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Gendergerechte Sprache - muss das sein?


Corpheus
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Bei Jugendlichen hab ich die Erfahrung auch gemacht, dass das Geschlecht egal ist. Aber in Paarbeziehungen gibt es diese Ungleichverteilung. 

Wenn Schülerinnen (7. Klasse) auf ein Wunschplakat über ihren zukünftigen Partner schreiben "Keine Gewalt" weiß man, was Phase ist. 

 

Ein Mäddel in der 6. oder 7. Klasse war mal sehr empört, sie hat ne Ohrfeige bekommen, nachdem sie eine ausgeteilt hat.
Bestraft wurde dann nur ich.

 

Das hab ich so in der Grundschule genau anders herum erlebt. Die Erziehungsberechtigten des Jungen haben so lange Alarm gemacht, bis meine Eltern in die Schule gekommen sind. Besagter Klassenkamerad hat einen Vortrag darüber gehalten, warum Mädchen in allem schlechter sind. Dann hat er mich getreten. Ich zurück. Großes Tamtam. "Was stimmt denn mit ihrem Mädchen nicht?" 

Meine Eltern haben mich nicht bestraft, die haben das als übliche Keilerei unter Kindern abgetan (was es ja auch war). Entschuldigen musste ich mich trotzdem bei ihm. 

Edited by 7OutOf13
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Aus eigener Erfahrung: Mädchen schubst meinen Kleinen gegen die Wand - er schubst zurück - Mädchen fällt auf den Po und beginnt zu weinen. Pausenaufsicht, Schulleitung, Sozialbeauftragter... Gewalt gegenüber Mädchen geht gar nicht.

 

Was soll das???

 

Ps: Das Mädel war eine Klasse höher, einen halben Kopf größer und deutlich schwerer.

Edited by Corpheus
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Es sind eben auch Jungs und Männer nachteilig von patriarchalen Strukturen betroffen, sofern sie in Situationen geraten, in denen der Ablauf nicht üblichen Geschlechterklischees entspricht. In dem Fall eben davon, dass Jungs die handelnden und aggressiven sein müssen. Überhaupt ist das gesellschaftliche Männerbild mit seinen hypermaskulinen Supermännern glaub ich gerade kein Vergnügen für heranwachsende Jungs. 

 

Du tappst ja in das gleiche Denkmuster, in dem du das schubsende Mädchen noch mit dem Zusatz "war aber größer und schwerer" versehen musst. Warum ist das wichtig? Der Sachverhalt wäre doch genauso unfair, wenn beide Kinder exakt gleich groß wären oder das Mädchen sogar kleiner und leichter. 

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Soweit ich mich an die Schulzeit erinnere wurden die Mädchen bei Raufereien fast immer bevorzugt.

Jedoch finde ich, dass irgendwelche Kleinigkeiten aus Schulzeiten für dieses Thema nicht wikrlich hilfreich sind.

 

Vom BMFSFJ:

"

Opfer von Partnerschaftsgewalt sind zu über 82 Prozent Frauen. Fast die Hälfte von ihnen hat in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Tatverdächtigen gelebt. Das zeigt die aktuelle  Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Demnach wurden 2017 insgesamt 138.893 Personen erfasst, die Opfer von Partnerschaftsgewalt wurden. Knapp 113.965 Opfer waren weiblich. Die PKS erfasste folgende versuchte oder vollendete Delikte gegen Frauen:

  • Vorsätzliche, einfache Körperverletzung: knapp 69.000
  • Bedrohung: über 16.700
  • Gefährliche Körperverletzung: rund 11.800
  • Bedrohung, Stalking, Nötigung: knapp 29.000
  • Freiheitsberaubung: über 1.500
  • Mord und Totschlag: 364

"

(Quelle: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/haeusliche-gewalt/haeusliche-gewalt/80642 )

 

Hier ist deutlich zu sehen wie die Dinge stehen. Somal ja auch noch ein Dunkelfeld hinzu kommt. Daher sind die absoluten Zahlen in der Realität wohl höher.

 

 

Ansonsten, sollen wir auf das ursprüngliche Thema zurück kommen oder ist dieser Wechsel gewünscht?

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Zurück zur Sprache:

Es ging mir nicht darum zu sagen, guck ihr werdet als erstes genannt also gibt's keine Diskriminierung

Es ging darum das Bild mit einem Beispiel abzurunden, das ebenfalls auf Sexismus beruht (oder glaubt ihr man hat Damen wie rohe Eier behandelt weil sie als das wichtigere Geschlecht angesehen wurden?"

 

Sprache ist immer irgendwie exklusiv. Man muss sie gut beherrschen um alles mit zu bekommen, man sollte über den Ursprung der Worte oder Wort Teile nachdenken, wenn man Herabsetzung erkennen will und man kann viel leichter eine bestimmte Gruppe ansprechen und damit alle anderen ausschließen als alle anzusprechen.

Das gilt aber nicht nur für die deutsche Sprache.

 

Ich finde es "wichtig und richtig " (Zitat beabsichtigt) sich die Frage zu stellen ob bestimmte Ausdrücke beleidigend sind. Das Problem das wir in dieser pc und Gender Debatte haben ist mal wieder das Vorgehen.

Zum einen beschließt irgendwann eine Gruppe Politiker dass es jetzt an der Zeit ist und dann stellen sich Experten und Forscher hin und sagen das und das und das sind die bösen Wörter und dann versuchen es alle irgendwie umzusetzen. Die einen widerwillig, die anderen halbherzig und ein Teil schießt völlig übers Ziel hinaus.

Was haben wir aber nie gemacht? Richtig, statt Wissenschaftler und Experten mal die betroffenen zu fragen. Die hätten uns nämlich was anderes erzählt.

Aber der deutsche versucht ja lieber andere Menschen zu verstehen ohne mit ihnen zu reden. Ist schließlich einfacher. Dann kann man die betroffenen noch als undankbar hinstellen wenn die dann die ausgedachten Maßnahmen als sinnfreien Quatsch abtun.

Dabei verlieren wir außerdem regelmäßig das letzte fünkchen Hoffnung in dem ganzen aus den Augen. Nämlich der Grundgedanke war völlig richtig. Ein Gefühl für die eigene Sprache zu bekommen. Emphatisch damit umzugehen und nicht alles unreflektiert nach zu plappern

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Du tappst ja in das gleiche Denkmuster, in dem du das schubsende Mädchen noch mit dem Zusatz "war aber größer und schwerer" versehen musst. Warum ist das wichtig? Der Sachverhalt wäre doch genauso unfair, wenn beide Kinder exakt gleich groß wären oder das Mädchen sogar kleiner und leichter.

 

Rein vom Kämpferischen Standpunkt betrachtet bedeutet Größer und Schwerer immer Vorteil im Kampf bzw oft Im Kampf überlegen.

Das hat nur was mit der Physis und der Psychologie zu tun , nicht mit dem Geschlecht .

und bei Gleichgroß bzw Gleichschwer sind die Chancen dann nur bei demjenigen , der mehr Durchhaltewillen hat .Auch das hat nichts mit dem Geschlecht zu tun

Überhaupt ist das gesellschaftliche Männerbild mit seinen hypermaskulinen Supermännern glaub ich gerade kein Vergnügen für heranwachsende Jungs.

 

 das ist ja auch extrem .

Extreme sind immer schlecht und kein Vergnügen

Ebenso könnte man sagen das Metrologische Mini-Männchen kein Vergnügen für heranwachsende Jungs sind ;)

Ich benutze aber selten solche extreme .

Die Meisten Menschen bewegen sich im .....Mittelbereich und den sollte man diskutieren, nicht Extreme

 

mit kurzem Tanz am Morgen

Medizinmann

Edited by Medizinmann
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Es sind eben auch Jungs und Männer nachteilig von patriarchalen Strukturen betroffen, sofern sie in Situationen geraten, in denen der Ablauf nicht üblichen Geschlechterklischees entspricht. In dem Fall eben davon, dass Jungs die handelnden und aggressiven sein müssen. Überhaupt ist das gesellschaftliche Männerbild mit seinen hypermaskulinen Supermännern glaub ich gerade kein Vergnügen für heranwachsende Jungs.

Das ist ja z.B. auch der Ansatz den Emma Watson mit "ihrem" HeForShe-Projekt verfolgt.

Wie oft wurde einem "Ein Indianer kennt keinen Schmerz" gesagt? (Wo dann auch direkt noch eine schöne rassistische Unternote reinkommt).

 

Habe da eine nette Anekdote zu. Vor vielen Jahren mit drei Schwestern "Whale Rider" im Kino gesehen, die jüngste war 18 und saß etwas abseits. Als wir nach dem Film rausgingen waren alle ausser ihr total verheult und sie sagte total empört, vor allem zu mir: "ihr hättet ja mal sagen können dass ihr heult! Ich habe mich total zusammengerissen!"

 

Wobei es bei solchen gesellschaftlichen Dingen eben auch nicht ausreicht sich dessen bewusst zu sein, es fordert schon ständige Aufmerksamkeit um sich auch eigener angelernter Verhaltensmuster bewusst zu werden und die dann auch noch zu ändern.

 

Für mich ist der Schaden den patriarchale Verhaltensmuster auch bei Männern anrichten durchaus ein Argument um eben Männer von Änderungen sachlich überzeugen zu können (vor allem die die sagen ist mir doch egal, sollen sich die Weiber drum kümmern, mir geht's doch prima). Die sind eben auch nicht immer die "Gewinner" sondern oft in Mustern verfangen die ihnen selbst schaden. Und einige davon sind dann auch bei der Auflistung der Gründe für die niedrigere Lebenserwartung von Männern dabei.

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Zu dem groß, schwer und stark Thema. 

Ja, natürlich spielt das in einem Kampf eine Rolle. Darum gibt es ja z.B. beim Boxen auch Gewichtsklassen. Aber darum geht es mir in meiner Argumentation überhaupt nicht. 

In Corpheus Beispiel wurde unfair gehandelt. Egal ob das Mädchen 20, 50 oder 100 Kilo wiegt. Sie hat angefangen. Punkt. 

 

 

Wer sagt ,das ein Mädchen immer benachteilligt ist  , nur weilö es ein Mädchen ist ,der fällt in genau diese Falle ,nämlich das er Geschlechtsspezifisch denkt ( Ein Mädchen ist schlechter als ein Junge 

 

Genau darauf wollte ich ja hinaus. Deswegen braucht es keinen Ausgleich dieser scheinbaren Benachteiligung, indem extra auf "größer und schwerer" hingewiesen wird. 

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Ich hab den Satz bei mir nach etwas Nachdenken gestrichen .

Mädchen sind ( bei gleicher Größe und Gewicht) im Kampf öfters benachteiligt , das hat aber meist mit der Psychologie zu tun ( und warscheinlich auch mit so alten Patriarchaischen Strukturen. denn wenn dem Mädchen von Klein auf gesagt wird ,das es nicht kämpfen kann/darf/soll und es kommt dann in einen Kampf wird sie warscheinlich im Nachteil sein )

Und natürlich auch mit mangelndem Training bzw Praxis im Kämpfen an sich .

 

Wie oft wurde einem "Ein Indianer kennt keinen Schmerz" gesagt? (Wo dann auch direkt noch eine schöne rassistische Unternote reinkommt).

 

Das ist aus den 60ern und ist eher ein Positives Beispiel für Rassismus ( der Indianer ist Besser,Tougher, deshalb kennt er keinen Schmerzetc) .

Damals haben sich die Leute nicht soviele Gedaken drum gemacht , ob das jetzt rassistisch oder Beleidigend für Indianer ist ...

Schlimmer ist vielmehr : "Ein richtiger Mann ,der heult doch nicht ! "

DAS fördert Geschlechtsspezifisches Denken . Gerade in einem heranwachsenden Kind !

 

der mit den heulenden Indianern tanzt

Medizinmann

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... ( und warscheinlich auch mit so alten Patriarchaischen Strukturen. denn wenn dem Mädchen von Klein auf gesagt wird ,das es nicht kämpfen kann/darf/soll und es kommt dann in einen Kampf wird sie warscheinlich im Nachteil sein ) ...

Von dem Problem habe ich schon mal im Zusammenhang mit Vorurteilen gehört. Quasi als selbsterfüllende Prophezeiung.

 

Bei 16:30 ist der Abschnitt der genau darauf zu sprechen kommt. -> https://www.br.de/mediathek/podcast/radiowissen/klischees-im-kopf-wie-vorurteile-unser-leben-lenken/31663

Meines erachtens ist der ganze Beitrag hörenswert  ;)  (als kleine Empfehlung)

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Definitiv ein Thema, sieht man auch zB im LARP. Bei einer guten Freundin von mir stand eine Ausbildung als Novizin eines Templerordens an. Beim Spiel der Kampfausbildung bestand eigentlich die größte Hürde im psychologischen Teil - nämlich klarzumachen "die wenigsten im LARP wissen wirklich, was sie tun. Du kannst da mithalten, wirklich." und dann einfach tatsächlich zu kämpfen. Da muss man zum Teil echt Konditionierung aus Kindheitstagen überwinden. Als Mädchen haut man sich nicht. Dieses Problem besteht meiner Beobachtung nach bei Männern so gut wie nie. Die tendieren eher dazu, ihre Fähigkeiten in der Hinsicht drastisch zu überschätzen.

Edited by BruderLoras
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Es gibt auch Studien zur "selbsterfüllenden Prophezeiung" und den Mathematikkenntnissen von Mädchen. Umgedreht zu den Deutsch- und Fremdsprachenkenntnissen bei Jungs, da diese Fächer als "Mädchenfächer" deklariert werden. 

 

Das LARP Beispiel ist da klasse.

Edited by 7OutOf13
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Jetzt kommen wir aber langsam doch zu stark vom Thema ab. ;)

 

Es ist aber ein berechtigter Frage, ob nun die ausgeprägt gegenderte Gesellschaft in Deutschland und anderen Ländern auch mit der unbewussten Wirkung der geschlechtsspezifischen Sprache zu tun hat. Dennoch gibt es auf jeden Fall viele weitere Aspekte, die über eine rein persönliche und freie Entscheidung zum Bewusstsein einer "persönlich ausreichenden" Gleichberechtigung und den vielen Unterschiedlichen Ansichten diesbezüglich führen.

 

Ich komme aus einem extrem klassischen Familienbild. Mutter Hausfrau und Mutter von drei Kindern, hat mir 21 aufgehört fest angestellt zu arbeiten und war bis zur Rente nur noch Hausfrau und Mutter mit später kleinen Nebenjobs bzw. Minijobs, die alle irgendwie im Kontext zur Hausarbeit standen.

 

Trotzdem hat einerseits die Erziehung, andererseits die erhaltene Bildung und natürlich auch die, aus meiner persönlichen Erfahrung und Umwelt entstandene, persönliche Überzeugung dazu geführt, das ich eine ausgeprägte Selbstverständlichkeit im Thema Gleichberechtigung entwickelt habe. Ich stehe daher dem Feminismus ganz offen positiv gegenüber. Und ich empfinde nicht die Notwendigkeit diese Aussage zu relativieren in dem ich evtl. Extrembeispiele aufführe was ich damit nicht meine.

 

Nein, ich finde Feminismus ist in unserer Gesellschaft berechtigt und wichtig. *Punkt*

 

Ich habe Probleme damit, Männer ernst zu nehmen, die sich durch den Feminismus bedroht oder ungerecht behandelt fühlen. Und aus Gewohnheitsrecht Dinge belassen zu wollen wie sie sind, weil man sich selbst nicht daran stört habe ich auch schon immer als mindestens schlechten Stil und schwaches Argument wahrgenommen. Neudeutsch würde man mich wohl als ausgeprägt progressiv denkenden und handelnen Menschen einschätzen. In Zeiten von scheinbar wieder erstarkenden Konservatismus in der Öffentlichkeit bis hin zum Extremen, bekommt man ja nicht selten das Gefühl sich dafür rechtfertigen zu müssen, dass man so denkt und das auch öffentlich vertritt.

 

Warum ich das erwahne? Nun ich bin mittlerweile selbst Vater einer nun ca. 3,5 Jahren alten Tochter. Eine neue Erfahrung für mich in vielfältiger Form. Bevor ich wusste, dass ich Vater einer Tochter wurde, hörte ich im Bekanntenkreis oft "ach, das Geschlecht ist doch egal, Hauptsache der Bub' ist gesund". Klar das war ein Scherz, und ich habe mit gemacht und mit gescherzt und mir wenig dabei gedacht.

 

Als ich erfuhr, dass es ein Mädchen wird, hat mich das vollkommen neutral gelassen. Das Geschlecht hatte keine Bedeutung für mich. Bei anderen Vätern (das mit dem Eltern werden, ist gerade schwer in Mode in meinem ähnlich alten Freudeskreis) hatte ich auch das Gefühl, dass in Wahrheit das Geschlecht gar keine Rolle spielt. Generell würde ich meinen Bekanntenkreis als ebenfalls eher progressiv eingestellt einstufen. Dennoch wird im Scherz dem Geschlecht mehr Bedeutung angedacht, als im Ernst. Warum eigentlich?

 

Als ich die kleine Maus das erste mal im Arm hielt, haben mich viele Emotionen und Gedanken überrollt. Wer das noch nie selbst erleben durfte, dem kann man das unmöglich in Worten vermitteln. Aber einer der Gedankenblitze war auch, dass ich eigentlich froh bin, dass es ein Mädchen ist, denn so kann ich als Papa viel mehr mit ihr kuscheln, als bei einem Jungen. Und nichts macht glücklicher in den ersten Momenten mit dem eigenen Kind als eben jene körperliche Wärme.

 

Und fast im gleichen Moment war ich von meinem vorherigen Gedanken total schockiert. Fange ich jetzt auch schon an, derart zu denken. Warum sollte das Geschlecht hier eine Rolle spielen... Es ist ein Baby, dass unabhängig vom Geschlecht die gleichen Bedürfnisse hat. Aber der Impuls war dennoch gekommen, obwohl ich es besser wusste.

 

Dann wurde sie älter und ich habe mich intensiver damit beschäftigt was es denn für tolle Spielsachen für die Kleinen heute gibt. Da wurde mir dann das erste mal klar, wie verrückt unsere Gesellschaft in wahrheit gendert. Es gibt nämliche quasi nur geteilte Spielzeugabteilungen. Quasi die "rosa" Hälfte und die " blaue" Hälfte. Und bei den Farben hört der Unterschied ja gar nicht auf. Meine Tochter war noch nicht ganz ein Jahr alt, aber ihr Spielzeug muss sich schon von dem für einen Jungen in dem Alter unterscheiden. Jungs hatten Drachen, Dinos und Feuerwehr-"Männer" als Kuscheltiere, Mädchen Puppen, Einhörner und Feen. Ich habe mich dann für einen Drachen und eine Puppe entschieden. Soll doch das sind entscheiden und nicht ich auf Grund ihres Geschlechts das empfohlene...

 

Sie bekam auch von Mama einen eigenen Drachen gehäkelt, der schnell zu ihrem aller liebsten Kuscheltier wurde.

 

Sie wurde älter. Als Geschenk kamen nun nach den noch allgemein gehalten Bilder-Lernbüchern die ersten Geschichten Bücher. Freunde und Familie schenkten "Mädchen-Bücher (sorry aber was für ein unfassbarer Schwachsinn Erzählbücher für Kinder von zwei bis drei Jahren in Mädchenbüchern und Jungsbücher zu trennen, statt einfach nur nach Themen). In den Mädchenbüchern ging es um prinzessinnen, Fernstaub und Einhörner in rosa glitzernden Zauberwelten in denen alles toll war...

 

In den Jungsbücher ging es um Piraten, Ritter und Drachen und aufregenden Abenteuern und gefährlichen Welten in denen überall Gefahren und Herausforderungen zu bestehen waren.

 

Meine Frau und ich entschieden uns dann für die Abenteuerbücher und ergänzten um allgemeine Sachbücher (erste Experimente, wieso weshalb warum), Pipi Langstrumpf und Drache Kokosnuss, weil uns die als im wesentlichen ungegendert vorkamen. (Außerdem mag ich die Reihe "Dein Papa ist ein Ork *GG*).

 

Das Kind hatte die Wahl, und mehr Freude an Piraten, Drachen und Abenteuern von Drache Kokosnuss und vor allem an den Sachbüchern. Die Glitzer Bücher waren schnell uninteressant. Aber es war dann ihre Entscheidung. Btw. Es blieb auch bei einer Puppe, die schnell langweilig war. Mit der konnte man nicht Kuscheln. Dafür hat sie heute drei verschiedene große Drachen in ihrem Zimmer, die zu ihren absolutrn Lieblingen gehören.

 

Als sie drei wurde haben wir auch mal hin und wieder eine angemessene Serie gesucht. Wir haben ein paar ausprobiert und sie dürfte frei entscheiden. Wie so ziehmlich alle Kinder ist bis heute ihre Lieblingsserie PawPatrol. (Wer selbst Kinder in dem Alter hat, wird wissen wovon ich spreche). Auch PawPatrol finde ich weitestgehend ungegendert und ohne typische Rollenklischees. Daher find ich die Serie ganz okay. Auch pädagogisch nicht wertlos, weil es nur darum geht selbstlos anderen zu helfen. Wobei ich feststellen musste, dass selbst diese Serie eher bei Jungs beliebt ist und auch schon von anderen Eltern aus der Kita vernommen habe, das das ja eher was für Jungs wäre.

 

Naja, von Kleidung und den möglichen Farben will ich gar nicht anfangen zu sprechen. Meine Tochter sagt mir heute, dass blau und schwarz ihre Lieblingsfarben sind. Keine Ahnung wie sie an rosa vorbei kommen konnte, aber ein bisschen stolz bin ich schon. Sie hat natürlich auch rosa Kleidung. Damit habe ich ja kein Problem. Sie hat aber auch schwarze und blaue Kleidung, und das ist eher seltener bei Mädchen, habe ich zumindest den Eindruck. Das meiste ist aber bereits getragenes Zeug von Freunden, deren Tochter drei Jahre älter ist und primär rosa Sachen trug.

 

Wenn ich mir heute anschauen was andere Mädchen in die Freundesbücher der anderen Kinder aus der Kita schreiben lassen, dann lese ich primär: Lieblingsfarbe: rosa. Lieblingstier: Einhorn. Was willst du Mal werden: Prinzessin....

 

Wenn wir unsere Tochter fragen bekommen wir andere Antworten: blau/schwarz, Drache und Astronautin. (Das Sachbuch über Weltraum und Raumfahrt ist eins ihrer Liebsten, und die Folge mit dem Elefanten von Alexander Gerst auf der ISS ihr absoluter Favorit)...

 

Worauf ich aber hinaus will: es ist tatsächlich aufwendig sich gegen den gesellschaftlich und kommerziell bestehenden Druck von üblichen Strukturen durchzusetzen. Schon vom kleinsten Alter an, werden Mädchen und Jungs durch Spielzeug, Farben und Bücher in feste Muster gestopft die unmöglich an diesen Kindern vorbei gehen können. Und die Dinge sind so unbewusst in unseren Köpfen drin, oder wir bekommen sie gar nicht mit, das wir das als vollkommen normal und natürlich betrachten. Ein reflektierte skeptischer Blick in die Spielwarenabteilungen offenbart ein unglaubliches Bild. Die Wahl an wirklich geschlechtsneutralen Spielzeug ist minimal. Einige Eltern sind schon so "progressiv", dass es für sie okay ist, wenn ihr Junge mit "Mädchen"-spielzeug spielt. Aber erstens ist es nach meiner Wahrnehmung erheblich seltener, dass es auch okay ist, dass Mädchen mit "Jungs"-spielzeug spielen und was soll überhaupt dieser Unsinn bzgl. Jungs- und Mädchenspielzeug? Das ist doch großer Schwachsinn, oder die Einteilung sollte es zumindest sein, wenn wir wirklich schon in einer Gesellschaft angekommen sein sollten, in der Gleichberechtigung selbstverständlich ist.

 

Tatsächlich ist es dann aber dennoch so, das Jungs die trotzdem mit Mädchenspielzeug spielen sozial untereinander komischer wirken als Mädchen, die mit Jungssachen spielen. Btw. Natürlich lernen Jungs mit dem Duplo in Lego Spielzeug auch viel schneller technische Zusammenhänge und räumliches Denken. Während Mädchen stärker kreative Fähigkeiten durch ihr typisches Spielzeug erlernen, sowie eine stärkere Fürsorgepflicht, weil sie sich um ihre Puppen kümmern... Wer jetzt an zu wenig Frauen in MINT berufen und zu wenig Männern in Pflegeberufen denkt, und an Frauen typischerweise mehr in schlechter bezahlten (empathischen) Jobs und Männer in besser bezahlten (technischen) Jobs, dem geht's wieder mir. (Natürlich gibt es auf allen Seiten trotzdem genug Ausnahmen, aber die frühe Prägung kann dich nicht irrelevant sein. Liegt es an der Natur, oder eben auch an der bewussten und unbewussten Erziehung und Gesellschaftlichen Rahmen, in die bereits kleinste Kinder gesteckt werden?

 

Denn bis die Kids ins Teenageralter kommen, gibt es keine relevanten körperlichen Unterschiede. Aber trotzdem hört Mädchen, die man danach in der der Kita fragt, dass Jungs stärker sind, besser klettern können und mutiger als Mädchen sind. Dabei ist die Muskelentwicklung in dem Alter noch identisch. Biologisch kein echter Unterschied. Vielleicht sind Jungs mutiger, weil die Vorbilder in "Jungsbüchern" sind eben stark. Und wenn man einen Piraten nachspielt, dann klettert man eben mehr. Man ist auch eher mutig, der Held aus dem Lieblingsbuch ist es ja auch ist...

 

Wir gendern uns die Gesellschaft heute an unseren Kindern zurecht. Und zwar übertrieben. Diese frühen Unterschiede, die bei Geschichten und Spielzeug beginnen, sind aber prägend für die weitere Entwicklung, davon bin ich überzeugt. Und nicht alle Mädchen sind als Rebell geboren und trotzen der frühkindlichen Prägung mit der Pupertät. Und andersrum ist es auch für Jungs schwierig aus dem Muster auszubrechen und zuzugehen, dass sie lieber häkeln und malen würden, als ein Baumhaus zu bauen oder Fußball zu spielen.

 

Und aus so einer als normal angesehenen gesellschaftlichen Prägung heraus, ist es vielleicht auch schwierig nachzuvollziehen, dass das Sprache ihren Teil zur Gesamtsituation hinzufügt. Und vielleicht sind es gerade die Rebellen unter den Frauen, die aus der falschen Motivation heraus die Sprache nicht ändern lassen wollen, weil sie ja so evtl. Unbewusst Schwäche zeigen würden, da sie mit dem Zugestehen auch eingestehen würden, dass sie sich als Frau nicht gleichberechtigt sehen würden, und damit schwache offenbaren. Was der eher rebellischen Natur dann genauso falsch vor kommt, wie den frühen Piraten und Rittern aus dem Kindergarten. ;)

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