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Intoleranz,Feminismus,Transgender,etc


Corpheus
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Man würde einen Krimi boykottieren, weil der Mörder eine Transperson ist?

 

Boykottieren dieselben Menschen dann auch Psycho / Bates Motel? (Buch und Film und Serie)

 

Hier geht es ja nicht um alte Bücher von ihr sondern ein Buch was sie jetzt unter dem Eindruck und mit den Erfahrungen der aktuellen Debatte geschrieben hat und welches einigen Menschen nun als bewusste Provokation wenn nicht gar vorsätzliche Diskriminierung erscheint.

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Mich beschäftigt der "Tod des Autors" schon lange und ich denke, dass die Dame in deinem Video den Punkt nicht trifft. Wir sprechen hier von einem literaturtheoretischen Konzept, das historisch als Gegenkonzept zur allgegenwärtigen Psychologisierung im frühen 20. Jahrhundert entworfen wurde. Sie führt aber eine politische Debatte, und dort ist besagtes Konzept meiner Meinung nach absolut deplatziert (böse Zungen möchten das eine "Politisierung der Ästhetik" nennen). Sie spricht über Harry Potter, als handele es sich dabei um ein Konsumgut, dem man einfach abschwören kann - so wie das Rauchen aufgeben oder Nestle-Produkte boykottieren. Harry Potter ist aber nicht nur kein "Gut", ich möchte darüber hinaus und unter dem Eindruck besonders immersiver Geschichten auch auf den Prüfstand stellen, wer hier wen "konsumiert". Jedenfalls ist es absurd, eine Geschichte, die Teil meiner Identität geworden ist, "gehen zu lassen", weil derjenige, der sie mir erzählt hat, im Nachhinein zur Persona Non Grata geworden ist. Das eine ist eine zutiefst persönliche Angelegenheit, weit jenseits der Gefilde der Vernunft, das andere ein gesellschaftlicher Umstand. Sich selbst die Liebe zu versagen, um eine äußere Integrität zu wahren, scheint mir ungesund und irreführend zu sein. Ökonomischer Boykott ist eine probate Form politischen Ausdrucks, aber eine gute Geschichte bleibt eine gute Geschichte, auch wenn sie (vielleicht leider) von einem Schurken erzählt wurde.

 

Ich persönlich finde Harry Potter gar nicht so toll und muss zu meiner Schande gestehen, dass ich das Video nur bis zum Schluss geschaut habe, weil ich die Dame sehr attraktiv finde. Wahrscheinlich bin ich also Teil des Problems, was ich zu bedenken gebe.

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Das was sie beschreibt ist (bereits) eine politische Debatte, wo Leute in eben jener Debatte mit diesem akademischen Konzept kommen, um sich von der politischen Debatte zu "immunisieren". Zudem schreibt sie dir nicht vor, was du zu tun, oder zu lassen hast, sondern dass wenn du HP weiter konsumierst, aber gleichzeitig Trennung von Werk und Autor / "Tod des Autoren" postulierst (aka "Ich will damit nichts zu tun haben"), ist das ein wenig scheinheilig, weil ein noch lebender Autor der Bullshit verzapft etwas anderes ist, als ein tatsächlich toter Autor - insb. in einer akademischen Debatte, was diese hier nie war.

 

Sie spricht davon, dass wenn du HP weiter konsumierst du dir auch den Kontext klar machen musst unter denen das Werk unter Umständen entstanden ist (wie etwa das kritische erneute Lesen des Stoffes unter den nun bekannt gewordenen Punkten), wie eben auch das derzeitige Wirken des Autoren. Das ist m.E. ein ähnlicher Ansatz (wenn auch nicht so direkt kommuniziert) wie damals bei Anita Sarkeesian und ihrer Videoreihe zu Tropes in Computerspielen. Dort sagte sie nämlich "Be critical of the media you love". Dieses Video geht in eine ähnliche Richtung. Und wenn man hier been (persönlich) zu dem Schluss kommt, dass eine Trennung von Werk und autor nicht möglich ist, etwa weil der Bullshit den der oder die Autorin hier verzapft zu groß ist, dann muss man eben Abschied nehmen.

 

Man soll sich aber eben nicht selbst belügen, indem man sagt "das geht mich alles gar nichts an" nur damit man weiter HP konsumieren kann, weil man damit eben JKR weiter unterstützt, die hierdurch eben wiederum anderen Menschen schadet. So wie ich sie verstanden habe, will sie nur, dass man das in seine Überlegungen mit einbezieht, eben weil es aktuell eine Rolle spielt (anders etwa bei toten Autoren, oder eben bei ihrem Beispiel von George Lucas, der bei Star Wars nichts mehr zu melden hat). Aus ihrer Sicht machen das zu viele Leute eben nicht. Sie verschließen sich bewusst oder unbewusst von der Debatte (u.a. weil sie ja kein Problem sehen *zwinkizwoki*) und um sich vor Kritik zu schützen sagen sie eben "Tod des Autoren", damit sie ungestört weiter HP konsumieren können.

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So in etwa hatte ich die Dame auch verstanden, ich habe allerdings die Betonung auf den wirtschaftlichen Faktor "Konsum" nicht so mitbekommen, wie er bei dir jetzt deutlich wird. Wenn das der Punkt ist, sind wir aber definitiv nicht mehr beim "Tod des Autors", und jeder, der versucht, dieses Konzept zur Legitimation seines Kinogangs heranzuziehen, betreibt unzulässige Instrumentalisierung. Denn wenn es nicht um Harry Potter als Geschichte, sondern Harry Potter als Menge von Konsumgütern (Bücher, Filme, Spiele, Merch...) geht, kann man wohl kaum leugnen, dass die Autorin wirtschaftlich von diesem Konsum profitiert (im Sinne von finanziellem und sozialem Kapitalerwerb).

 

Zum Vorbeugen etwaiger Missverständnisse möchte ich aber nochmal betonen, dass Geschichte und Werk (eben das, was das Urheberrecht der Autorin zuspricht und entsprechend kapitalisiert wird) in dieser Debatte strikt zu trennen sind. Insbesondere kann eine veränderte Perspektive bei einer erneuten Lektüre gewiss neue Eindrücke hervorbringen - das kann sie immer - aber damit wird die erste, intuitive Art der Geschichte nicht illegitimiert oder entwertet.

 

Ich treib's auf die Spitze: Nur, weil Goethe ein widerliches Schwein war, hat Werther deshalb nicht weniger gelitten (was auch so wäre, wenn Goethe ein zeitgenössischer Autor wäre).

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Ich finde es für mich persönlich schon unangenehm, manche Dinge einfach weiter zu konsumieren. Bei einem Michael Jackson Song schweifen die Gedanken schon mal ab zu den mißbrauchten Kindern, bei einem Weinstein Film zu vergewaltigten Schauspielerinnen, bei einer Nestle Wasserflasche zu abgegrabenem Trinkwasser - das sind eben mentale Verbindungen die hergestellt wurden. Man kann Maos kleines rotes Buch nicht ohne 45 Millionen Tote im Hinterkopf lesen. Und Harry Potter werde ich halt auch nie wieder lesen können ohne dabei zu überlegen ob JKR ihre Terf-Ideen vielleicht auch da schon vergraben hat.

Autoren/Künstler von ihrem Werk komplett zu trennen funktioniert nicht. Leni Riefenstahl als visionäre Künstlerin zu sehen geht nicht ohne den Einfluss des Dritten Reichs.

 

Auf der anderen Seite schaffen Künstler Kunst, und im Moment der Veröffentlichung verlieren sie auch einen großen Teil der Kontrolle darüber. "Was will uns der Autor damit sagen" ist in Deutsch-Klausuren der Mittelstufe eine beliebte Fragestellung, manchmal sagt das Kunstwerk aber ganz andere Dinge aus. Je abstrakter es wird, desto wilder.

Meint ihr Rothko könnte genau aufschreiben was er sich bei einem roten Quadrat gedacht hat - und damit dann Menschen abholen die es im Museum bestaunen?

Jedes Medium limitiert die Gedanken, und das ist wohl auch ein Glück, denn für den Inhalt eines fremden Kopfes wäre im eigenen gar kein Platz, ist ja schon wer da.

 

Das macht Literaturwissenschaft, vor allem in Verbindung mit Geschichte, ja auch zu einem spannenden Thema. Wie haben Tolkiens Kriegserlebnisse seine Bücher geprägt z.B., total valide Frage. Und wenn der Autor dann sagt (gesagt hätte...) "gar nicht" dann muss man das nicht unbedingt als Fakt sehen.

 

Künstler können auch nicht "über jeden Zweifel erhaben sein", zum einen kann man es nicht allen Menschen gleichzeitig recht machen, zum anderen wechseln manche moralischen Ansprüche, und letztlich sind Künstler auch nur Menschen, selbst gefeierte Genies. "Selbst lesbische schwarze Behinderte können ätzend sein".

 

"Be critical to the things you love" finde ich einen wichtigen Standpunkt. Nur auch nicht den einzigen. Wie HerrGantenbein ja schon sagte, man liebt eben die Dinge die man liebt, und hat auch nicht unbedingt Kontrolle darüber. Und etwas zu Boykottieren ist auch ein sehr grobes Instrument. Was aber manchmal auch nötig ist, schon allein um Täter von weiteren Taten abhalten zu können.

 

Vergebung ist etwas das grösstenteils von den Opfern ausgehen sollte und muss, und wo es meiner Meinung nach auch eher darum geht den persönlichen Seelenfrieden zu erreichen als (Un)Taten nachträglich zu legitimieren.

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Sich selbst die Liebe zu versagen, um eine äußere Integrität zu wahren, scheint mir ungesund und irreführend zu sein.

Es geht da allerdings eher um innere Integrität. Also eigentlich die kognitive Dissonanz, die durch die gleichzeitige Ablehnung des Autors und Zuneigung zu seinem Werk entsteht.

 

Aber was ist eigentlich mit Rowling? Dreht sie gerade besonders am Rad oder so?

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Wenn ich das richtig verstanden habe, fing es mit dem Post hier an: https://twitter.com/jk_rowling/status/1269382518362509313

Irgendwie lesen die Leute da rein, Rowling hätte gesagt, dass ausschließlich Personen, die menstruieren, Frauen sind. Das ist zum einen natürlich quatsch und zum anderen steht das da nicht.

Da regen sich die Autoren der von Khorneflakes verlinkten Seite (https://www.maenner.media/gesellschaft/community/Joanne-K-Rowling-transphobie-terf/) auch drüber auf. Das ist einer der Fälle, bei dem Rowlings absichtlich falsch verstanden wird.

Die Autoren der Seite scheinen auch nicht den Unterschied von "wenn" und "falls" zu kennen. Sie benutzen es hier jedenfalls genau verkehrt. Allerdings ist ihr Punkt auch der einzige, bei dem ich ihrer Kritik zustimmen kann. Rowling hat in ihrem Post (https://twitter.com/jk_rowling/status/1269407862234775552) "if" benutzt und das war einfach nur dumm. Falls sie das wirklich so sieht, dann sagt sie, Transpersonen würden nicht diskriminiert. Das ist natürlich völlig falsch. Da darf und sollte man was sagen.

Genau so wurde Rowlings Post die Existenz von Geschlechtern (https://twitter.com/jk_rowling/status/1269389298664701952) einfach nur durch eine Haßbrille gelesen. Rowlings Aussage ist völlig korrekt: "Ohne Geschlechter gibt es keine gleichgeschlechtliche Anziehung." Wo soll das homophob oder transphob sein? Sehe ich einfach nicht. 

Und was hat es mit diesem TERF auf sich? Was ist das für eine dämliche Bezeichnung? Ich sehe Rowling weder als transexklusiv noch als radikal. 

Der Rest der Seite ist ja nur widerkäuen von irgendwelchen Twitterposts und Meinungsmache.

 

Bezüglich ihres neuen Buches bin ich eben über diesen spannenden Artikel auf Jerry Coynes Blog gestolpert: https://whyevolutionistrue.com/2020/09/17/j-k-rowling-again-demonized-on-bogus-grounds/

Wie bitte kann man das Buch als transphob hinstellen? Der Absatz hier fast die ganze Situation schön zusammen:

This still leaves the question about why people are going so hard after Rowling, even in a case where she’s not transphobic by any stretch of the imagination. Well, we know the answer. Arguing that transsexual women aren’t 100% identical to biological women, and in some cases (like sports) should not be treated like them, is seen as a grave sin in the religion of Wokism, punishable by placement in the lowest circle of Hell. And everything you write after that will be damned, even if it has nothing to do with transsexuals.

 

p.s.: Kann man hier irgendwie Twitterpost schick verlinken? Ich habe es mit dem Twitter-Icon im Editor nicht hinbekommen.

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p.s.: Kann man hier irgendwie Twitterpost schick verlinken? Ich habe es mit dem Twitter-Icon im Editor nicht hinbekommen.

Nö, das macht die antike Forensoftware nicht mit. Als erstes hätte ich sonst auch anständiges Zitieren als Wunsch, dynamische Einbettung wäre auch schön, aber Pegasus ist halt eine Spielfirma, das Forum ist eher sowas wie ein Freizeitprojekt(?).

Youtube-Einbettung ist möglich, das war es auch schon. Anhänge kann man auch eher vergessen, Speicherplatz kostet eben auch Geld.

 

Deine Zusammenfassung ist ansonsten ziemlicher selektiver Käse. Weil einige Leute es eher übertreiben mit der "Dämonisierung" von JKR bedeutet es nicht dass die Grundopposition falsch wäre. Die ganze Diskussion ist auch keine Erfindung der "Religion of Wokism" (klingt wie ein Neurechter Kampfbegriff...), die hat JKR durch die gezielte Nutzung ihrer Reichweite schon selbst befeuert.

Relevant ist sie durch die Einbettung in die "Cancel Culture"-Debatte, und damit letztendlich die Debatte zwischen "Free Speech" und "Hatespeech". Die ist auch in Deutschland hochaktuell, mit einem Bundespräsidenten der sich gerade weigert sein Herzangelegenheits-Gesetz zu unterzeichnen weil es offen gegen die Verfassung verstößt.

 

Ob JKR ein schlechter Mensch ist? Denke auch eher nö, sie tut auch sehr viel gutes mit ihrem Vermögen.

Was den TERF-Begriff angeht: Das ist eben ein linker Kampfbegriff. Feminismus nicht nur als Aktivismus für Weiße, wohlhabende Frauen zu sehen. Für besonders radikal halte ich JKR auch nicht, ist eher eine gestrige Haltung, a la Alice Schwarzer.

Als Mann verstehe ich wo sie herkommt, aber kann persönlich mehr mit inklusivem Feminismus anfangen, z.B. "He for She" von Emma Watson. Auch kein Zufall dass sich der Cast der Harry Potter Filme ziemlich deutlich gegen JKR positioniert. Für den echten Harry Potter Super-Stan sicher nicht so einfach.

 

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Guest
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