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[Nightmare Bites] Kap.1: SCHÖNE AUSSICHTEN ODER STEILES KARRIEREENDE


Der Läuterer
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Clive

 

Die unverkennbare Enttäuschung trifft mich.

 

"Was soll ich ihr antworten? Die Wahrheit, dass ich sie nicht auch noch verlieren will? Das würde sie nicht verstehen. Vermutlich würde es sie noch wütender machen. Und doch bleibt mir kaum ein anderer Ausweg."

 

"Weil ich von Euch erwarten würde, GENAUSO zu handeln, wenn ich an Cainnechs Stelle wäre! ... Besonders wenn ich an seiner Stelle wäre!", bricht es aus mir aufgebrachter als beabsichtigt hervor.

 

"Du hast Verantwortung ... nicht nur für Dich allein. Und Cainnech sollte Dich schützen ... er WOLLTE Dich schützen! Er wollte Dich sicher nicht in Gefahr bringen.

 

Wo willst Du überhaupt nach ihm suchen? Nein, falls Cainnech überhaupt noch lebt, haben wir keine Aussicht, ihn da herauszubekommen ... nicht zu einem irgendwie vertretbaren Preis. Was denkst Du, was sie von uns wollen, wenn sie Cainnech haben? Willst Du Dich ... und Dein Kind ... ausliefern, um ihn frei zu bekommen? Das lasse ich nicht zu! Auf keinen Fall! Cainnech würde mich und sich selbst für immer hassen, wenn wir ihn gegen Dich austauschen würden.

 

Wir haben hier KEINE Opitionen! Wir sind hier der Willkür der Polizei ausgeliefert. Du weißt nicht, wozu die britische Polizei bereit ist ... mit welchen Mitteln sie arbeitet. Ich schon! Willst Du polizistenmordend durch London laufen? Da helfen Dir Deine Diplomatenpapiere auch nicht mehr!"

 

Ich unterbreche mich selbst und blicke zu Boden, um zur Ruhe zu kommen. Dann fahre ich nach einem Moment des allgemeinen Schweigens leise und ruhig fort:

 

"Nein, wir können hier und jetzt überhaupt nichts für Cainnech tun. Wir müssen realistisch bleiben. ... Man muss auch wissen, wann man verloren hat." 

Edited by Joran
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Clive

 

Ich schüttle resigniert den Kopf.

 

"Du sagst doch selbst, sie sei deine Tochter. Dann wundere dich auch nicht, wenn sie sich so benimmt, wie du in ihrem Alter ..."

 

Ich erhebe mich mühsam von meinem Stuhl. Mein Körper schmerzt überall. Ich werfe Ove Eklund achselzuckend einen fragenden Blick zu und folge Matilde.

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Ich verpacke die Hand vorsichtig in die ramponiert aussehende Kameratasche und verschließe diese sorgfältig. Dann schaue ich mich um.

 

'Sie sind tatsächlich weg. Die gehen doch jetzt nicht wirklich zur Polizei. Das ist verrückt. Eben bietet Matilde mir Hilfe an und dann ist sie verschwunden. Sie hat mir nicht mal die Chance gelassen ihr Angebot anzunehmen oder auch nur zu überdenken. Wie soll ich das verstehen? Habe nicht ich den Verstand verloren sondern Matilde und der Doktor?

Was ist es, dass Matilde sich für diesen jungen Flieger interessiert? Ist es weibliche Schwärmerei?

Jugendlich, schwärmerisch habe ich Matilde in so einer ernsten Situation, wie jetzt, nie erwartet. Das ist doch alles unnormal.

 

Und was hat sie über diese Karte berichtet? Eine Visitenkarte der Detektei? Hat die hier nicht fast jeder gehabt? Habe ich nicht letztens erst eine Karte der Dektei gesehen, wo ich sie nicht erwartet hätte?! ... Ich kann mich nicht mehr erinnern.'

 

Ich stehe auf und öffne den Schrank im Zimmer. Ich fühle mich unwohl den Schrank von Dr. Savage ohne seine Erlaubnis zu öffnen, aber ich tue es trotzdem. Ich öffne den Schrank und stelle die Kameratasche in die dunkelste Ecke des Schranks. Dann überlege ich kurz ob ich noch ein paar Kleidungsstücke darüber legen sollte. Aber die Ordnung im Schrank von Doktor Savage ist klar und durchdacht. Da würden "heruntergefallene" Kleidungsstücke mehr auffallen als eine ramponierte Tasche. Ich schließe den Schrank wieder, fülle eines der Gläser im Zimmer mit Wasser aus der Karaffe und trinke es in großen Zügen leer.

 

'Sie sind noch immer nicht zurück. Ich hätte gedacht, sie besprechen sich noch vor dem Flur. Aber ich habe nichts gehört. Was sagte Matilde stand auf der Karte? Der Tod und die Geburt wären aus dem gleichen Grundstoff und wären beide ein Rätsel?

Ja... die Aussage stimmt. Zumindest vermute ich das.'

 

Plötzlich fällt mir etwas ein. Ich blättere in meinem Notizbuch und stolpere über den Bereich, den ich gesucht habe. Er fällt mir fast schon entgegen:

Auszüge aus der Broschüre der Penhew-Stiftung über die dortigen Ausstellungsstücke:
(eingeklemmt im Notizbuch)
 
Buch der Toten:
"Bei dem Buch der Toten handelt es sich um eine Sammlung von Formeln und Ritualen, mit denen der Verstorbene im Jenseits Unsterblichkeit erlangen soll. Zudem soll es dem Toten im Jenseits die Fähigkeit geben sich in alle von ihm gewünschten Wesen zu verwandeln und im Jenseits Wärme und Frieden zu finden"

 

 

'Passt das nicht etwa auch zum Osiris, seiner Geburt und Wiedergeburt? Und zu der Annahme das Geburt und Tod aus dem gleichen Grundstoff sind, somit mit einander verbunden sind? Ist da ein Zusammenhang?

Ra und seine ständige Wiedergeburt... jeden Morgen auf's Neue...

Es gibt viele Beispiele für soetwas ... Leben und Tot... Geburt und Sterben... in der Ägyptischen Mythologie.'

 

Wieder huschen mir gespenstische Bilder von der Totenmaske durch das Gedächtnis, vor Augen, die Bilder blitzen auf, es verwirrt mich.

 

'Diese verfluchte Maske. Sie hat sicher etwas damit zu tun. Es werden bestimmt schlimme Dinge passieren. Diese verdammte Maske ist schuld. Nur was kann ich tun?!'

 

Mein Puls fängt an zu rasen. Meine Hände werden schwitzig. Ich fühle mich alleine, hilflos und unwohl.

 

Ich lege die Broschüre wieder ins Noitzbuch und verschließe es. Ich stecke es wieder ein und taste nach der Pistole in meiner Jackettasche.

Ich versuche mich mit anderen Gedanken abzulenken.

 

'Matilde sagte die Karte sei aufgerollt und feucht gewesen. Warum aufgerollt? Nervosität? War sie in etwas reingesteckt worden? In eine Kapsel? Brieftauben? Oder sie schlicht aus Nervosität oder zum Zeitvertreib um einen Stift gewickelt worden?

Kam irgendwo Wasser vor? Es hat doch vor wenigen Tagen erst so stark geregnet... aber wer hatte damals ein Röhrchen dabei, eine Kapsel oder sonst etwas? Matilde und Clive ist soviel passiert, vielleicht hatten Sie es versehentlich irgendwo dabei oder gar fallen gelassen. Oder war es jemand weiteres?'

 

Ich kann nicht mehr klar denken. Als ich die Bücher auf dem Tisch liegen sehe, wird es mir zu bunt. Ich stehe auf, gehe zur Tür und schaue hinaus.

 

Niemand ist zu sehen. Ich lausche einen Moment, doch höre ich weder Matildes noch Clives Stimme.

Mir wird noch unbehaglicher.

Ich gehe wieder ins Zimmer und verriegel die Tür. Dann überprüfe ich außerdem ob alle Fenster fest verschlossen sind und ziehe die Vorhänge vor. Ich überlege kurz auch etwas vor die Tür zu schieben, doch halte ich das nun für übertrieben.

Ich lege mit leicht zittrigen Fingern die geladene und entsicherte Pistole auf den Tisch. Die Waffe liegt auch noch in bequemer Reichweite, als ich mich mit dem Rücken in Richtung Wand an den Tisch setze und anfange von hinten nach vorne im Expeditionstagebuch der Familie Marquard-Höllsang zu lesen.

Edited by Puklat
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Clive

 

Am Treppenabsatz blicke ich noch einmal den Gang hinunter. Die Tür zu meinem Zimmer steht noch offen. Aber von Ove Eklund ist nichts zu sehen. Er scheint sich uns nicht anschließen zu wollen. Ich nicke verständnisvoll.

 

Dann höre ich Matildes Schritte am Fuß der Treppe.

 

"So warte doch auf mich Matilde. Ich komme ja schon."

 

Ich vermisse meinen Stock, den ich auf dem Zimmer gelassen habe, als ich die Treppe heruntereile, um Matilde einzuholen.

 

Sie steht am Fuß der Treppe und sieht mir entgegen, noch immer nicht ganz versöhnt.

 

"Und jetzt? Wo willst Du hin?", frage ich, ohne sie damit herausfordern zu wollen. Aber mir ist tatsächlich nicht klar, wohin wir uns wenden sollen. Welche Polizeiwache? Oder zum Yard? Oder Wentworth Baxter? Möglicherweise liegt Cainnech dort ... als angeblich unidentifizierte Leiche 'John Doe'. Das wäre für die Polizei eine bequeme Möglichkeit, sich der Leiche zu entledigen. Aber ich wage nicht, diese Möglichkeit jetzt laut gegenüber Matilde auszusprechen.

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"Wir gehen zur Polizeiwache wo Cainnech, laut Walter, hätte hingebracht werden sollen."

Ich schaue Clive an.

"Wenn wir etwas davon besser verstehen können, dann ist da.."

Ich rufe mit der Hand einen Taxi.

"Ich bleibe nicht hier, und lasse mich tatlos umbringen"

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Clive

 

"Nein, Du fährst nach Möglichkeit in die Höhle des Löwen. ... Von hierbleiben war nicht die Rede, sondern von Abreise", möchte ich am liebsten antworten, aber ich nicke nur schweigend und behalte die Menschen auf der Straße im Auge.

Edited by Joran
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Auf Matilde's Handzeichen fährt ein Taxi links heran und hält.

Ihr steigt ein. Der Fahrer erkundigt sich nach Eurem Ziel. Dann fährt er los.

 

Du erinnerst Dich an das Gespräch mit Hans damals in Norwegen. In dem abgesperrten, militärischen Gebiet. "Ich kenne einen Mann mit dem Namen Julien. Mit vollständigem Namen heisst er Julien Louis François III, Marquis Le Sang de Roquetaillade. Ich nannte ihn insgeheim immer 'die Münze', weil man nie wusste, auf welche Seite sie fällt. Unberechebar. Iulius ist aber kein Franzose; er tut nur so. Iulius stammt aus Italien. Venedig, glaube ich. Aber er hat auch einen schweizerischen Pass. Er ist ein Magier und in diplomatischen Diensten. Er liebt es, sich zu verstellen und Katz und Maus zu spielen. Iulius ist noch recht jung und sehr machthungrig. Das macht ihn gefährlich. Und er ist sehr verschlagen. Er manipuliert Dich, ohne, dass Du etwas davon merkst. Er besitzt eine alte Burg. Das Château de Roquetaillade, das in der Nähe von Bordeaux liegt. Halte Dich von dort fern. Das ist die Höhle des Löwen und gefährlich für Dich."

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Ich mache die Augen zu, und das Auto stoppt.

"Wir sind da" Sage ich, ein wenig muede. Dann steige ich aus. Clive kommt mit.

Mir tut er Leid, aber ich kann einfach nicht so fliehen. Ich muss zumindest etwas versuchen.

 

Ich laufe rein, und gehe zum Schalter.

"Einen schoenen Tag, die Herren. Ich bin die Graefin Visconti, und brauche Eure Hilfe" Sage ich hoeflich.

"Gestern wurde einen Bekannten verhaftet, in S. Mary Krankenhaus. Wir suchen nach ihm. Sein Namen ist Cainnech Ó Caollaidhe. Wir sind hier, um die Caution zu besprechen, und zu verstehen, was ihm vorgeworfen wird" Ich laechele mild.

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Clive

 

Ich folge Matilde in die Polizeiwache. Als ich die Tür durchschreite, stellen sich mir die Nackenhaare auf. Die funktionale, jedes liebevolle Detail vermissen lassende Einrichtung lässt keinen Zweifel daran, dass die Menschlichkeit hier vor der Tür bleibt. Die Möbel sind ohne jede Phantasie zusammengezimmert. Das Holz ist im Verlauf der Jahre zu einem fäkalienfarbenen Braun nachgedunkelt. Die dunklen Möbel vertiefen den düsteren Eindruck des Raums mit den kleinen vergitterten Fenstern. Selbst das Tageslicht, das in den Raum fällt bildet scharf umrissene rechteckige Strahlen mit Gittermuster, in denen Staubkörner behäbig ihre Bahnen ziehen. Eine brusthohe Barriere trennt den Publikumsbereich in ganzer Breite des Raumes ab. Nur ein verschlossener Durchgang führt zu den Schreibtischen, an denen einige Beamte ihren Tätigkeiten nachgehen. Ein verstaubtes Foto hängt unbeachtet an der Wand, exakt ausgerichtet, das das Fehlen von Individualität an diesem Ort nur noch deutlicher hervorhebt. In einem Schrank an der rückwärtigen Wand sind in sauberer Ordnung hölzerne Schlagstöcke griffbereit aufgereiht. Verschiedene Türen schließen die Blicke des Publikums aus. Eine schmale Treppe führt in einen Keller hinab. ... Ich meine förmlich den Angstschweiß der Menschen zu riechen, die dort herabgeführt wurden.

 

Auf der anderen Seite der Barriere erhebt sich mürrisch ein Police Sergeant, als Matilde an herantritt. Sein abschätziger Gesichtsausdruck verdeutlicht, dass unseres Anwesenheit in diesem Raum bereits eine Beleidigung seiner Majestät ist.

 

Ich kenne diesen Mann nicht, aber ich hasse, wofür er steht. Heute ganz besonders.

 

Unwillkürlich bleibe ich ein, zwei Schritte hinter Matilde zurück und versuche den Raum im Blick zu behalten.

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Der Mann schreibt etwas... unbedeutend Wichtiges oder bedeutungsvoll Unwichtiges. Was auch immer. Der Mann schaut nicht auf. "Es tut mir unendlich leid, aber hier können wir Ihnen nicht helfen, Frau...? Visconti? ... Gräfin."

 

Er schaut kurz hoch. "Sie sind Ausländerin?" Weniger eine Frage als eine Feststellung. "Bitte, wie kann ich behilflich sein?" Er legt den Füllfederhalter zur Seite und klappt die Kladde zu.

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Ich schaue ihn verdutzt an.

"Ich wiederhole gerne, ja..." sage ich etwas unsicher.

"Also, ich habe gehoert, unsere Bekannter, der im Krankenhaus verhaftet wurde, sollte sich hier befinden. Aber laut meinem Anwalt, herr Kilmister, ist er nicht hier..wahrscheinlich ein Fehler, denn wir haben selbst gesehen, wie er rausgetragen wurde..."

Ich schaue ihn weiterhin hoeflich und ruhig an.

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"Ich glaube Sie haben mich nicht richtig verstanden... Wir sind hier nicht für den Bereich des St. Mary's zuständig, junge Dame. Es tut mir leid."
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Clive

 

Nun trete ich einen Schritt vor.

 

"Es waren sehr viele Zeugen im Krankenhaus, die die Verhaftung beobachtet haben ... Personal, Passanten, weitere Bekannte von uns. Unter anderem war Lord Penhew anwesend und jemand von der Metropolitan Police Service. Eine große Zahl von Polizisten war vor Ort. Für die Verhaftung zeichnete maßgeblich ein Constable Ron Kingston verantwortlich. An der Verhaftung Mitgewirkt hat auch ein Constable Phil ... wie war noch einmal sein Nachname? ... sie arbeiten offenbar zusammen. Können Sie uns sagen, bei welcher Polizeistation wir Constable Kingston antreffen können?"

Edited by Joran
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