschieden und immer dasselbe ist schlie?lich auch langweilig.

 

Zumal ja feststeht, dass es ausser Frage steht, dass es schädlich ist, seiner Gruppe REAL ein schlechtes Gefühl zu erzeugen, egal ob das aus Gründen der "Authentizität" oder aus Gründen des "Grusels" geschieht, ist dabei völlig belanglos.

 

Just in dem Moment, in dem der Spieler Angst/Furcht entwickelt, bzw. entwickeln würde, in dem Moment hat, bzw. hätte die Herangehensweise komplett versagt.

 

Warum?

 

Ich weiss ja nicht, warum ihr so Rollenspiele spielt, aber ich und alle die ich so im Laufe der Jahre über und mit RPG kennengelernt habe, die spielen, um Spa? zu haben und sich zu amüsieren, weil sie Spa? an Geschichten haben, die aus freier Handlung erwachsen.

 

Und jetzt kommt die Gretchenfrage:

 

Wo ist das Spa?, wenn ein Spieler anfängt, durch ein "Horror-RPG" real Angst zu empfinden?

 

Wie schändlich den guten alten Goethe in so eine Thematik zu ziehen, mal davon abgesehen, das man solch eine Frage überhaupt nicht mit der Gretchen-Thematik vereinbaren kann, die auf Tugend und Zweideutigkeit ausgelegt war.

Au?erdem gibt es Leute, die sich gerne gruseln, sonst gäbe es ja keine Horrorfilme / -bücher / -hörspiele, etc.

Es kann Leuten auch ein gutes Gefühl geben sich ein wenig zu gruseln. Die haben dann dabei Spa?.

Sind so Menschen jetzt "dauergestört"?

 

Per se finde ich es sehr schade, dass du direkt verallgemeinerst, das schlie?t eine Diskussion eigentlich von vornerein aus und gibt dem Ganzen tatsächlich den fahlen Beigeschmack einer Kneipendiskussion nach dem 4. Bier?.

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ich dachte auch noch "da schreibst du jetzt nix zu"...

aber dann sehe ich es ähnlich wie Leyanna, weil hier "Thesen" im Raum stehen, die nicht nur nicht untermauert sind, sondern... naja, lies einfach, vielleicht merkst du dann, wieso wir CoC (und andere Horror-RPGs) spielen...

 

Zuallererst.. ich finde, gerade die "interaktive geschichte" ist eine sehr gute Beschreibung dafür, was ein RPG eigentlich ist. ein SL baut "Eckpunkte", also ein Intro, ein paar Punkte, wo der Plot "vorbeikommen sollte" (bei einem guten SL nicht mal "mu?"), und hat ein paar mögliche "Enden" in petto, die SPieler liefern die Protagonisten, und was die dann wirklich machen, bestimmen eben die...

 

Nun sagst du, wenn Spieler da die freie Wahl haben, ist das kein Horror... stimmt ansatzweise. Haben sie ja auch nur scheinbar, zumindest in "Horror"-RPGs (wozu ich neben CoC zB auch noch Chill, BTS, Malefex o.ä. zähle). Charaktere haben vielleicht eine "Wahl", aber eben nicht zwischen "allem", da hier doch ein eher hoher Realismusgrad herrscht - zumindest auf Seiten der Spieler. Hier kannst du dich idR eben nicht einfach wegteleportieren, oder ein mächtiges Artefakt aus der Tasche ziehen, um irgendein böses Monster zu besiegen (was nicht hei?t, da? du nicht vielleicht eines finden kannst, aber der durchschnittliche Horror-RPG-Char hat von sowas weder eine Ahnung, noch würde er damit rechnen - und das ist vielleicht der Knackpunkt).

Wird im Horror-Genre viel Railroading betrieben? Vermutlich etwas mehr als in manch anderem Genre, aber ob du nun ein paar nicht bis wenig bewaffneten Menschen einen hetzenden Schrecken präsentierst, oder - um mal das genre nach SciFi zu wechseln - einer Frachterbesatzung einen Sternenzerstörer - auch da sind alle anderen Optionen au?er "Flucht" äu?erst unattraktiv, oder?

 

Was hier ja auch schon zur Sprache gekommen ist, ist der Punkt mit der Atmosphäre... Klar, kann auf Cons schwierig werden. Ein Horrorszenario lebt von einer eher ruhigen Stimmung, vielleicht einer guten, nicht übermächtigen Hintergrundmusik und... Beschreibungen. Ich hatte mal einen "Fall", da habe ich mit zwei Spielern ein, na, nenen wir es mal zumindest "gruseliges" Szenario gespielt, die Con war zu Ende, aber das AUto vereist, au?erdem wollte einer noch rauchen, also sa?en wir in meinem AUto, haben gespielt... der Raucher hatte seine Fü?e aus der Tür hängen, bewegte einen und machte so ein deutliches Geräusch im Kies des Parkplatzes... im nächsten Moment sa? der bei seiner Mitspielerin quasi auf dem Scho?, so hat der sich erschrocken... vor "sich selbst", weil er mit seinen Gedanken eben ganz woanders war, und wenn du das als SL hinbekommst, dann bist du gut... denn das wollen Spieler (zumindest die, die ich kenne, mich eingeschlossen) - "Kopfkino", da? sie vergessen lä?t, da? da drau?en eine "Realität" ist, auf die sie - zumidnest in ihrer Freizeit - keinen Bock haben...

 

Ach ja... noch was zur Definition "Horror" - das definiert natürlich jeder anders. Für mich ist Horror etwas reichlich subtiles, eigentlich nicht "greifbar", garantiert kein "Splatter" (wie in manchen "Horrorfilmen", von denen ich mich frage was das soll)...

 

Stell dir vor...

du lägest im Bett...

in einem fremden Haus...

und hörst an der Tür Kratzgeräusche...

irgendwie hast du zu viel Angst, nachzusehen...

irgendwann schläfst du doch vor Müdigkeit ein...

am nächsten Morgen siehst du die Kratzspuren an deiner Tür...

an der INNENSEITE...

 

 

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Heretic, deine Privatdefinition geht so ziemlich an jedem gebräuchlichen Horrorbegriff vorbei. Ist ein Film für dich etwa nur dann ein Horrorfilm, wenn er die Psyche der Zuschauer ernsthaft beschädigt?

Was die "Handlungsfreiheit" angeht: zu den oft genannten merkmalen des Horrorerlebnisses als "Unterhaltung" gehört handlungsfreiheit - nämlich die des Konsumenten, sich geistig zu distanzieren und aus sicherer Entfernung etwas schreckliches mitzuerleben bzw. das Erlebnis abzubrechen. Das ist im RSP nicht anders als im Film oder Buch: Ich kann innerlich auf Distanz gehen. Alles andere wäre nicht mehr Horror als genre von Unterhaltungsmedien, sondern reales Entsetzen.

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Original von 7th Guest

PS: Hat jemand Settembrini gesehen?

 

:D Haha! Der war gut! Daran musste ich auch sofort denken! :D

 

Sieht für mich auch nach Trollerei aus, insbesondere, wenn man den anderen Beitrag ansieht.

Entweder das, oder spitzfindiges Definitionsgeschubse und Masturbation auf der Metaebene.

Nice try, buddy! GDIAF.

 

 

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Heretic, Horror im Sinne eines ?bersprungs des Entsetzens von der fiktionalen Ebene der Charaktere auf die reale Ebene der Spieler ist tatsächlich äu?erst fragwürdig - sowohl was die Möglichkeit angeht, so etwas überhaupt objektiv zu bewerkstelligen als auch hinsichtlich der Zielsetzung; soweit gehe ich mit.

Diese Problematik steckt aber bereits in der Kategorie "Horror" und gar nicht primär im Cthulhu-Rollenspiel.

 

Dieses ist ausschlie?lich deshalb ein Horror-Rollenspiel, weil der Gegenstand seiner Darstellung die Erschütterung des Weltbildes fiktionaler Charaktere durch den Einbruch des ?bernatürlichen in eine historisch-referenzielle, aber gleichwohl fiktionale Realität ist. Und die Qualität von Cthulhu als (Horror-Rollen)Spiel liegt darin, da? es auch eine ausgefeilte Mechanik besitzt, um diese Erschütterung darzustellen anstatt diesen zentralen Aspekt allein schauspielerischer Beliebigkeit zu überlassen.

 

Selbstverständlich kann man nicht ausschlie?en, da? sich auch z.B. DSA-Spieler gelegentlich gruseln, aber das ist erstens nicht me?bar und abhängig von jedem einzelnen Spieler-Individuum und zweitens ist das im Fantasy-Zusammenhang auch nicht zentrales Darstellungsanliegen, weswegen hier auch nur eine Mutprobe existiert, deren Auswirkungen nicht mal ansatzweise so ausgearbeitet sind, wie das Stabiliäts-System bei Cthulhu.

 

[Dein Versuch, Rollenspiel aus einer radikal gamistischen Perspektive zu definieren ist eine bedauerliche Vereinseitung und Dein Verständnis von railroading m.E. falsch, aber das hat ja nichts mit der hiesigen Diskussion zu tun...]

 

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Spannendes Thema. Wie schon einige festgehalten haben, muss man natürlich mal definieren, was Horror überhaupt ist. Lovecraft selbst hat das in "Literatur der Angst" folgenderma?en beschrieben:

 

"Die älteste und stärkste menschliche Gefühlsregung ist die Angst, und die älteste und stärkste Art von Angst ist die Angst vor dem Unbekannten. [...] Die Anziehungskraft des Gespenstisch-Makabren ist im allgemeinen begrenzt, denn es verlangt vom Leser ein gewisses Ma? an Einbildungskraft und die Fähigkeit, sich vom Alltagsleben zu lösen."

 

Und ein paar Seiten weiter:

 

"Wenn dann zu diesem Gefühl der Angst und diesem Bewu?tsein des Bösen noch die unvermeidliche Faszination des Staunens und der Neugier hinzukommt, entsteht ein Komplex von intensiven Emotionen und Phantasiereizungen [...]."

 

Lovecraft unterscheidet auch zwei Typen der "Angst-Literatur" - der erste Typus präsentiert Angst als physisches Phänomen, das Grauen hat irdische Ursachen. Dem gegenüber steht dann die "echte unheimlich-übernatürliche Erzählung", die sich dadurch auszeichnet, dass das Unheimliche, das Grauen unvermutet in eine vermeintlich heile Welt einbricht - also in den Alltag, wenn man so will.

 

Die meisten Literaturwissenschaftler stimmen dem auch zu, wenn sie versuchen, phantastische Literatur/Horrorliteratur zu beschreiben - es geht immer darum, dass der Horror unvermutet über die Protagonisten hereinbricht und etwas Au?ergewöhnliches, Unbekanntes darstellt, etwas, mit dem die Figuren noch nie konfrontiert wurden und das derart über ihre Vorstellungskraft hinausgeht, dass sie genuine Angst empfinden. Und: Das ?bernatürliche ist keiner rationalen Erklärung zugänglich, der Horror existiert einfach und die Protagonisten müssen damit umgehen.

 

Ich denke, dass CoC genau das leistet. Die Charaktere bewegen sich in einer "realen" Welt - den 1920er Jahren, den 1890er Jahren oder auch in der Gegenwart. Sie gehen ganz normalen Berufen nach und werden aus irgendeinem Grund in übernatürliche Vorkommnisse verwickelt, die ihnen Angst einjagen, sie sogar an den Rand des Wahnsinns treiben können - die Charaktere, wohlgemerkt! Ich glaube nicht, dass man Spieler mit CoC nachhaltig traumatisieren kann - dass sie sich gruseln, ja, aber das ist im Grunde derselbe Effekt, den man erzielt, wenn man einen guten Horrorroman liest oder einen guten Horrorfilm anschaut. Dabei ist es sicher subjektiv, was jemand gruselig findet - ich fürchte mich z.B. bei asiatischen Horrorfilmen zu Tode, während ich Slasherfilme oder Filme mit Monstern eher langweilig finde.

 

Das ist, wie gesagt, sicher eine subjektive Angelegenheit, und es gibt auch Leute, die Horror und Grusel überhaupt nicht abkönnen, weil es sie psychisch zu sehr belastet. Wieder andere sehen Horror und Grusel als Unterhaltungsmedien, als etwas, das vom Alltag ablenkt - und Angst ist, wie Lovecraft schon festgehalten hat, ein urmenschliches Gefühl, wobei wir uns heutzutage den Luxus leisten können, Angst in genau festgelegten Bahnen zu erleben - wenn ich einen Horrorfilm sehe, wei? ich, das ist nicht real, grusle mich dabei zwar auch, aber es ist keine unmittelbare Bedrohung. Dasselbe gilt auch für ein Horror-RPG wie CoC - wenn sich die Spieler in einem Szenario gruseln und ihre Charaktere richtige Angst haben, gut. Aber die Spieler wissen genau: Es passiert ihnen persönlich nichts, höchstens ihren Charakteren - und die meisten Spieler können zwischen sich selbst und ihrem fiktiven Charakter unterscheiden. Selbst wenn der Charakter sich in Lebensgefahr befindet und der Spieler mit ihm leidet - für den Spieler besteht keine Gefahr, für den Spieler ist das Ganze eine spannende Geschichte, und wenn sein Charakter diese nicht überleben sollte - gut, das kann passieren, hat aber in der Regel auf die Psyche des Spielers keine Auswirkungen.

 

Was CoC von anderen Rollenspielen unterscheidet, ist sicher der Umstand, dass die Charaktere sich wie oben erwähnt in einer "realen" Welt bewegen - wenn ich ein Fantasy-Setting spiele, rechne ich damit, dass irgendwelche Monster auf mich losgehen, da gehören übernatürliche Erscheinungen zum Alltag der Spielewelt, und die Charaktere sind oft selbst übernatürliche Wesen - keine Menschen. Bei CoC hingegen spielt man ganz normale Menschen mit ganz normalen Berufen (naja, mehr oder weniger *g*), die vom ?bernatürlichen nichts wissen oder, wenn es sich um Wissenschaftler handelt, nichts davon wissen wollen, weil sie es für Humbug halten.

 

In unserer CoC-Runde sieht man das grade sehr schön am Beispiel eines katholischen Pfarrers, der nach der ersten Begegung mit einem Gro?en Alten kurz davor steht, vom Glauben abzufallen, sich also von einem gottesfürchtigen Mann zum Atheisten hinentwickelt. Unsere Gerichtsmedizinerin wiederum geht das Ganze derzeit noch sehr pragmatisch und wissenschaftlich an, obwohl auch sie schon ein paar Zweifel aufgeben musste - die Existenz des ?bernatürlichen lässt sich halt nicht mehr leugnen, wenn einem Chaugnar Faugn leibhaftig gegenübersteht und einem ans Leder will *g*

Soll hei?en: Die Begegnung mit dem ?bernatürlichen, dem Horror, kann die Charaktere grundlegend verändern, vom Verlust der geistigen Stabilität mal ganz abgesehen.

 

Natürlich muss es nicht immer gruselig zugehen; ich versuche auch, meinen Spielern zwischendurch ein bissl Erleichterung zu verschaffen, indem ich die Charaktere z.B. Party feiern lasse oder irgendwelche Spä?chen einbaue - grade so viel, dass sie verschnaufen können, aber nicht so viel, dass das Ganze ins Komische abgleitet.

 

Noch zu dem Punkt, dass Rollenspiele angeblich nicht interaktiv sind: Ja, was denn dann? Klar gibt es sehr lineare Abenteuer - wir haben z.B. als Intermezzo "Kerkerwelten" aus dem SL-Band gespielt, das war reinstes Railroading, hat aber den Spielern unheimlichen Spa? gemacht, weil das Setting extrem düster war und sie einfach nicht wussten, was als nächstes auf sie zukommt. In der Regel läuft das aber doch so ab, dass man als SL ein paar Eckpunkte vorgibt wie "Ihr seht einen seltsam gekleideten Mann mit einer Art Tank auf dem Rücken, der wild gestikuliert". Was die Spieler mit dieser Situation anfangen, ist dann ihre Sache. Natürlich gibt es Punkte, die für ein Fortkommen erfüllt werden müssen, aber wenn ich eines beim Rollenspielen gelernt hab, dann, dass man sich NIE darauf verlassen kann, dass die Spieler eh in die vom SL intendierte Richtung gehen *g* Die machen IMMER etwas, mit dem man nicht rechnet. Und dann muss man improvisieren.

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Die Debatte wird bereits im 18. Jahrhundert geführt, man lese Edmond Burkes Schrift "Vom Erhabenen und Schönen" sowie die gothic novels von Ann Radcliffe und Matthew Gregory Lewis samt den Paratexten und man erkennt sofort, woher der belesene Lovecraft seine Begrifflichkeiten bezieht.

Das alles ändert nichts daran, da? man Horror nicht au?erhalb der Fiktion erzeugen kann, wenn die Rezipienten nicht mitspielen und da? es sich daher um eine fragwürdige Kategorie handelt.

Man kann aber binnenfiktional darstellen, wie Charaktere auf den Ri? in der Realität reagieren, nämlich mit Horror und das macht das Cthulhu-Rollenspiel ganz ausgezeichnet.

 

[Wenn Heretic behauptet, da? Rollenspiele keine interaktiven Geschichten seien bestreitet er vermutlich nicht den Aspekt der Interaktivität, sondern den Aspekt der Geschichte im Sinne eines vorab geplanten Handlungsablaufs; das ist ein ganz alter Hut aus der gamistischen Ecke, aber auch eine andere Diskussion.]

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Lovecraft bezieht sich in der "Literatur der Angst" eh permanent auf seine Vorläufer, und grade Lewis ist ein sehr gutes Beispiel für die Gothic Novel, finde ich. Die arbeiten an sich alle damit, dass das ?bernatürliche als externe Kraft über ganz normale Menschen hereinbricht, was dann eben Angst und Horror erzeugt - halt auch abhängig davon, was das für Protagonisten sind, manche verkraften das besser als andere :) Ist beim RPG ja auch nicht viel anders - manche Charaktere kommen mit dem Horror besser zurecht als andere.
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Original von Eliot Ness

Das alles ändert nichts daran, da? man Horror nicht au?erhalb der Fiktion erzeugen kann, wenn die Rezipienten nicht mitspielen und da? es sich daher um eine fragwürdige Kategorie handelt.

Man kann aber binnenfiktional darstellen, wie Charaktere auf den Ri? in der Realität reagieren, nämlich mit Horror und das macht das Cthulhu-Rollenspiel ganz ausgezeichnet.

Das hat auch Parallelen im frühen 19. Jhd. mit der Theorie der "willing suspension of disbelief" - was in meinen Augen eine Voraussetzung für unterhaltsames Rollenspiel darstellt.

 

[Wenn Heretic behauptet, da? Rollenspiele keine interaktiven Geschichten seien bestreitet er vermutlich nicht den Aspekt der Interaktivität, sondern den Aspekt der Geschichte im Sinne eines vorab geplanten Handlungsablaufs; das ist ein ganz alter Hut aus der gamistischen Ecke, aber auch eine andere Diskussion.]

Und selbst das ist z.B. im Angesicht der "Armitage Files" nur noch begrenzt richtig. Abgesehen davon, wenn er das gemeint haben sollte, wir sind hier nicht im Forum für Spieltheorie und es ist davon auszugehen, dass sich von den Anwesenden nicht jeder damit beschäftigt. Somit kommt es zwangsweise zu Missverständnissen, wenn man nicht gleich klarstellt, was gemeint ist. Das zeugt entweder von mangelnden Kommunikationsfähigkeiten oder absichtlicher Provokation. Choose Wisely.

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Guest Mirko

Hmm, auch wenn so ziemlich keiner Heretic oder DonGnocci oder wie auch immer er hei?t, ernst nimmt, so will ich doch festhalten, dass diese Diskussion imho die belebenste, erfrischenste und hoch qualifizierteste Diskussion ist, die ich seit langem mitverfolgt habe. Die Beiträge (au?er die von Heretic) zeugen von einem enormen Sachverstand. Das zu lesen, hat nicht nur Spa? gemacht, sondern auch meinen Horizont erweitert.

 

(das nur am Rande)

 

 

 

 

 

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Original von Eliot Ness

...Horror im Sinne eines ?bersprungs des Entsetzens von der fiktionalen Ebene der Charaktere auf die reale Ebene der Spieler ist tatsächlich äu?erst fragwürdig

 

Nein, als Ziel würde ich das nicht ansehen. Eher als Erfolgskontrolle, an der ich ablesen kann, dass Spieler und SL sich auf die fiktionale Ebene eingelassen haben.

Natürlich wissen wir alle am Ende des Spieleabends, das der Schrecken nun zu Ende ist. Aber wenn ein kleiner Bodensatz bleibt, beispielsweise nur die Erinnerung an das 'Erlebte', könnte das den Heimweg durch eine dunkle Allee bereits in etwas anderem Licht erscheinen lassen.

 

@Jehane: Ich bin ehrlich platt. Falls ich einmal gefragt werde, was gutes Rollenspiel bedeutet, darf ich dann die Geschichte mit dem zweifelnden Priester und der immer weniger ungläubigen Wissenschaftlerin wiedergeben?

(Bitte lies hier keinen ironischen Unterton hinein, der ist nicht da).

 

 

Gru?

ptokremin

 

 

Nachtrag: Ich kann nur in dieselbe Kerbe hauen wie Mirko: Ich staune, wieviel richtiges und inspirierendes ihr hier zusammengetragen habt. Danke Leute!

 

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Ah ja. Das is ja nun wieder eine eher literaturwissenschaftliche Debatte geworden, um den Begriff "Horror" und das Verständnis, welches sich davon zu machen sei.

 

Dann darf ich doch vielleicht grade mal stattdessen den Begriff "Spiel" in den Vordergrund stellen - "Spiel" nämlich nicht nur im Sinne einer zweckfreien und vergnügenbereitenden Tätigkeit, sondern auch in dem eines "So-tun-als-ob". Dieser Aspekt ist in der Bezeichnung "Rollenspiel" ja durch den Begriff der "Rolle" noch verstärkt. ("Rolle" nämlich im spezifisch dramaturgischen Sinne, nicht blo? im allgemein soziologisch-funktionalen.)

 

Ich für mein Teil bin im wirklichen Leben nämlich kein Privatdetektiv, kein Haradrim, kein Oberhaupt einer Magiergilde - aber alle diese Rollen (und noch viele mehr) habe ich schon gespielt. Ich habe sie nicht oder nur in (äu?erstenfalls) zweiter Linie gespielt, weil der Handlungsablauf einer Geschichte an der fraglichen Stelle einen Privatdetektiv, einen Haradrim, einen Obermagier erfordert hätte (das wäre eine funktionale Rolle), sondern weil ich sie darstellen wollte, weil ich so tun wollte, als ob ich einer sei (wie das auf der Bühne und im Film auch getan wird, dort allerdings mit wesentlich stärkeren funktionalen Aspekten).

 

Um dieses So-tun-als-ob in einer Weise auszuführen, die meine ganz persönlichen Vorstellungen von diesen Charaktere in diesen Geschichten befriedigte, habe ich mich als Haradrim über die verweichlichten Gondorianer lustig gemacht, habe ich mir als Obermagier Gedanken über die politischen Verhältnisse einer nicht-realen Stadt gemacht, habe ich mich als Privatdetektiv von einer kühlen Blonden anheuern lassen, deren Not ebensowenig echt war wie sie (und damit meine ich gar nicht ihre Haarfarbe).

 

Da alle anderen Beteiligten zu diesen Gelegenheiten ebenfalls "so taten als ob", musste der Haradrim seine Haut vor dem Zugriff der (nicht-realen) Stadtwache in panischer Flucht retten, sah das Gildenoberhaupt mit diebischem Vergnügen seine Pläne Frucht tragen, erlebte der Privatdetektiov die fortschreitende Verwandlung seiner Klientin mit wachsendem... ja... Grauen.

 

Lauter Empfindung, die nur im Rahmen des So-tun-als-ob irgendeinen Bezug hatten - aber deswegen doch nicht weniger da und in diesem Rahmen echt waren. Nicht weniger echt jedenfalls als die Mischung aus Schreck und Erleichterung im Kino, wenn dann z.B. doch nur Snape um die Ecke biegt. (Was IMHO auf dem Fernsehbildschirm übrigens nur sehr eingeschränkt wirkt - da funktioniert die suspension of disbelief nicht oder bestenfalls anders.)

 

Panik, Freude, Grauen: alles nur aus dem sicheren Abstand des So-tun-als-ob erlebt, aber doch... erlebt. Das ist es, was für mich Rollenspiel ausmacht: ich erlebe Situationen, die ich in meinem realen Selbst nicht erleben kann (oder will), sei es aufgrund andersgearteter "wirklicher" Realität, sei es, weil ich in dieser Realität ein ganz anderer Mensch bin als in jener, sei es, weil ich die reale Gefahr scheue... whatever. Durch das So-tun-als-ob erschlie?en sich Erlebnisräume, die ich sonst bestenfalls als Zuschauer kennenlernen kann. Innerhalb dieses Feldes wird es ja überhaupt erst möglich, ein Grauen vom Lovecraft'schen Typ zu erleben (ermangels Gro?er Alter in der "wirklichen" Realität).

 

Da in der Bezeichnung "Horror-Rollenspiel" ausdrücklich dieser Begriff des Rollenspiels dabeisteht... unter diesem Gesichtspunkt verstehe ich nicht, wie das Ausbleiben realen Horrors (was immer das für den einzelnen ist) ein Verpackungsschwindel sein soll. Könnte mir das nochmal jemand unter Berücksichtigung des "Spiel"-Aspektes ein bisschen verständlicher machen?

 

PS: "Fantastische Literatur" ist ja auch selten fantastisch, sondern meistens eher durchschnittlich.

 

PPS: Settembrini... funny you should ask. Erst letztes Wochenende hat der seine gesammelten Cthulhu-Bestände zur Veräu?erung feilgeboten - begleitet von einigen Worten, die darauf zu deuten scheinen, dass er's zufrieden wäre, die ollen Debatten aus seinem Blickwinkel weiterhin als unentschieden betrachten zu können...

 

 

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Original von Leyanna

Hm, eigentlich wollte ich ja gar nicht erst mitdiskutieren, aber ein paar Punkte an dem Thema picken mich doch an.

 

Original von Heretic

Horror kann maximum im Ingame aufkommen, aber niemals am Tisch, abgesehen davon wäre es auch immens gefährlich, in der Psyche der Mitspieler herumfingern zu wollen, um "Horror" zu erzeugen, das steht wohl ausser Frage.

 

Hei?t das, ich darf mit meinen Spielern gar keine Psychospielchen spielen??

Wenn ich z.B. bei D&D (da du es ja schon erwähntest) eine Kampagne mit Verrat und Intrigen plane um Misstrauen am Tisch zu säen und die Spieler sich nachher gegenseitig backstabben wollen, spiele ich dann in deren Psyche rum und richte Schaden an???

Also meine Spieler gehen danach trotzdem noch zusammen ein Bier trinken...

Was ist wenn ein Gruppenmitglied stirbt und die Spieler diesem aktiv, am Tisch hinterher trauern, weil es einfach ein toller Charakter war? Haben die dann plötzlich Depressionen?

Ich mein, Rollenspiel besteht doch nicht nur aus "Regina Regenbogen Emotionen". Es geht doch auch darum sich selbst UND seine Psyche ins Spiel einzubringen.

Das macht meines Erachtens nach das Rollenspiel auch aus. Sonst könnte man ja auch ein Brettspiel spielen.

 

[...] zumindest hab ich bis heute nicht verstanden, was beim Rollenspiel Cthulhu den Horror, den Grusel ausmachen soll, und wie das zu erreichen wäre.

Denn im RPG hat der Spieler ja immer die Charakterhoheit und auch die Handlungsfreiheit, bei Buch und Film ist das anders.

 

Und warum soll man bei Cthulhu keine Freiheiten haben?

Klar sind einige der Kaufabenteuer extrem Railroadlastig, aber 1. kann ein guter Meister solche Abenteuer so leiten, dass es den Spielern nicht auffällt und zum 2. kann man Abenteuer auch selber machen.

 

Meine Definition von "Horror-RPG":

 

Ein RPG, das in sich bereits das Potenzial zum realen Schrecken beinhaltet, ein RPG, dass die Beteiligten sich fürchten lässt und ungut ihre Psyche berührt, also Schrecken erzeugt.

 

Horror ist so einfach zu bewerkstelligen, gerade nach deiner Definition. Es muss ja nicht immer der Mythos sein. In einer stimmungsvollen, sehr ruhigen Runde kann schon die richtige Musikuntermalung einen Nervenkitzel erzeugen. (Silent Hill OST sei dank), oder wenn man aus einer ruhigen Stimmlage heraus plötzlich laut wird. Und nur weil man sich mal erschreckt oder Nervenkitzel bei den Spielern herrscht, hei?t das doch noch lange nicht, dass die Spieler dann Schaden nehmen.

Ich mein, eine spannende Fantasy Abenteuerkampagne erzeugt doch auch Spannung und Nervenkitzel (und Adrenalinschübe), ist das dann auch wieder schädigend?

 

p.s.: Nein, ich würde nach meiner Definition des Begriffs kein Horror-RPG spielen/leiten wollen.

 

Warum spielst du dann Cthulhu?

 

Du würdest also gern anderen Menschen Traumata verursachen, nur damit du deinen Spa? hast, du deine Prämisse des "Gruselns" erfüllt siehst? Oder wie darf ich den Kommentar verstehen?

 

Wenn man sich ein bissl gruselt kriegt man gleich davon ein Trauma? Also ich wei? ja nicht was du beruflich machst, aber ich ich arbeite / studiere in der Materie und kann dir sagen, von sowas kriegt man keine Traumata.... Kriegst du ja auch nicht wenn du nen Horrorfilm schaust.

 

Mein Meinungsbild hat sich über meine (zugegeben nur 3 Jahre dauernde) Spielpraxis, die Lektüre von Abenteuerbänden und Regelwerken (Ich hatte im Gro?en und Ganzen so an die 3 verschiedene Versionen/Editionen von Spielerhandbüchern) und durch das Erleben von Runden auf Cons und privat (mit und ohne erklärte BRP-Cthulhu-Fans), aufgebaut, dieses hätte niemals so negativ ausfallen können, wenn ich "nur" Spieler gewesen wäre. Ich hatte anfangs gedacht, das deutsche BRP-Cthulhu sei in Ordnung, etwas angestaubt, aber ok.

Bis ich mich dann mal über das Spielerhandbuch hinausgewagt und u.A. ne Cthulhoide Welten gelesen, und mich dann z.B. über einen "Cthulhu Now"-Artikel aufgeregt, in dem es um mutierende Handies und ähnlichen Blödsinn ging, der an Einfallslosigkeit und Zutagetreten des wirklichen Grundgedankens deutschen BRP-Cthulhus kaum noch zu unterbieten war. Ein auf mehrere Seiten ausgewalztes "Deus-Ex-Machina"- mässiges Abfeiern von SL-Gängelei allerreinsten Wassers, dass man sich den Artikel hätten sparen können und gleich "Rocks fall! Everyone dies!" in gro?en Lettern abdrucken hätte können.

 

Ok, das auf Cons nur selten Stimmung wegen Lärm und Hintergrundbeschallung aufkommt, sollte eigentlich für jedes RPG klar sein....

Allerdings untermauert es deine Thesen nicht grade, wenn du nur ins Spielerhandbuch (selbst wenn es 3 Versionen sind) und in eine CW geschaut hast.

Vor allem wo die CW so breit gefächert in ihrer Thematik ist und versch. Interessengruppen anspricht. Man muss sich ja nicht mit NOW anfreunden, gibt ja noch genug andere Settings.

Im Spielleiterhandbuch gibt es übrigens einen breiten Artikel über "Wie leite ich ein Horror RPG".

 

 

Ein Rollenspiel ist KEINE interaktive Geschichte.

Ein Rollenspiel ist eine Ausgangssituation, die sich von Anfangspunkt X wegbewegt, aber die Narration erwächst aus dem Spiel, der Handlung, nicht umgekehrt, man kann keinen so festen Plot, wie beim deutschen Cthulhu grö?tenteils geliefert, über Rollenspiel stülpen, und hoffen, dass kein Railroading dabei herauskommt.

 

Ein Buch ist statisch, ein Rollenspiel nicht, niemals.

Zumindest ein gutes Rollenspiel ist nicht wie ein Buch. Denn ansonsten kann man sich die Illusion der Handlungsfreiheit im RPG schenken, und die Abenteuer als gedruckte Solos/Gruppen-Solos verkaufen, dann erspart man sich als Spieler den Frust, in der Ploteisenbahn herumzugondeln.

 

Also ich würde mal sagen, da scheiden sich die Geister.

Meine Spieler hatten bei mir schon interaktive Geschichten, sowohl in Cthulhu als auch in Engel und hatten ihre wahre Freude dran eine tolle Geschichte in Romanform zu erleben, die mich dann über 100 Seiten Schreibarbeit gekostet hat.

Andererseits haben wir auch schon Abenteuer gespielt wo die Gruppe selbst das Abenteuer frei geformt hat.

Das ist eine absolut subjektive Einstellung zum Rollenspiel - Geschmäcker sind verschieden und immer dasselbe ist schlie?lich auch langweilig.

 

Zumal ja feststeht, dass es ausser Frage steht, dass es schädlich ist, seiner Gruppe REAL ein schlechtes Gefühl zu erzeugen, egal ob das aus Gründen der "Authentizität" oder aus Gründen des "Grusels" geschieht, ist dabei völlig belanglos.

 

Just in dem Moment, in dem der Spieler Angst/Furcht entwickelt, bzw. entwickeln würde, in dem Moment hat, bzw. hätte die Herangehensweise komplett versagt.

 

Warum?

 

Ich weiss ja nicht, warum ihr so Rollenspiele spielt, aber ich und alle die ich so im Laufe der Jahre über und mit RPG kennengelernt habe, die spielen, um Spa? zu haben und sich zu amüsieren, weil sie Spa? an Geschichten haben, die aus freier Handlung erwachsen.

 

Und jetzt kommt die Gretchenfrage:

 

Wo ist das Spa?, wenn ein Spieler anfängt, durch ein "Horror-RPG" real Angst zu empfinden?

 

Wie schändlich den guten alten Goethe in so eine Thematik zu ziehen, mal davon abgesehen, das man solch eine Frage überhaupt nicht mit der Gretchen-Thematik vereinbaren kann, die auf Tugend und Zweideutigkeit ausgelegt war.

Au?erdem gibt es Leute, die sich gerne gruseln, sonst gäbe es ja keine Horrorfilme / -bücher / -hörspiele, etc.

Es kann Leuten auch ein gutes Gefühl geben sich ein wenig zu gruseln. Die haben dann dabei Spa?.

Sind so Menschen jetzt "dauergestört"?

 

Per se finde ich es sehr schade, dass du direkt verallgemeinerst, das schlie?t eine Diskussion eigentlich von vornerein aus und gibt dem Ganzen tatsächlich den fahlen Beigeschmack einer Kneipendiskussion nach dem 4. Bier?.

 

1. Doch, klar, wenn alle Parteien sich darauf geeinigt haben, und mit offenen Karten spielen, und alle Spa? am Spiel haben...

 

Aber in dem Moment, in dem durch Ingame-Aktivitäten sich die Spieler(!) gegenseitig am Tisch anfangen anzugiften, in just dem Moment hast du als SL versagt, weil dann aus der Fiktion Ungutes in die Realität übergeschwappt ist.

Und ja, Spieler, die einem Charakter(!) real(!) hinterhertrauern, und das länger als 10 min., die halte ich ehrlich für merkwürdig, ja.

 

2. Nur, weil die Spieler durch Illusion über das Railroading hinweggetäuscht werden, verschwindet dieses nicht.

 

3. Nein, absolut nicht. Eine spannende Kampagne ist interessant, fesselnd, aber versetzt niemals die Spieler real in (negativen) Stre?. Grusel kann als positiv empfunden werden, aber grundlegend bleibt es doch eine negative Stre?situation, meinst du nicht?

Ich weiss nicht, wie du das siehst, aber ich als SL würde mich beschissen fühlen, wenn ich das so handhaben würde wie du, und meine Spieler mich dann darauf aufmerksam machen müssten, dass das Spiel und meine Herangehensweise ihnen Unbehagen bereitet. Gerade im psychischen Bereich kann man ggf. ganz schnell bei anderen triggern, was man ggf. nicht an Spieler X wahrgenommen hat. Lies mal im Tanelorn nach, da gibts einen Thread zu dem Thema...

 

4. Weil ich Spa? an Detektivgeschichten, Seltsamkeiten und am Mythos und an der Survival-Thematik habe. Aber sicher nicht, weil ich mich gruseln will oder ähnlichem. Warum spielst du Cthulhu?

 

5. Aber es können welche getriggert werden. Und ich kenne SLs und Spieler, die bereits in ihren Gruppen Leute mit Panikattacken hatten, oder die mal eine richtige ungute Erfahrung mit Cthulhu diesbezüglich gemacht haben. Willst du diesen Leuten ihre Erfahrungen absprechen, aufgrund der Tatsache, dass du "in der Materie" arbeitest/studierst? Weisst du besser als diese Leute, was diese erlebt haben? srsly?

 

6. Ich spielte auf Cons, an denen die Cthulhu-Runden in Hinterzimmern oder Einzelzimmern stattfanden, also geht das mit dem Lärm schon. Aber trotzdem interessant, dass du mir meine fundierte Meinung absprechen möchtest, schon wieder.

 

7. Weisst, es gab mal eine Zeit, da hätte man euren Spielstil des "Romannachspielens" als Parodie und Satire bezeichnet, weil er sich grundlegend von dem unterscheidet, womit ich als Rollenspieler sozialisiert wurde.

 

8. Definition "Gretchenfrage", Wikipedia, Zitat: "Die Gretchenfrage bezeichnet eine direkte, an den Kern eines Problems gehende Frage, die die wahren Absichten des Gefragten entlarven soll. Sie ist dem Gefragten meistens unangenehm, da sie ein Bekenntnis verlangt, um das dieser sich bisher herumgedrückt hat."

 

 

Da du folglich an meiner Frage vorbeigeantwortet hast, gehe ich mal nur auf deinen Einwurf ein, obwohl der mit meiner Frage nichts zu tun hat.

Klar dürfen sich Leute gruseln, solange sie das wollen. Sprech ich den Leuten ja nicht ab.

 

Meine Frage war aber "Wo ist das Spa?, wenn ein Spieler anfängt, durch ein "Horror-RPG" real Angst zu empfinden?"

 

nicht

 

"Wo ist das Spa?, wenn Leute sich gruseln wollen/lassen?"

 

?brigens, ein gewisses Ma? an Verallgemeinerung dient zur ?berspitzung, das nennt man Polarisieren...

 

 

@Ophiopus:

Das, was du beschreibst ist ein "Szenario", eine "Sandbox", aber keine "interaktive Geschichte", allein das Wort "Geschichte" impliziert nämlich einen festen, statischen Verlauf, der nicht abgeändert werden kann.

Und die ?bertragung auf Sci-Fi funktioniert nicht, da mir spontan mehrere Möglichkeiten einfallen, wie der Frachter gegen den Sternenzerstörer gewinnen könnte, wenn man Möglichkeiten wie EVA, Kapern oder Ablenkungsmöglichkeiten, etc. mal einschliesst.

 

Und dein Beispiel für "subtilen Horror" ist lahm. Richtig lahm. Ich habe real schon interessanteres erlebt, von "Poltergeistern" bis hin zu anderen Begebenheiten, und selbst da war ich nicht gegruselt sondern bestenfalls verblüfft... Wie auch immer.

 

@Jakob: Njein, in dem Moment, in dem mich "Horror"-Irgendwas nicht trifft, mich nicht gruselt, in dem Moment ist es für mich kein Horror.

Ich persönlich kann mich an keinen Film erinnern, den ich als Horrorfilm klassifizieren würde.

Ein Horrorfilm, der seine Prämisse verfehlt, ist keiner.

 

"Das Relikt": Critter-Actionfilm.

"Dawn of the Dead": Survival-Actionfilm mit dystopischem Hintergrund.

"Halloween": Langweiligste Slasherfilm-Reihe.

"Nightmare on Elmstreet": Mystery-Krimi mit Fantasy-Elementen.

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